Wallonische Region Waals Gewest (niederländisch ) Région wallonne (französisch ) | ||
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Gliedstaat des Königreichs Belgien | ||
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Institution (Art des Gliedstaates): | Region | |
Amtssprache: | Französisch, Deutsch | |
Verwaltungssitz: | Namur | |
Fläche: | 16.844 km² | |
Einwohner: | 3.602.216 (1. Januar 2016 [1]) | |
Bevölkerungsdichte: | 214 Einwohner pro km² | |
Feiertag: | dritter Sonntag im September | |
Hymne: | Le Chant des Wallons („Das Lied der Wallonen“) | |
Ministerpräsident: | Paul Magnette (PS) | |
ISO-Code: | BE-WAL | |
Website: | www.wallonie.be | |
Lage in Belgien | ||
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Die Wallonische Region (oft nur die Wallonie, zuweilen auch Wallonien genannt, französisch Région wallonne , niederländisch Waals Gewest ) ist eine der drei Regionen des Königreichs Belgien und somit ein Gliedstaat des belgischen Bundesstaates. Die Bevölkerung ist überwiegend muttersprachlich Französisch, im äußersten Osten Deutsch. Die Hauptstadt ist Namur, größte Stadt ist Charleroi, das eigentliche kulturelle und wirtschaftliche Zentrum ist Lüttich (Liège). Weitere wichtige Städte sind Mons, Tournai, Arlon, Bastogne, Wavre, Verviers, Dinant und die ehemals preußischen Städte Eupen und Malmedy im heutigen Ostbelgien. Geographisch umfasst die Wallonie die südliche Hälfte Belgiens.
Die Wallonische Region hat eine Fläche, die etwa mit den Bundesländern Thüringen und Schleswig-Holstein vergleichbar ist. In den Provinzen Lüttich und Luxemburg befinden sich ausgedehnte mittelgebirgige Regionen und mit dem Hohen Venn eine für seine Moore bekannte Hochebene. Im Süden liegen die Ardennen. Der Siedlungsschwerpunkt im Bereich der früheren industriellen Zentren des sogenannten wallonischen Rückgrats befindet sich in den Provinzen Hennegau, Namur und Lüttich. Er erstreckt sich zwischen den Städten Charleroi, Namur und Lüttich entlang der Sambre und der Maas. Die Maas bildet das dominierende Gewässer. Sie durchquert von Frankreich kommend in südwestlich-nordöstlicher Richtung die Region. Weitere Flüsse sind die Ourthe und die Weser. Im Westen befindet sich die eher flache Provinz Hennegau, während das nördliche Zentrum die von der Nähe zu Brüssel geprägte Provinz Wallonisch-Brabant bildet. Im äußersten Westen befindet sich mit Comines-Warneton eine von Flandern und Frankreich umschlossene Exklave.
Die Wallonie grenzt im Südwesten an Frankreich, im Südosten an das Großherzogtum Luxemburg, im Osten an Deutschland, im äußersten Nordosten auf zwei kurzen Abschnitten an die Niederlande und im Norden an Flandern. Zwischen der Wallonie und den Niederlanden befindet sich die flämische Exklave Voeren (Fourons). Mit der Region Brüssel-Hauptstadt besteht zwar keine gemeinsame Grenze, sie befindet sich aber nur wenige Kilometer von der Nordgrenze der Provinz Wallonisch-Brabant entfernt.
Formell wurde die Wallonische Region erst 1980 bei der Zweiten belgischen Staatsreform geschaffen. Ihre Ursprünge sind aber weitaus älter.[2]
Als Belgien 1830 gegründet wurde, beschlossen die Brüsseler Eliten, die die Belgische Revolution ausgelöst hatten, dass Belgien ein französischsprachiger Einheitsstaat werden sollte und die Flamen daher französisch assimiliert werden sollten. Bereits früh nach der belgischen Unabhängigkeit widersetzten sich die niederländischsprachigen Flamen diesem Vorhaben und gründeten in der nördlichen Hälfte des Landes die so genannte „Flämische Bewegung“, die einen verstärkten Gebrauch des Niederländischen in Flandern durchsetzen wollte. Im südlichen Teil gab es vorerst keine entsprechenden Forderungen für den Schutz der wallonischen Sprache, die von manchen als französischer Dialekt betrachtet und von anderen als eigenständige romanische Sprache eingestuft wurde.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Belgien mit seiner wallonischen Montanregion zum nach England am stärksten industrialisierten Land Europas. Ende des Jahrhunderts gab es erste Anzeichen auch für eine „Wallonische Bewegung“ als Reaktion auf das „Gleichheitsgesetz“ vom 18. April 1898, das beide Sprachen offiziell zu Amtssprachen erklärte (siehe auch: Sprachgesetzgebung in Belgien).[3][4] Erst nach einem ersten wallonischen Kongress im Jahre 1890 vereinten sich die verschiedenen wallonischen Versammlungen und riefen unter dem Vorsitz von Jules Destrée den zweiten wallonischen Kongress im Jahre 1912 aus. Im selben Jahr wies Destrée in einem Brief an den belgischen König Albert I. auf den entstandenen flämisch-wallonischen Konflikt hin.[5]
„Il n’y a pas de Belges, mais des Wallons et des Flamands.“
„Es gibt keine Belgier, sondern Wallonen und Flamen.“
Der größte geschichtliche Einschnitt der jüngeren wallonischen Geschichte erfolgte durch den Ersten Weltkrieg. Die Wallonie war als erstes von den Kriegsereignissen im Bereich der Westfront betroffen, da sie direkt an Deutschland grenzt. Nach einem Ultimatum vom 2. August 1914, in dem das Deutsche Reich Durchmarschrechte durch Belgien in Richtung Frankreich forderte und dieses Ansinnen von Belgien zurückgewiesen wurde, überschritten Deutsche Truppen am 4. August 1914 bei Gemmenich in der Nähe von Aachen die Grenze. In der Folge kam es unter für die deutschen Truppen unerwartet heftiger belgischer Gegenwehr zur Einnahme der stark befestigten Stadt Lüttich. Im weiteren Verlauf der Kämpfe verübten deutsche Truppen in Belgien auf der Suche nach vermeintlichen Freischärlern, die in diesem Zusammenhang als Franc-tireurs bezeichnet wurden, wiederholt Kriegsverbrechen wie das Massaker von Dinant am 23. August 1914. In der englischsprachigen Presse entstand hierfür der Begriff Rape of Belgium (Vergewaltigung Belgiens). Mehrere Städte in ganz Belgien, auch in der Wallonie, erlitten schwere Zerstörungen. In den Kriegsjahren bezog die deutsche Oberste Heeresleitung ein Hauptquartier im wallonischen Kurort Spa. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das belgische Staatsgebiet um die sogenannten Ostkantone erweitert, in denen sich heute im Wesentlichen die Deutschsprachige Gemeinschaft befindet.
Insbesondere während des Ersten Weltkrieges führten die flämisch-wallonischen Sprach- und Kulturunterschiede zu großen Problemen. So wird bis heute häufig argumentiert, dass flämische Soldaten die französische Sprache des vorgesetzten wallonischen Offiziers nicht verstanden hätten. Nach dem großen Krieg wurden die Rufe nach einer Föderalisierung Belgiens von flämischer Seite lauter. Aber auch in der Wallonischen Region gab es mancherseits, besonders nach Einsetzen der Kohlekrise, ein Bestreben nach mehr Eigenverantwortung. Der Zweite Weltkrieg und die darauffolgende „Königsfrage“ vertiefte den emotionellen Graben zwischen Wallonen und Flamen. Weitere Wallonische Kongresse folgten ab 1945.
Um Belgien stärker zu befrieden, wurde schließlich in den Jahren 1962–1963 eine so genannte Sprachgrenze zwischen Flandern (dem niederländischsprachigen Norden) und Wallonien (dem französischsprachigen Süden) festgelegt. Für Brüssel wurde eine zweisprachige Lösung gefunden. Im Osten erhielt die deutsche Minderheit, deren Gebiet nach dem Ersten Weltkrieg dem belgischen Staat angeschlossen worden war, erste Anerkennung.[6] Während in der Region Brüssel-Hauptstadt die Partei „Front démocratique des francophones“ (FDF) für die politischen Belange der französischsprachigen Brüsseler Bürger eintrat, entstand in der Wallonie die Partei „Rassemblement Wallon“ (RW). Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie François Perin, Jean Gol oder später Paul-Henry Gendebien gehörten der Partei bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1985 an.
Die Kulturgemeinschaften (flämische, wallonische und deutsche), Vorgängerinnen der heutigen Sprachgemeinschaften und Regionen, wurden 1970 bei der Ersten belgischen Staatsreform in die Verfassung aufgenommen.[7] Während jedoch die Kulturgemeinschaften sofort arbeitsfähig waren, bekamen die Regionen nur eine provisorische Anerkennung. Man beschloss, vorerst eine vorbereitende Regionalisierung durchzuführen, mit Regionalräten, die aus Senatoren bestanden und nur eine beratende Funktion besaßen. Ende der 1970er Jahre wurde das sogenannte „Egmont-Stuyvenberg-Abkommen“ unterzeichnet, das die Schaffung von Regionen vorsah. Doch das Problem um die Brüsseler Region löste eine politische Krise aus, die mit dem Rücktritt des Premierministers Leo Tindemans im Jahre 1978 ihren Höhepunkt erreichte.[8]
Schließlich gab man von frankophoner Seite nach und einigte sich darauf, das Brüsseler Problem vorerst unangetastet zu lassen. Bei der zweiten Staatsreform 1980 wurde die Verfassung abgeändert und die Regionen bekamen eigene Institutionen und Zuständigkeiten. Die Wallonische Region erhielt ihr erstes Parlament (damals noch „Rat“) und unter Jean-Maurice Dehousse ihre erste Regierung (damals noch „Exekutive“).[9][10] Bedingt durch ihre Demographie ist seit der Schaffung der Wallonischen Region die Sozialistische Partei (PS), die sich auf eine starke Arbeiter- und Gewerkschafterbasis berufen kann, in der Regierung der Wallonischen Region vertreten. Die Zuständigkeiten der Regionen beschränkten sich, grob gesehen, auf alles, was den Boden betrifft (Raumordnung, Städtebau, Umwelt, Wohnungswesen, aber auch Wirtschaft etc.). Eine Fusion der regionalen Institutionen mit denen der Französischen Gemeinschaft, so wie dies in Flandern der Fall war, wurde abgelehnt. Bei der Schaffung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Jahr 1983 sah man die Möglichkeit vor, dass die Gemeinschaft Zuständigkeiten von der Wallonischen Region übernehmen könnte.
Die 1980er Jahre waren vor allem durch den Kampf der Wallonen in der Gemeinde Voeren (frz. Fourons) geprägt, die sich unter dem Sozialisten José Happart für einen Anschluss der Gemeinde an die Wallonische Region einsetzten. Eine erneute Regierungskrise und der Rücktritt des Premierministers Wilfried Martens waren die Folge (siehe auch: Sprachgesetzgebung in Belgien). Darauf folgte die dritte Staatsreform von 1988, bei der einerseits das Problem Voeren und andererseits das Problem Brüssel durch die Schaffung der Region Brüssel-Hauptstadt vorerst behoben wurden. Bei dieser Staatsreform erhielten die Regionen weitere Zuständigkeiten vom Föderalstaat (öffentliches Verkehrswesen, öffentliche Arbeiten und Regionalisierung gewisser Wirtschaftszweige).[11] Innerhalb der Wallonischen Region ist vor allem die Ermordung des mächtigen Präsidenten der Parti Socialiste und Vorkämpfer der Wallonischen Bewegung, André Cools, am 18. Juli 1991 zu erwähnen. Bis heute gibt es Spekulationen über die Gründe der Ermordung (politischer Mord, Mafia, Machtkämpfe, etc.).[12]
Es war die Vierte Staatsreform (1994), die Belgien definitiv in einen Bundesstaat (oder Föderalstaat) verwandelte. Die Regionen erhielten wiederum neue Zuständigkeiten (Außenbeziehungen innerhalb ihrer Kompetenzen etc.).[13] Nach der Teilung der ehemaligen Provinz Brabant erhielt die Wallonische Region mit der Provinz Wallonisch-Brabant eine fünfte Provinz. Im Anschluss an diese Staatsreform wurde der Wallonischen Region auch erlaubt, gewisse Zuständigkeiten von der Französischen Gemeinschaft (Tourismus, Schülertransport etc.), die sich in großen finanziellen Schwierigkeiten befand, zu übernehmen. In Brüssel wurden diese Kompetenzen dann von der COCOF ausgeübt.
Die Fünfte Staatsreform von 2001 erweiterte den Zuständigkeitsbereich der Regionen erneut (gewisse Steuerhoheit, Landwirtschaft, Außenhandel, lokale Behörden etc.).[14] Besonders seit dieser Staatsreform ist die politische Aktualität in der Wallonischen Region weniger durch äußere Faktoren, als durch innere Angelegenheiten beeinflusst worden. Ein politischer Skandal entstand im Jahr 2005, nachdem sich herausgestellt hatte, dass verschiedene Lokalpolitiker der Sozialistischen Partei (PS) in Charleroi öffentliche Gelder veruntreut hatten („Carolorégienne-Affäre“).[15] Dies hatte zur Folge, dass der amtierende wallonische Ministerpräsident Jean-Claude Van Cauwenberghe zurücktreten musste.[16] Auch andere Persönlichkeiten der PS, wie der Bürgermeister von Charleroi Jacques Van Gompel, der ehemalige wallonische Ministerpräsident und Bürgermeister von Namur Bernard Anselme oder die Bürgermeisterin von Huy Anne-Marie Lizin, wurden daraufhin verdächtigt, in ihren Gemeinden organisierten Klientelismus zu betreiben.
Wie die anderen Gemeinschaften und Regionen des Landes besitzt die Wallonische Region ein Parlament (Legislative) und eine Regierung (Exekutive). Sie üben die Zuständigkeiten der Regionen auf dem französischen und deutschen Sprachgebiet aus. Des Weiteren ist die Wallonische Region in fünf Provinzen unterteilt.
Das Wallonische Parlament (oder Parlament der Wallonischen Region), früher „Rat der Wallonischen Region“, zählt 75 Abgeordnete, die in den dreizehn Wahlbezirken der Wallonischen Region für fünf Jahre gewählt werden. Die Abgeordneten, die im französischen Sprachgebiet gewählt wurden, sind gleichzeitig Mitglieder des Parlamentes der Französischen Gemeinschaft. Die Abgeordneten des deutschen Sprachgebietes (derzeit zwei) sind ebenfalls beratende Mandatare im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Das Wallonische Parlament stimmt über sogenannte Dekrete ab, die im belgischen Föderalstaat auf dem Gebiet der Wallonischen Region Gesetzeskraft haben. Da das Wallonische Parlament über die sogenannte „konstitutive Autonomie“ verfügt, kann es mittels einer Zweidrittelmehrheit auch über Sonderdekrete abstimmen, mit denen es teilweise seine eigene Funktionsweise abändern kann (Art. 118, § 2 der Verfassung) (siehe auch: Gesetzgebungsverfahren (Belgien)). Solche Sonderdekrete sind auch notwendig, wenn das Parlament Zuständigkeiten von der Französischen Gemeinschaft übernehmen will (Art. 138 der Verfassung) oder wenn es die Ausübung gewisser Zuständigkeiten an die Deutschsprachige Gemeinschaft abtreten will (Art. 139 der Verfassung).
Das Parlament hat seinen Sitz in Namur. Eine Besonderheit des Plenarsaales ist, dass sich Mehrheit und Opposition, ähnlich wie im britischen Parlament, gegenübersitzen.
Partei | Sitze | |
• | Parti Socialiste (PS) | 30 |
Mouvement Réformateur (MR) | 25 | |
• | Centre Démocrate Humaniste (cdH) | 13 |
Ecolo | 4 | |
PTB-GO! | 2 | |
Parti Populaire | 1 | |
Total | 75 | |
Regierungsparteien sind mit einem Punkt (•) gekennzeichnet |
Die Regierung der Wallonischen Region (oder Wallonische Regierung), früher „Exekutive der Wallonischen Region“, ist das ausführende Organ in der Wallonischen Region. Sie führt die Dekrete des Parlamentes durch Regierungserlasse aus. Dabei wird sie von der Verwaltung, dem Öffentlichen Dienst der Wallonie (frz. Service public de Wallonie, SPW), unterstützt.
Die Regierung zählt seit den Regionalwahlen von 2009 neben dem Ministerpräsidenten sieben weitere Minister. Von 2008 bis 2014 war Rudy Demotte (PS) gleichzeitig Ministerpräsident Walloniens und der Französischen Gemeinschaft.
Name | Beginn der Amtszeit | Ende der Amtszeit | Partei |
---|---|---|---|
Jean-Maurice Dehousse (I) | 22. Dezember 1981 | 26. Januar 1982 | PS |
André Damseaux | 26. Januar 1982 | 25. Oktober 1982 | PRL |
Jean-Maurice Dehousse (II) | 25. Oktober 1982 | 11. Dezember 1985 | PS |
Melchior Wathelet | 11. Dezember 1985 | 3. Februar 1988 | PSC |
Guy Coëme | 3. Februar 1988 | 9. Mai 1988 | PS |
Bernard Anselme | 11. Mai 1988 | 7. Januar 1992 | PS |
Guy Spitaels | 7. Januar 1992 | 25. Januar 1994 | PS |
Robert Collignon | 25. Januar 1994 | 15. Juli 1999 | PS |
Elio Di Rupo (I) | 15. Juli 1999 | 4. April 2000 | PS |
Jean-Claude Van Cauwenberghe | 4. April 2000 | 30. September 2005 | PS |
André Antoine (kommissarisch) | 30. September 2005 | 6. Oktober 2005 | CDH |
Elio Di Rupo (II) | 6. Oktober 2005 | 20. Juli 2007 | PS |
Rudy Demotte (I + II) | 20. Juli 2007 | 23. Juli 2014 | PS |
Paul Magnette | 23. Juli 2014 | amtierend | PS |
Die Zuständigkeiten der Wallonischen Region (und der Regionen im Allgemeinen) sind in Artikel 6, 6bis und 7 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen festgehalten:
Dazu hat die Wallonische Region seit 1993 in Ausführung von Artikel 138 der Verfassung eine Anzahl von Zuständigkeiten von der Französischen Gemeinschaft übernommen:
Dagegen übt die Wallonische Region gewisse Zuständigkeiten nicht mehr auf dem deutschen Sprachgebiet aus. Diese wurden in Ausführung von Artikel 139 der Verfassung an die Deutschsprachige Gemeinschaft übertragen. Für die Angelegenheiten des Denkmal- und Landschaftsschutzes (1994), der archäologischen Ausgrabungen und der Beschäftigungspolitik (2000) sowie der Gemeindeaufsicht und -finanzierung (2005) war dies bis heute der Fall.
Die Wallonische Region ist in fünf Provinzen gegliedert (Art. 3 der belgischen Verfassung). Diese Provinzen stellen die Zwischenebene zwischen der Wallonischen Region und den 262 wallonischen Gemeinden dar. Die Provinzen kümmern sich laut der Verfassung um alles, was von „provinzialem Interesse“ ist (Art. 162). Sie unterstehen dabei der Verwaltungsaufsicht der Wallonischen Region. Auch kann die Region die reine Ausübung gewisser regionaler Zuständigkeiten an die Provinzen abgeben. Die Provinzgouverneure sind die Kommissare der Wallonischen Regierung vor Ort.
Provinz | Hauptstadt | Einwohner | |
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1. | Provinz Wallonisch-Brabant (Brabant Wallon) | Wavre | 396.840 |
2. | Provinz Hennegau (Hainaut) | Mons | 1.337.157 |
3. | Provinz Lüttich (Liège) | Lüttich (Liège) | 1.098.688 |
4. | Provinz Luxemburg (Luxembourg) | Arlon | 280.327 |
5. | Provinz Namur (Namur) | Namur | 489.204 |
Bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde die Wirtschaft der Wallonie von Eisenerz- und umfangreichen Kohlevorkommen nahe Mons, Charleroi und Lüttich geprägt. Der Abbau oberflächennaher Flöze lässt sich bereits für die Zeit des Römischen Reichs und für das Hochmittelalter belegen.[18]
1720 nahm die erste Dampfmaschine auf dem europäischen Festland, ein Modell von Thomas Newcomen, in einer Kohlemine bei Lüttich ihren Betrieb auf.[19] Die Wallonie war im 19. Jahrhundert die erste Region Kontinentaleuropas, die von einer massiven Industrialisierung erfasst wurde. Kohle- und Stahlindustrie, aber auch Glasindustrie konzentrierten sich dabei entlang des in West-Ost-Richtung verlaufenden Henne-Sambre-Maas-Weser-Tals.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Niedergang der Kohle- und Stahlindustrie verlor die Wallonie ihre Funktion als wirtschaftliche Antriebskraft Belgiens an die nördliche Nachbarregion Flandern. Auf dem Gebiet des früheren Industriegürtels leben heute etwa zwei Drittel der wallonischen Bevölkerung.
Im Vergleich mit dem Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreicht die Wallonie im Jahr 2003 einen Index von 85,0 (EU-25: 100), deutlich niedriger als der belgische Durchschnitt von 118,1.[20]
Durch wallonisches Gebiet führen die Hochgeschwindigkeitsstrecken HSL 1, teilweise die HSL 2 und die HSL 3, die unter anderem vom Thalys, dem TGV und dem Eurostar befahren werden, sowie die Bahnstrecken Brüssel-Namur, die Athus-Maas-Linie, Namur-Luxemburg, die Wesertalstrecke, die Bahnstrecke Brüssel–Charleroi, das sogenannte wallonische Rückgrat und die Bahnstrecke Verviers–Spa. Hinzu kommen weitere Nebenstrecken. Das Netz stellt eine wichtige Verbindung zwischen Frankreich, Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden her. Wichtige Bahnhöfe sind Liège-Guillemins, Namur, Verviers Central und Charleroi Sud.
Flughäfen befinden sich unter anderem in Lüttich, Charleroi und Namur.
Der TEC betreibt den öffentlichen Nahverkehr in der Wallonischen Region.
Binnenhäfen befinden sich in Namur, Lüttich, Charleroi und La Louvière. Wichtige Wasserstraßen sind die Maas, die Sambre, der Albertkanal, der Kanal Charleroi-Brüssel, der Canal du Centre und der Canal de Pommerœul à Condé. Von hier aus bestehen Verbindungen nach Frankreich, Flandern und die Niederlande.
Die Wallonische Region gehört insgesamt zu den dichter besiedelten Regionen Europas, wobei es hier Unterschiede in der Bevölkerungsdichte gibt. So steht das dicht besiedelte Maasgebiet eher dünn besiedelten Regionen der Ardennen und des Hohen Venns gegenüber. Insbesondere die Industrialisierung und der Bergbau sorgten für eine Zuwanderung sowohl aus anderen Regionen Belgiens als auch aus anderen Ländern, beispielsweise aus Italien und Portugal. Später kamen weitere Zuwanderergruppen aus Vorderasien, aus Nordafrika und aus dem zentralen Afrika hinzu. In den Bereich nahe der deutschen Grenze sind in der jüngeren Vergangenheit viele Deutsche gezogen, die nach Aachen pendeln.
Amtssprache und dominierende Sprache in der Wallonischen Region ist Französisch. Amtssprache im äußersten Osten, im Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft, die der Wallonischen Region politisch angeschlossen ist, ist Deutsch. Aufgrund der Größe der Bevölkerungsgruppen dominiert in Parlament und Regierung der Wallonischen Region zwar das Französische, alle Regionalgesetze müssen aber auch in einer deutschsprachigen Version veröffentlicht werden und Schreiben an deutschsprachige Bürger müssen auf Deutsch verfasst sein.
Wichtigste Mundart in der Wallonie ist das mit dem Französischen verwandte Wallonisch, das einige Linguisten als eigenständige Sprache betrachten. Im westlichen Teil der Wallonie werden die mit dem Französischen verwandten picardischen Mundarten gesprochen. Ihre Sprecher betrachten sie als eigenständige Sprache. Als Regionalsprache genießt sie eine begrenzte (offizielle) Anerkennung. An den südlichen Rändern der Wallonie pflegt man noch das Lothringische und Luxemburgische.
Neben Französisch und Deutsch wird in der Wallonie und ihren Randgebieten von einer Minderheit Niederländisch gesprochen. In den Gemeinden Comines-Warneton (Komen-Waasten), Enghien (Edingen), Flobecq (Vloesberg) und Mouscron (Moeskroen) gibt es gewisse sprachliche Erleichterungen für die niederländischsprachigen Einwohner (s. Fazilitäten-Gemeinde). Die Gemeinden Baelen (Balen), Plombières (Bleyberg/Bleiberg) und Welkenraedt (Welkenrath/Welkenraat) haben für ihre niederländischsprachigen Einwohner 1966 diese Möglichkeit gleichfalls bekommen, jedoch bis heute davon in der Verwaltung keinen Gebrauch gemacht.
Um kulturelle Belange kümmern sich in staatlicher Hinsicht die Französische und die Deutschsprachige Gemeinschaft. Kulturelles Zentrum der Wallonischen Region ist die Stadt Lüttich. Hier befinden sich verschiedene Kunstmuseen wie beispielsweise das Kunstmuseum Grand Curtius, das Archéforum und die Schatzkammer der Kathedrale. Lüttich ist Geburtsort des Schriftstellers Georges Simenon. Die Stadt Mons ist 2015 eine der Kulturhauptstädte Europas, neben dem tschechischen Pilsen. Die Stadt Dinant südlich von Namur ist der Geburtsort von Adolphe Sax, dem Erfinder des Saxophons. Die Wallonische Region ist bekannt für ihre Koch- und Speisekultur.
In der Wallonie befinden sich verschiedene Hochschulen und Universitäten. Hierzu zählen die Universität Lüttich mit der Gembloux Agro-Bio Tech in Lüttich, die Université catholique de Louvain in Ottignies-Louvain-la-Neuve, die UCL Mons und die Universität Mons in Mons und die Universität von Namur in der wallonischen Hauptstadt Namur.
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