Zwergnovae gehören zur Klasse der kataklysmischen Doppelsternsysteme. Sie zeichnen sich durch mehrfache Eruptionen aus, bei denen sich die scheinbare Helligkeit des Sterns kurzfristig um etwa 2 bis 8 mag ändert. Der Ausbruchsmechanismus liegt in einer Akkretionsscheibe um einen Weißen Zwerg.[1]
Eine Zwergnova ist ein Doppelsternsystem bestehend aus einem Weißen Zwerg, um den auf einer engen Bahn ein Begleiter, meist ein Roter Zwerg, kreist. Der Rote Zwerg verliert Masse, da er sein Roche-Grenzvolumen überschritten hat. Die Masse fließt über den inneren Lagrange-Punkt in Richtung des Weißen Zwerges. Aufgrund der Drehimpulserhaltung bildet sich um den Weißen Zwerg eine Akkretionsscheibe, die im optischen Spektralbereich die Strahlung der Zwergnova dominiert. Die Materie umkreist den Weißen Zwerg und verliert aufgrund der Viskosität in der Scheibe langsam ihre Bewegungsenergie. Dadurch fällt die Materie nach einiger Zeit auf die Oberfläche des Weißen Zwergs.[2]
Die Ausbrüche der Zwergnovae entstehen durch einen Helligkeitsanstieg in der Akkretionsscheibe. Die Viskosität der Materie in der Scheibe kann zwei Werte annehmen – einen hohen Wert, bei dem die Reibung zunimmt und infolgedessen die Scheibe sowohl mehr Strahlung abgibt als auch mehr Materie auf den Weißen Zwerg fällt. Während der Ruhephase, bei der die Viskosität einen niedrigen Wert annimmt, wird mehr Materie in der Akkretionsscheibe gespeichert als auf den Weißen Zwerg gelangt. Als Ursache für den bistabilen Zustand der Akkretionsscheibe wird die Magnetorotationsinstabilität angenommen.[3]
Bei bedeckungsveränderlichen Zwergnovae kann die Entwicklung der Akkretionsscheibe beobachtet werden. Während eines Ausbruchs wächst der Radius der Scheibe um bis 30 % an. Dies ist eine Folge der höheren Viskosität des Plasmas in der Akkretionsscheibe, die zu einer Temperaturerhöhung und damit zu einer Expansion führt. Dadurch wird dann das Minimum breiter, das bei der Bedeckung der Akkretionsscheibe durch den Begleiter entsteht. In der Ruhephase nimmt die Breite des Minimums kontinuierlich ab, bis ein neuer Ausbruch beginnt. Der helle Fleck, der am Ort des Auftreffens des Materiestroms vom Begleiter auf die Akkretionsscheibe liegt, wird während der Ausbrüche heller. Wahrscheinlich ist dies eine Rückkopplung, wonach die intensiver strahlende Akkretionsscheibe die Vorderseite des Begleiters erwärmt, der daraufhin etwas expandiert und mehr Materie abgibt.[4]
Die Intervalllänge zwischen den Ausbrüchen liegt bei den Zwergnovae zwischen einigen Tagen und einigen Jahren. Die Dauer eines Ausbruchs liegt in etwa zwischen zwei und zwanzig Tagen und ist korreliert mit der Intervalllänge zwischen den Ausbrüchen. Die Zwergnovae unterscheiden sich von den klassischen Novae durch den Ausbruchsmechanismus. Bei klassischen Novae führt eine thermonukleare Reaktion an der Oberfläche des Weißen Zwerges zu einem Helligkeitsanstieg. Allerdings können dieselben kataklysmischen Veränderlichen sowohl Novae- als auch Zwergnovaeausbrüche zeigen wie z. B. GK Persei.
Ob die Masse der Weißen Zwerge in Zwergnovae aufgrund der Akkretion anwächst, ist umstritten, da bei Novaeausbrüchen Materie wieder ausgestoßen wird. Falls die Masse anwächst, könnten die Weißen Zwerge die chandrasekharsche Grenzmasse überschreiten und als Supernova vom Typ Ia explodieren.[5]
Von allen nahen Zwergnovae konnte Röntgenstrahlung nachgewiesen werden. Die Quelle der energiereichen Strahlung scheint die Grenzschicht zwischen der Akkretionsscheibe und dem Weißen Zwerg zu sein. Die Strahlung entsteht dadurch, dass in der Grenzschicht die Materie in der Akkretionsscheibe von der Keplergeschwindigkeit auf die wesentlich langsamere Rotationsgeschwindigkeit des Weißen Zwergs abgebremst werden muss.[6] Die Strahlung ist in den Ruhephasen schwach und steigt während der Ausbrüche um einen Faktor 100 an. Dabei hinkt der Anstieg der Röntgenstrahlung dem der optischen um einige Stunden hinterher. Nach dem Modell der Akkretionsscheibeninstabilität erhöht sich irgendwo in der Scheibe die Viskosität und diese Änderung breitet sich über die Scheibe aus. Wenn die erhöhte Viskosität und damit der erhöhte Durchsatz von Materie die Grenzschicht erreicht, steigt die Röntgenstrahlung zeitverzögert zur optischen Strahlung an.[7] Ein geringer Teil der Röntgenstrahlung kann durch Wärmestrahlung des durch die Akkretion aufgeheizten Weißen Zwergs entstehen.
Unabhängig von der Bahnneigung, unter der die Zwergnova von der Erde aus betrachtet wird, zeigen viele Röntgenspektren Anzeichen für zirkumstellare Absorption. Parallel zu dieser Beobachtung im Bereich der Röntgenstrahlung können im Optischen P-Cygni-Profile auftreten. Dies wird als Anzeichen für einen Scheibenwind analog einem Sternwind interpretiert. Ein Abströmen von Materie aus einer Akkretionsscheibe ist auch bei anderen Objekten wie Röntgendoppelsternen, T-Tauri-Sternen usw. vermutet worden.[8]
Bei einer hohen Akkretionsrate kann es zu einem permanenten Wasserstoffbrennen auf der Oberfläche des Weißen Zwerges kommen. Da nur eine dünne Atmosphäre über der Zone mit den thermonukleare Reaktionen nach dem Bethe-Weizsäcker-Zyklus liegt, tritt extrem weiche Röntgenstrahlung aus. Aufgrund dieser niederenergetischen Röntgenstrahlung werden diese Systeme auch als Super Soft X-ray Source bezeichnet. Es handelt sich dabei um klassische Novae im Ausbruch in einem Zeitraum von wenigstens Jahrzehnten.[9]
Die Klassifizierung der Zwergnovae ist nicht immer ganz eindeutig. So zeigte im Jahre 1985 der Prototyp der normalen Zwergnovae, U Geminorum, ein Supermaximum mit einer Ausbruchsdauer von 39 statt 12 Tagen und dem Auftreten von Superhumps.
Die Superausbrüche der SU-Ursae Maioris-Sterne und TOADs erfordern einen anderen Mechanismus als den von normalen Maxima. Dabei entwickeln sich alle Superausbrüche aus einem fehlgeschlagenen normalen Ausbruch und diese Systeme haben eine Umlaufdauer von weniger als 2 Stunden. Während eines Superausbruchs wird bis zu 80 % der in der Akkretionsscheibe gespeicherten Masse auf den Weißen Zwerg transferiert im Vergleich zu wenigen Prozent bei den U-Gem-Sternen.[11] In der Literatur werden drei Modelle diskutiert:[12]
Zwergnovaoszillationen (engl. dwarf nova oscillation) beschreiben sinusförmige Helligkeitsschwankungen geringer Amplitude von bis 0,02 % mit Zyklendauern von 5 bis 40 Sekunden. Diese Oszillationen sind im Ausbruch bei einigen Zwergnovae und Novaähnlichen nachgewiesen worden. Jeder Stern hat seine eigene charakteristische Frequenz, die allerdings ebenso wie die Amplitude großen Schwankungen während eines Ausbruchs und zwischen verschiedenen Ausbrüchen unterworfen ist. Die Zwergnovaoszillationen sind im optischen und im ultravioletten Bereich sowie im Bereich der weichen Röntgenstrahlung detektiert worden. Aufgrund der hohen Energie der Röntgenstrahlung wird der Ursprung der Zwergnovaoszillationen in der Nähe des Weißen Zwerges vermutet und könnte durch eine Modulation der Akkretion durch ein schwaches Magnetfeld des Weißen Zwerges hervorgerufen sein.[14]
Ein ähnliches Phänomen stellen die quasiperiodischen Oszillationen dar, die parallel zu den Zwergnovaoszillationen bei einigen kataklysmischen Veränderlichen beobachtet wurden. Der Unterschied zwischen den beiden Helligkeitsschwankungen liegt in der Länge der Periode, die bei den quasiperiodischen Oszillationen in der Größenordnung von einigen 100 Sekunden liegt und der geringeren Periodenstabilität bei den quasiperiodischen Oszillationen. Eventuell entsprechen die quasiperiodischen Oszillationen bei den Zwergnovae denen bei Röntgendoppelsternen.
Klassische Novaausbrüche finden ebenso wie Zwergnovaausbrüche in kataklysmischen Veränderlichen statt, in denen ein Weißer Zwerg Materie von einem Begleitstern akkretiert. Während es bei Zwergnovae zu einem Aufleuchten der Akkretionsscheibe kommt, setzt bei Novae explosionsartig Wasserstoffbrennen auf der Oberfläche des Weißen Zwergs ein. Dabei wird ein Teil des akkretierten Materials abgeworfen und bildet einen Novaüberrest. Untersuchungen historischer Lichtkurven von Novae vor und nach ihren Eruptionen haben aber nie Zwergnovaausbrüche gezeigt, obwohl beide Eruptionen auf denselben Doppelsternen stattfinden sollten. Stattdessen zeigen sie stets einen novaähnlichen Lichtwechsel.
Dieser scheinbare Widerspruch wird durch das Winterschlafszenario erklärt. Während der Jahrtausende vor einem Novaausbruch ist die Rate des Massentransfers auf den Weißen Zwerg so hoch, dass die Akkretionsscheibe sich permanent in ihrem hohen Status befindet und als novaähnlicher Veränderlicher einer Zwergnova im ständigen Ausbruch gleicht. Zündet der akkumulierte Wasserstoff auf dem Weißen Zwerg, so heizt dies den Begleitstern auf und die Massentransferrate bleibt auch nach dem Ausbruch hoch genug, um das Doppelsternsystem als einen novaähnlichen Veränderlichen erscheinen zu lassen. Erst einige Jahrhunderte nach dem Novaausbruch sinkt die Massentransferrate so stark, dass die Akkretionsscheibe wenigstens zeitweise in einen Ruhezustand zurückfallen kann. Dies entspricht der Z-Cam-Untergruppe der Zwergnovae, und diese Sternklasse sollte der beste Kandidat für eine Suche nach Novaüberresten um Zwergnovae sein. In der Tat sind bisher nur um zwei Z-Cam-Sterne, Z Cam und AT Cnc, schwache Novaüberreste gefunden worden, deren Expansionsgeschwindigkeiten auf einen Ausbruch vor mehr als 1000 Jahren schließen lassen.[15]
Das Modell der Akkretionsscheibeninstabilität wird nicht nur für die Beschreibung der Ausbrüche von Zwergnovae verwendet. Bei den Röntgennovae oder Soft X-ray transits fällt durch eine Akkretionsscheibe Materie auf einen kompakten Stern, der wahrscheinlich ein Schwarzes Loch ist. Da der kompakte Begleiter einen kleineren Radius und ein größeres gravitatives Potential besitzt als ein Weißer Zwerg, kann die Materie auf engeren Bahnen um das Schwarze Loch kreisen und dabei höhere Temperaturen erreichen. Deshalb wird bei den Soft X-ray transits der überwiegende Teil der Strahlung im Röntgenbereich beobachtet.[7] Die Röntgennovae erhalten wie die Zwergnovae die Materie von einem Begleiter in einem Doppelsternsystem, der seine Roche-Grenze überschritten hat.
Die AM-Canum-Venaticorum-Sterne entsprechen in vielen Eigenschaften den Zwergnovae. Nur die Umlaufdauer der ausbrechenden Doppelsternsysteme ist kürzer, da der Begleiter des Weißen Zwerges ein teilweise entarteter Heliumstern ist, und liegt zwischen 20 und 40 Minuten. Die zwergnovaeartigen Ausbrüche treten in einer Akkretionsscheibe um den Weißen Zwerg auf, die überwiegend aus Helium besteht. Daneben sind Superhumps auch bei kurzperiodischen AM-CVn-System mit Umlaufdauern zwischen 5 und 20 Minuten beobachtet worden.[16]
Bei den FU-Orionis-Sternen wird die Akkretionsscheibe dagegen von einer protostellaren Wolke gespeist. Auch bei diesen jungen Einzelsternen kann es zu einer Überladung der Scheibe kommen, die bei einem erhöhten Massentransfer aufleuchtet. Da die protostellaren Akkretionsscheiben einen größeren Durchmesser haben als die Scheiben um einen Weißen Zwerg in einem kataklysmischen Doppelsternsystem, dauern die Ausbrüche auch bis zu mehreren Jahrzehnten lang an.[17]