Die Ultra-Bewegung bezeichnet ursprünglich eine besondere Organisationsform für fanatische Anhänger einer Fußballmannschaft. Mittlerweile gibt es aber auch in anderen Sportarten Ultra-Gruppen. In der Regel fühlen sie sich als Kern der jeweiligen Fanschar. Die meisten Ultra-Gruppen haben Vertreter, die im Namen der Gruppe mit dem unterstützten Verein kommunizieren, zum Beispiel um Lagerräume für Fahnen oder Eintrittskarten für Auswärtsspiele zu organisieren.
Bei den Ultras handelt es sich um eine heterogene Bewegung. Es gibt große nationale Unterschiede und auch zwischen den jeweiligen Szenen unterscheiden sie sich teils hinsichtlich der Altersstruktur, der Art des Supports, der politischen Überzeugungen und der Akzeptanz von Gewalt.[1][2][3] Für internationales Aufsehen sorgte die Beteiligung von Ultras am Arabischen Frühling und bei den Protesten in der Türkei 2013.[1][4]
Die Ultra-Bewegung hat ihre Wurzeln im Italien der frühen 1950er und 1960er, als sich erstmals „Fußballverrückte“ in Gruppen zusammenschlossen, um ihre jeweiligen Lieblingsmannschaften gemeinsam organisiert zu unterstützen. Der Name der Bewegung geht angeblich auf eine italienische Zeitung zurück, die Anhänger des AC Torino als „Ultra“ bezeichnete, als diese nach einer 2:3-Niederlage einen Schiedsrichter bis zum Flughafen verfolgten. Ultra ist ein lateinisches Wort und bedeutet auf Deutsch darüber hinaus.
Wo und wann genau die erste Ultra-Gruppierung in Erscheinung getreten ist, lässt sich nicht sicher feststellen. Die Ultras Fedelissimi Granata (gegründet 1951) aus Turin und Ultras Sant Alberto aus Genua zählen zu den ersten Ultras in Italien. Graffiti von Ultra-Gruppierungen an Genuas Hauswänden aus dem Jahr 1968 sind ein Beleg für das Ent- und Bestehen der Ultra-Bewegung.[5]
In den Anfangsjahren waren es nur relativ wenige Jugendliche und Erwachsene, die sich durch Balkenschals, Trommeln, Choreografien, Feuerwerke und gemeinsam organisierte Auswärtsfahrten von den anderen Tifosi unterschieden. Die Bewegung breitete sich rasch aus; in weiten Teilen Europas bildeten sich derartige Gruppierungen.
Bei Ultras handelt es sich um fanatische Anhänger, deren Ziel es ist, ihren Verein „immer und überall bestmöglich zu unterstützen“.
Neben der akustischen Unterstützung, die sehr häufig von einem sogenannten Capo (von italienisch il capo für Haupt oder Anführer) mittels Megafon koordiniert und durch Trommeln begleitet wird, legen Ultras auch viel Wert auf optische Hilfsmittel wie z. B. Konfettiregen, bengalische Feuer und Fahnenmeere. Außerdem kreieren, finanzieren und organisieren die Ultras farbige Choreographien. Bei diesen Choreographien bereiten die Ultras Materialien vor, die zu Spielbeginn an alle Zuschauer (auch Nicht-Ultras) eines Stadionbereiches ausgegeben werden und die durch gleichzeitiges Hochhalten z. B. ein großflächiges Vereinswappen ergeben. Oft werden auch Überrollfahnen oder Wurfrollen verwendet. Unterstützung durch Sponsoren oder Vereine wird strikt abgelehnt. Ultras finanzieren sich meist durch eigene Mitgliedsbeiträge und durch den Verkauf von selbst kreierten Fan-Artikeln.
Ultras stehen der Vereinsführung in der Regel kritischer gegenüber als andere Fans. Für sie stehen Themen wie der Erhalt der Fan-Kultur und der Identität oft im Konflikt zu Entscheidungen der Entscheidungsträger der Vereine, die die Ultras als wirtschaftlich motiviert bewertet bzw. als „Kommerzialisierung des Sports“ kritisieren.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Protest gegen das als Willkür und „Repression“ empfundene Vorgehen von Polizei und Ordnern gegen Fußballfans aller Couleur, oftmals mit Sprechchören wie z. B. „All Cops Are Bastards – A.C.A.B.!“ oder in Deutschland mit „Fußballfans sind keine Verbrecher“. Besonders bei diesem Thema gibt es einen großen Zusammenhalt zwischen Ultra-Gruppierungen eigentlich rivalisierender Vereine. So bekundeten im Frühjahr 2008 mehrere Gruppen ihre Solidarität mit den Ultras Gelsenkirchen. Einige Spieltage zuvor waren bei einem Großeinsatz der Polizei an einem Fan-Treffpunkt der Schalker die Daten von 190 Personen aufgenommen worden.[6] Protestaktionen richten sich auch gegen die den Ultras zufolge oft ungerechtfertigten Stadionverbote.
Bei politischen Konflikten haben Ultra-Gruppen Stellung bezogen. So beteiligten sich die Ultras Al-Ahlawy des ägyptischen Vereins al Ahly Kairo, die Ultras White Knights von Zamalek SC und andere Ultra-Gruppen an der Revolution in Ägypten 2011.[1][4][7] Sie traten als Verteidigung der Aufständischen des Tahrir-Platz gegenüber der Polizei auf. Darüber hinaus beteiligten sie sich auch an der Aufrechterhaltung der Infrastruktur der besetzten Plätze und an zahllosen Graffiti.[1][8] Im Februar 2012 wurden Fans und die Ultras Al-Ahlawy nach einem Fußballspiel angegriffen, was zu vielen Toten führte. Es wird vermutet, dass dieser Angriff von Revolutionsgegnern gesteuert wurde.[4][9][10]
An den Protesten auf dem Taksim-Platz in Istanbul beteiligten sich Ultra-Gruppierungen der Vereine Fenerbahçe Istanbul, Galatasaray Istanbul und Beşiktaş Istanbul.[4][11][12][13]
In der Ukraine waren im Rahmen der Euromaidan-Proteste Ultra-Gruppierungen verschiedener Vereine der Premjer-Liha an den (zum Teil gewalttätigen) Aktionen aktiv beteiligt.[14][15][16]
Viele Ultra-Gruppierungen pflegen Freundschaften zu Gruppierungen anderer Vereine und unterstützen sich oft gegenseitig.
Während bei Hooligans die gewalttätige Auseinandersetzung mit anderen Gruppen im Vordergrund steht und Fußballspiele nur einen Anlass dazu bieten, steht bei Ultras der Sport im Vordergrund; allerdings sind bei manchen Ultra-Gruppierungen Schlägereien und Krawalle ein akzeptiertes Mittel der Durchsetzung von Faninteressen und der Auseinandersetzung mit gegnerischen Fan-Gruppen. Aus diesem Grund werden die Ultras in Medien und öffentlicher Wahrnehmung oft mit 'Hooligans' bzw. mit Gewaltbereitschaft assoziiert. Ein großer Teil der deutschen Ultraszene betont jedoch, dass man sich nicht als 'Gewalt suchend' definiere. Allerdings setze man sich bei körperlichen Übergriffen auf die eigene Gruppe entsprechend zur Wehr. Viele Ultragruppierungen in Deutschland beklagen auch, dass die Polizei zunehmend versuche ihnen ein Stigma der Gewaltbereitschaft anzuheften, da diese nach dem Zerfall der klassischen Hooliganszene nun ein neues Betätigungsfeld im Rahmen von Fußballspielen brauche.[17]
Das Stehlen von gegnerischen Fanutensilien, insbesondere von Schals und Fahnen, kann Schlägereien auslösen. Die Zaunfahne ist bei vielen Gruppen das Herzstück; sie repräsentiert die jeweilige Gruppe und zeigt die Präsenz, ein Verlust stellt somit eine symbolische Niederlage dar.
Ultras und Hooligans gemeinsam ist die Betonung des Gruppenzusammenhalts, der über die Veranstaltungen hinaus auch ins Privatleben reicht.
Ein Kritikpunkt an den Ultras ist, dass durch die vorgegebenen Gesänge des „Capos“ die Spontanität, also der Bezug zum aktuellen Spielgeschehen, verloren geht. Dieser Aspekt und jener, dass Ultras eher Gesängen als kurzen Schlachtrufen zugeneigt sind, führe nicht zum gewollten „Pushing“ der eigenen Mannschaft.
In vielen Fanszenen spielen die Ultras allein schon deswegen eine dominante Rolle, weil es keine weiteren Gruppierungen gibt, die ihnen ihren Status streitig machen könnten. Das daraus resultierende Missverständnis, die Ultras hätten einen Alleinvertretungsanspruch der Kurve und Befehlsgewalt über den Fanblock, führt immer wieder zu Konflikten zwischen Ultras und unorganisierten Fans. So kommt es gelegentlich auch zu Auseinandersetzungen innerhalb einer Kurve. Auslöser dafür sind oft Rufe von Personen, die verlangen, dass die Ultras z. B. die Fahnen am Boden halten sollen (da diese die Sicht versperren).
Ultras stehen auch in der Kritik wegen körperlicher Angriffe, des Diebstahls von Fanmaterial wie Fahnen oder Schals oder der Einschüchterung von Nicht-Ultras. Daneben ernten Ultras auch Kritik für das Abbrennen von Pyrotechnik (Feuerwerkskörper, bengalische Feuer etc.), das in Deutschland wegen der Gefahr für unbeteiligte Umstehende verboten ist und entsprechend verfolgt wird. Es kommt jedoch vor, dass Feuerwerkskörper von „normalen“ Fans gezündet werden, welche keine Verbindung zur Ultra-Bewegung haben, dies jedoch der Gruppierung zugerechnet wird.
Die mitgliederstärksten Jahre der italienischen Ultra-Bewegung waren die 80er-Jahre. So zählte z. B. die Gruppierung Drughi Bianconeri (Juventus Turin) zwischenzeitlich mehr als 10.000 Mitglieder. Aber auch heute noch gibt es einige Gruppen, die mehr als 10.000 Mitglieder haben. Einige wichtige Gruppen sind: Irriducibili Lazio, Ultras Granata, Brigate rossonere Milan, Brescia MU 1911, Curva Nord Bergamo. Die berühmtesten Gruppierungen, die die italienische Ultra-Mentalität geprägt haben, haben sich wegen der andauernden Repression seitens der Lega-Calcio und der Polizei aufgelöst; hierbei sind anzuführen: Brigate Gialloblu 71 Verona, Bna Atalanta, Commando Ultras Napoli, Verona Front, Collettivo Autonomo Viola.[18] Einen Wendepunkt der Bewegung markiert das Jahr 2007 als die Toten Filippo Raciti (Polizist) und Gabriele Sandri (Lazio-Fan) zum Anlass genommen wurden, die Repression weiter zu verschärfen, Pyrotechnik und Megaphone zu verbieten, nur noch autorisierte Spruchbanner im Stadion zuzulassen und die Fankarte „Tessera del Tifoso“ für Auswärts- und Dauerkarten zur Pflicht zu machen.[19]
Auf Grund der sehr hohen Mitgliederzahlen einiger Gruppen haben diese aber oft einen großen Einfluss auf die Vereinspolitik. So durfte z. B. die mittlerweile aufgelöste Fossa dei Leoni entscheiden, was von wem in ihrer Fankurve verkauft werden darf. Allein wegen dieser vereinspolitischen Macht verschrieben sich einzelne Gruppen auch einer bestimmten politischen Richtung. So gibt es rechtsextreme Fan-Gruppen wie die Irriducibili Lazio, rechtsoffene wie die Skins (mittlerweile aufgelöst) oder die Viking Inter[20], aber auch neutrale oder linksextreme wie die mittlerweile aufgelöste Brigate Autonome Livornesi[21] des AS Livorno Calcio. Heute sind mehr als 445 registrierte Ultra-Gruppen mit mehr als 74.000 Mitgliedern bekannt.[22]
Begünstigt durch die Nähe zu Italien entwickelte sich in den 80er Jahren besonders im südlichen Frankreich ebenfalls eine Ultra-Szene. Die ersten Gruppen bildeten sich in Marseille, nämlich das 'Commando Ultra 84' und die 'South Winners 87'[23]. Beide Gruppen sind heute noch aktiv[24] und gehören in der Szene zu den kreativsten und meistgeachteten Gruppen. Darüber hinaus sind sie für ihre antifaschistische und antirassistische Grundeinstellung bekannt. In Paris bildete sich mit den Boulogne Boys[25] im Jahre 1985 ebenfalls eine erste Ultra-Gruppe. Diese Gruppe, die oft durch extrem gewaltbereites Auftreten sowie rechtsextreme Parolen und Symbolik, bis hin zu Hakenkreuzen[26] aufgefallen ist, wurde 2008 vom Innenministerium verboten. Kurz zuvor hatten sie ein Spruchband mit der Aufschrift „Pädophile, Arbeitslose und Inzest-Gezeugte, willkommen bei den Nordfranzosen“[27] bei einem Ligapokalendspiel gegen den RC Lens präsentiert. Mit der Zeit breitete sich die Ultra-Bewegung über ganz Frankreich aus und die großen Gruppen gewannen an Einfluss. So übernehmen in Marseille die Gruppen den Ticketverkauf für ihre Kurven selbst und üben so eine gewisse Macht auf den Verein aus. Zu den bedeutendsten Szenen gehören nach wie vor Marseille und Paris, wo die Ultra-Gruppen beide Kurven im Stadion einnehmen. In Paris sind neben den Boulogne Boys die Gruppen Supras Auteuil, Lutece Falco, Authentiks und Tigris Mystic zu nennen[28], wobei letztere von den Boys und rechtsextremen Hooligans aus dem Stadion gedrängt wurde. Nach dem Verbot der Boulogne Boys unternahm die Vereinsführung von Paris Saint-Germain weitere Anstrengungen, die Ultragruppierungen, die aus ihrer Sicht durch ihr Auftreten das Image des Vereins gefährdeten, aus dem Stadion zu verdrängen und stattdessen andere Zielgruppen für PSG-Spiele zu gewinnen. Darüber hinaus hat Saint-Étienne mit den Gruppen 'Magic Fans' und Green Angels eine große Ultra-Szene.[29][30]
Die ersten Gruppen auf deutschem Boden waren wohl 1986 die Fortuna Eagles Supporters aus Köln[31] und 1989 die Soccer Boyz (heute: Mad Boyz) aus Leverkusen und die Havelszene 89 aus Berlin.[32] In den 1990er Jahren wuchs die 'Szene' in Deutschland langsam; nach der Jahrtausendwende übernahmen in vielen Vereinen die Ultras die „Vorherrschaft“ in den Fankurven gegenüber unorganisierten oder in herkömmlichen Fanclubs organisierten Fans.
Mittlerweile existieren bei fast allen Vereinen der oberen drei Ligen Gruppen, die sich selbst als Ultras sehen, außerdem auch in hierarchisch tieferen Spielklassen.
Auch in Österreich gibt es einige Ultra-Gruppierungen mit einem unterschiedlichen Grad an Aktivität und Bekanntheit.
Die älteste und international bekannteste Gruppe sind die Ultras Rapid 1988, die auf der „Block West“ genannten Westtribüne des Gerhard-Hanappi-Stadions den SK Rapid Wien unterstützen. Sie sind eine der wenigen Ultra-Gruppierungen in Europa, die bei jedem Spiel eine Choreographie zeigen. Die Ultras Rapid wurden 2005 von der T.I.F.O. (Torcida International Fans Organisation) zur Gruppierung mit den besten Choreographien in Europa gewählt.
Beim Stadtrivalen FK Austria Wien sind vor allem die Gruppen Viola Fanatics 2001, Bulldogs, Fedayn 1995 und Unsterblich Wien bekannt. Unsterblich Wien wurde Jänner 2013 vom Verein der Fanclubstatus entzogen, da diese Gruppierung mehrmals mit rechtsradikalen und gewalttätigen Aktionen auf sich aufmerksam machte. Die Kurve des SK Sturm Graz beheimatet neben den drei führenden Gruppen, der Brigata Graz 1994 der Grazer Sturmflut 96 und den Jewels Sturm noch kleinere Gruppen wie die Generation Chaos. Die Ultrá-orientierten Fans von Sturm Graz treten auch gemeinsam unter dem Namen "Kollektiv 1909" auf und setzen sich, neben anderen Aktionen wie der Zeitschrift Schwarzmalerei, gegen Rassismus ein. Die Salzburger Gruppierungen Union Ultra '99 und Tough Guys Salzburg 92 litten sehr stark unter der Übernahme ihres Klubs Austria Salzburg durch Red Bull, da diese in weiten Teilen der Salzburger Fanszene auf Ablehnung stieß. Beide Fan-Gruppierungen unterstützen jetzt die neue Austria Salzburg. Zu erwähnen ist auch die Ultra-Fan-Szene des FC Wacker Innsbruck, wo die Verrückten Köpfe 1991 beheimatet sind. Auch hervorzuheben wären die Ultras des GAK, vor allem die von der Fan-Gruppierung Red Firm und "Society Graz" und die Ultras des LASK Linz, vor allem die Viking Linz, Boys Lentia und der Fanclub Linzer Jungs, sowie die Linzer Pyromanen und die Linzer Blauhelme 03 des FC Blau-Weiß Linz, ebenso die Gruppen Supras der SV Ried und Südchaos von Vorwärts Steyr. Vor allem seit dem Wiederaufstieg in die Bundesliga 2011 gibt es auch beim FC Admira Wacker starken Fanzuwachs.
Die bekanntesten Ultra-Gruppierungen in Portugal sind die Diabos Vermelhos und No Name Boys (abgekürzt NN) von Benfica Lissabon. Außerdem gibt es die Super Dragões vom FC Porto sowie die Juve Leo und Torcida Verde von Sporting Lissabon. Andere Ultra-Gruppierungen sind weniger bekannt.
Wie im gesamten Balkanraum gehört auch die Szene in der Türkei zu den ausgeprägtesten Ultra-Bewegungen Europas. Neben den Gruppen der İstanbuler Großklubs ultrAslan (Galatasaray), Genç FB (Fenerbahçe) und Çarşı (Beşiktaş) gibt es auch etablierte Gruppen vieler anatolischer Mannschaften, wie z.B. Vira (Trabzonspor), Teksas (Bursaspor), Gecekondu (MKE Ankaragücü), Şimşekler Grubu (Adana Demirspor), Tatangalar (Sakaryaspor) und Karşıyaka Çarşı (Karşıyaka SK). Der Türkische Fußballverband und die Vereinsvorstände entscheiden zu Saisonbeginn, ob Ultra-Gruppierungen Spiele in den Stadien der „Erzrivalen“ besuchen dürfen. Bei den Istanbuler Stadtderbys und bei Spielen der rivalisierenden Clubs aus Izmir, Karşıyaka SK und Göztepe Izmir, kommt es nicht selten zu Ausschreitungen.[33] Insbesondere bei den Protesten auf dem Taksim-Platz im Jahr 2013 stellten die Ultras einen großen Teil der radikalen Demonstranten.[4][11] Die Çarşı von Beşiktaş wird z.T. als kriminelle Vereinigung angesehen.[11][34]
Die Szene in Griechenland gilt als eine der extremsten Europas. Bei Duellen der großen Clubs im Großraum Athen (Olympiakos Piräus, Panathinaikos Athen, AEK Athen) kommt es häufig zu schweren Ausschreitungen. Deshalb ist es den dortigen Ultra-Gruppierungen seit einigen Jahren verboten, Derbys im Stadion des Gegners zu besuchen. Die bekanntesten Gruppen sind Thyra 13 (Gate 13, Panathinakos), Thyra 7 (Olympiakos Piräus), Thyra 4 (PAOK), Autonomous Gate 10 (Iraklis Thessaloniki), Super3 (Aris Thessaloniki), Monsters (AEL) und Original 21 (AEK Athen).
Die älteste Ultra-Gruppierung in Kroatien ist die sog. Torcida von Hajduk Split. Die Gruppe hat ihre Wurzeln im Jahr 1950, als im Vorfeld eines entscheidenden Meisterschaftsspiels eine nach heutigen Maßstäben ultraartige Unterstützung organisiert wurde. Nach dem raschen Verbot durch die jugoslawische Staatsführung und der in den folgenden Jahren zwangsweise unorganisierten Anhängerschaft erfolgte 1980 eine Wiedergeburt. Heute sind die 1986 gegründeten Bad Blue Boys vom Hauptstadtklub Dinamo Zagreb die größten Rivalen in der Szene. Zwischen den Mitgliedern der rivalisierenden Gruppen kommt es häufig zu schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen. Des Weiteren erwähnenswert ist die Gruppe Armada, die den Verein HNK Rijeka unterstützt.
Auch in Serbien gibt es bei vielen Vereinen Ultra-Gruppierungen. Die größten Gruppen sind die Delije von Roter Stern Belgrad und die Grobari von Partizan Belgrad, aber auch bei OFK Belgrad,Rad Belgrad,FK Novi Pazar und Vojvodina Novi Sad gibt es größere Gruppierungen. Weiter ist aber zu erwähnen, dass die Wörter Delije und Grobari eher zur allgemeinen Bezeichnung von Fans von Roter Stern Belgrad und Partizan Belgrad benutzt werden. Was auch heißt, jeder Fan von Roter Stern ist somit automatisch ein Delija und ein Fan von Partizan automatisch ein Grobar. Innerhalb der Delijas und der Grobaris gibt es neben unzähligen Fan-Gruppen und Fan-Clubs Ultra-Gruppierungen. Im Marakana-Stadion von Roter Stern Belgrad sind in ihrer „Nordkurve“ die Stühle so eingerichtet, dass sie in Rot-weiß und in kyrillischer Schrift das Wort Delije (Mehrzahl von Delija) bilden. Die Benutzung von Pyrotechnik gehört in serbischen Stadien zum Alltag, außerdem kommt es im Umfeld von Fußballspielen häufig zu Gewaltausbrüchen.
Die zwei größten Ultragruppierungen in Bosnien und Herzegowina sind die der beiden Hauptstadtclubs: Die Horde Zla des FK Sarajevo und The Maniacs 1987. Der Gebrauch von Pyrotechnik ist in Bosnien und Herzegowina zwar verboten, gehört dort in den Stadien jedoch zum Alltag. Weitere bekannte Fangruppierungen sind die Lesinari, Robijasi, Fukare, Red Army Mostar und Skiptari.
In der Schweiz entstanden die ersten Ultra-Gruppierungen Mitte der neunziger Jahre in Genf („Generation Ultra“/„Section Grenat“), in Lugano („Armata“) sowie in Sion (siehe unten). In den letzten Jahren sind auch bei den meisten Deutschschweizer Vereinen Ultra-Gruppierungen entstanden; die wichtigsten sind in Basel, Bern, Zürich, Luzern und St. Gallen beheimatet. In Zürich findet man die Ultras in der sogenannten „Zürcher Südkurve“, welche den FC Zürich unterstützt. Sie sind in der ganzen Schweiz bekannt für sehr kreative und aufwändige Choreographien. Vor allem aber auch beim Stadtrivalen Grasshoppers Zürich (GC) gibt es zwei große Ultra-Gruppierungen („Blue Side“, „Bulldogs“) in der sogenannten „Estrade Ost“. Zu erwähnen sind auch die „Blue White Eagles Luzern“ („BWEL“), „Formation Luzern“ („FL“) oder die „Blue White Generation“ („BWG“), welche den FC Luzern unterstützen, die „Ultras Sion“, „Freaks Sion“, „Lousy Scum“ oder „Red Side“ des FC Sion, die „Green Power“, die „Greenflash“, „Saint Brothers“, „Jokers“ und die „Green-Fires“ beim FC St. Gallen im Espenblock und die Ultra-Gruppierungen in der Ostkurve Bern der Young Boys Bern wie Maniacs, Urban Squad, Amici Berna, Bernerkanone, Schurken oder Wankdorf Supporters.
Hervorzuheben sind auch die „Inferno Basel“, „Fanatics“, „Goodfellas“ und „Kaos“ vom FC Basel, die in der „Muttenzer Kurve“ beheimatet sind. Obwohl die Basler Fans für ihre aufwendigen Choreos bekannt sind, machte die Basler Szene auch immer wieder negative Schlagzeilen. Nach der knapp verpassten Meisterschaft 2006 (letztes Spiel) im eigenen Stadion gegen den FC Zürich kam es zu einem Platzsturm und Ausschreitungen im und außerhalb des Stadions, nachdem der FC Zürich in der 93. Minute das meisterschaftsentscheidende Tor schoss. Die Basler Ultra-Szene ist für ihre Krawalle bekannt; so wurde der Gästesektor im Stadion Hardturm der Grasshoppers Zürich mehrmals in Brand gesetzt und dadurch Sachschaden verursacht.
Ende 2006 kritisierten viele Schweizer Städte die Liga und die Vereine, weil der größte Teil nichts an die inzwischen notwendig gewordenen hohen Ausgaben der Städte für die Sicherheit (ab 100.000 CHF pro Heimspiel) bezahlt. In den letzten Jahren wurde die Gewalt bei Schweizer Fußballspielen (von Ultras und Hooligans) von Medien und Politik stärker als früher registriert und ist deshalb heute ein großes Gesprächsthema. Dies, obwohl sowohl Gewalt wie auch Sachschäden in den letzten Jahren deutlich zurück gingen. Das beste Beispiel für eine nicht-repressive Fanpolitik wird in Basel derzeit umgesetzt, durch Selbstregulierung innerhalb der Fankurve konnten u.a. Ausschreitungen deutlich reduziert bzw. verhindert werden.
In der Ukraine zeichnen sich vor allem die Ultras von Dynamo Kiew durch Gewalttätigkeit aus, die bei Spielen gegen Vereine aus dem Donbass wie Schachtar Donezk häufig eskalierten. Bei den Kämpfen auf dem Majdan 2014 traten sie z.T. bewaffnet auf.[35] Die Ultras von Schachtjor Donezk schlossen mit ihnen, Metalurh Saporischschja und anderen im Januar 2014 einen Burgfrieden, um gemeinsam auf dem Majdan zu demonstrieren.[15][36] Die ukrainischen Ultras gelten als nationalistisch und beteiligen sich auch am Bürgerkrieg im Osten des Landes.[15][16]
In Brasilien gibt es einige Ultra-Bewegungen (Nucleo Ultras 1914 von Palmeiras, Brigada Jovem Lusitana von Portuguesa). Hauptsächlich organisieren sich Fußballbegeisterte jedoch in torcidas (torcer, pt. mitfiebern, (ver-)drehen). Torcidas sind große Organisationen, deren Mitglieder Beiträge zahlen und eigene Erkennungszeichen tragen. Häufig veranstalten torcidas fußballferne Ereignisse: Die Gaviões da Fiel der Corinthians São Paulo ist eine bekannte Sambaschule des Karnevals. In der Vergangenheit gab es zahlreiche Gewalttaten zwischen verfeindeten torcidas (teilweise desselben Vereines) oder Zusammenstöße mit der Polizei.
Seit dem Jahre 2000 entstehen auch beim Handball Ultra-Gruppierungen. Als erste und wichtigste gelten die Ultras Flensburg,[37] Sie konnten sich durch die größte Stehplatztribüne der deutschen Handball-Bundesliga entwickeln. Später entstanden auch bei anderen deutschen Handballclubs Ultra-Gruppen. Im Ausland gibt es noch die Boys aus Aalborg (Dänemark) und die Florijani aus Celje (Slowenien). Dazu kommen viele Gruppen in den Ligen der osteuropäischen Länder.
Ende der 90er Jahre entstanden auch im Basketball Ultra-Gruppierungen, vor allem in südeuropäischen Staaten wie Serbien, Kroatien, Griechenland, Italien und Spanien. Aber auch in der Türkei und Russland entwickelten sich im Basketball fanatische Fan-Gruppierungen. In Serbien, der Türkei und vor allem in Griechenland gehören Choreografien und Pyrotechnik (trotz großer Brandgefährlichkeit in den Hallen) zum Alltag. In einigen Ländern, so zum Beispiel in Griechenland und Kroatien, unterstützen die Ultras eines Vereins sowohl die Fußball- als auch die Basketballmannschaft des Klubs. In Deutschland oder Frankreich gibt es trotz großer Beliebtheit des Basketballs so gut wie keine Ultra-Gruppierungen, jedoch Fanclubs wie die Ultras Nördlingen, welche Merkmale von Ultra-Gruppierungen aufweisen. Weil Basketball aber in den letzten Jahren bis heute immer mehr an Beliebtheit gewinnt (Tendenz weiter steigend), ist nicht auszuschließen, dass sich auch in nicht-südeuropäischen Staaten in den nächsten Jahren im Basketball Ultra-Gruppierungen entwickeln könnten. In Südamerika (vor allem in Argentinien), aber auch in China gibt es im Basketball Ultra- und ultra-ähnliche Gruppierungen. In den USA, dem Mutterland des Basketballs, gibt es bis heute keine Ultra-Gruppierungen.