Eine Ursprungsgerade ist in der Mathematik eine Gerade, die durch den Koordinatenursprung eines gegebenen kartesischen Koordinatensystems verläuft. Daher werden Ursprungsgeraden durch besonders einfache Geradengleichungen beschrieben. Die Ortsvektoren der Punkte einer Ursprungsgerade bilden einen eindimensionalen Untervektorraum des euklidischen Raums.
Eine Ursprungsgerade in der euklidischen Ebene ist eine Gerade, die durch den Ursprung [math](0,0)[/math] des Koordinatensystems verläuft. In der Koordinatenform besteht eine Ursprungsgerade damit aus denjenigen Punkten der Ebene, deren Koordinaten [math](x,y)[/math] die Geradengleichung
erfüllen, wobei [math]a[/math] und [math]b[/math] Parameter sind, die nicht beide gleich null sein dürfen. Durch Auflösen dieser Gleichung nach [math]y[/math] erhält man, sofern [math]b \neq 0[/math] ist, die einfachere Form
mit der Steigung [math]m = -\tfrac{a}{b}[/math]. In dieser Form kann eine Ursprungsgerade allerdings nicht senkrecht zur x-Achse verlaufen.
Wichtige Beispiele für Ursprungsgeraden sind die beiden Koordinatenachsen mit den Geradengleichungen
Weitere wichtige Beispiele für Ursprungsgeraden sind die Winkelhalbierenden des I. und III. sowie des II. und IV. Quadranten mit den Geradengleichungen
Ursprungsgeraden können auch durch Vektorgleichungen beschrieben werden. In Parameterform besteht eine Ursprungsgerade dann aus denjenigen Punkten der Ebene, deren Ortsvektoren [math]\vec x[/math] die Gleichung
für [math]s \in \R[/math] erfüllen. Die Ortsvektoren der Punkte einer Ursprungsgerade sind also skalare Vielfache des Richtungsvektors [math]\vec u[/math]. Alternativ kann eine Ursprungsgerade auch in Normalenform über die Normalengleichung
angegeben werden. Hierbei stellt [math]\vec n[/math] einen Normalenvektor der Gerade und [math]\vec n \cdot \vec x[/math] das Skalarprodukt der beiden Vektoren [math]\vec n[/math] und [math]\vec x[/math] dar. Eine Ursprungsgerade besteht dann aus denjenigen Punkten der Ebene, deren Ortsvektoren senkrecht auf dem gegebenen Normalenvektor stehen.
Zu jeder Ursprungsgerade existiert eine dazu senkrechte Gerade, die ebenfalls durch den Koordinatenursprung verläuft. Diese Lotgerade hat dann die Koordinatendarstellung
beziehungsweise, sofern die Steigung der Ausgangsgerade [math]m \neq 0[/math] ist,
Ein Normalenvektor der Ausgangsgerade ist ein Richtungsvektor der Lotgerade und ein Richtungsvektor der Ausgangsgerade ein Normalenvektor der Lotgerade.
Durch Vektorgleichungen können auch Ursprungsgeraden in höherdimensionalen euklidischen Räumen beschrieben werden. In Parameterform besteht eine Ursprungsgerade mit Richtungsvektor [math]\vec u \in \R^n[/math] dann aus denjenigen Punkten im Raum, deren Ortsvektoren [math]\vec x \in \R^n[/math] die Gleichung
für [math]s \in \R[/math] erfüllen. Eine Ursprungsgerade besteht damit wie im zweidimensionalen Fall aus allen Punkten im Raum, deren Ortsvektoren ein skalares Vielfaches des Richtungsvektors der Gerade sind. Durch eine Normalengleichung wird allerdings in drei- und höherdimensionalen Räumen keine Gerade mehr, sondern eine Hyperebene beschrieben.
Im dreidimensionalen Raum können die drei Koordinatenachsen durch die Geradengleichungen
für [math]s \in \R[/math] angegeben werden. Hierbei sind [math]\vec e_1 = (1, 0, 0)[/math], [math]\vec e_2 = (0, 1, 0)[/math] und [math]\vec e_3 = (0, 0, 1)[/math] die drei Standard-Einheitsvektoren.
Der Abstand eines Punkts mit Ortsvektor [math]\vec v[/math] von einer Ursprungsgerade mit Richtungsvektor [math]\vec u[/math] beträgt [math]| \vec v - \vec p |[/math], wobei
der Ortsvektor des Lotfußpunkts, das heißt die Orthogonalprojektion des Vektors [math]\vec v[/math] auf die Gerade, ist.
Die Vektoren in einem euklidischen Raum bilden einen Vektorraum, den sogenannten Koordinatenraum. Die Menge der Ortsvektoren der Punkte einer Ursprungsgerade bildet dabei einen Untervektorraum des euklidischen Raums
Dieser Untervektorraum ist gerade die lineare Hülle des Richtungsvektors [math]\vec u[/math] der Gerade. Die Ursprungsgeraden sind dabei die einzigen eindimensionalen Untervektorräume des euklidischen Raums.
Die zweidimensionalen Untervektorräume des dreidimensionalen euklidischen Raums sind gerade die Ursprungsebenen. Der Schnitt zweier verschiedener Ursprungsebenen ergibt stets eine Ursprungsgerade, wobei der Richtungsvektor dieser Schnittgerade durch das Kreuzprodukt
der Normalenvektoren [math]\vec n_1[/math] und [math]\vec n_2[/math] der beiden Ursprungsebenen gegeben ist. Allgemein sind die [math](n-1)[/math]-dimensionalen Untervektorräume im [math]n[/math]-dimensionalen euklidischen Raum Ursrprungs-Hyperebenen und der Schnitt von [math]n-1[/math] solchen Hyperebenen mit linear unabhängigen Normalenvektoren [math]\vec n_1, \ldots , \vec n_{n-1}[/math] ergibt stets eine Ursprungsgerade, deren Richtungsvektor durch das verallgemeinerte Kreuzprodukt
gegeben ist.