Uigurisch | ||
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Gesprochen in |
China, Kirgisistan, Kasachstan | |
Sprecher | 10.389.840[1] | |
Linguistische Klassifikation |
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Offizieller Status | ||
Amtssprache von | Xinjiang | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1: |
ug | |
ISO 639-2: |
uig | |
ISO 639-3: |
uig |
Die uigurische Sprache (kyrillisch Уйғурчә, Уйғур тили, arabisch ئۇيغۇرچە, ئۇيغۇر تىلى, lateinisch Uyƣurqə, Uyghurche oder Uyƣur tili, Uyghur tili; chinesisch 维吾尔语, Pinyin Wéiwú'ěryǔ) ist eine Turksprache, die vor allem von den im Autonomen Gebiet Xinjiang (frühere Transkription: Sinkiang) der Volksrepublik China beheimateten Uiguren gesprochen wird. In der turkologischen Forschung in der Türkei wird die Sprache „uigurisches Türkisch“ (Uygur Türkçesi) genannt. Im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert wurde die Sprache als Turki („Türkisch“) bezeichnet, in der deutschen Turkologie bis weit ins 20. Jahrhundert auch als Osttürkisch. Vorläufer ist das Tschagataiische.
Von der hier behandelten uigurischen Sprache ist die Sprache der mittelalterlichen Uighuren und der nach ihnen benannten, in größerer Zahl an diversen Fundorten in Xinjiang aufgefundenen sogenannten uyghurischen Texte vom 9. bis 17. Jahrhundert zu unterscheiden. Die Sprache dieser Texte und die der mittelalterlichen Uighuren wird dem Alttürkischen zugerechnet. Nachkommen der mittelalterlichen Uighuren sind die Yugur, soweit sie nicht den Islam angenommen und in der heute als Uiguren bezeichneten islamischen und turksprachlichen Bevölkerung Xinjiangs aufgegangen sind.
Uigurisch wird heute mit einem modifizierten persisch-arabischen Alphabet geschrieben.
Zusammen mit der usbekischen Sprache zählt die uigurische Sprache zu den uigurischen Sprachen, einer Unterkategorie der Turksprachen. Andere uigurische Sprachen sind Yugur, Ainu und Ili Turki.
Die uigurische Sprache ist die Muttersprache von rund 7,6 Millionen Menschen. 1990 gaben bei der chinesischen Volkszählung über 7,214 Millionen Menschen Uigurisch als Muttersprache an; davon in Xinjiang allein 4,7 Millionen. 1,15 Millionen gaben Hotan, 25.000 Yuli, 2.000 Akto-Turkmenisch und rund 120 Ili-Türkisch als Muttersprache an. Starke uigurische Minderheiten existieren in den Nachbarländern Kasachstan (185.301), Kirgisistan (36.779) und Usbekistan (33.762), kleinere Minderheiten (3.000 Uiguren) lebten 1990 in Afghanistan, Pakistan, Indien, 1.000 in der Mongolei und 500 in der Türkei.
Die uigurische Sprache zerfällt bis heute in zahlreiche Dialekte, die mit Ausnahme des „Dolan-Dialektes“ und des „Ili-Türkischen“ nach den Hauptorten ihrer Sprecher benannt sind: Kashi (Kaschgar), Yeni (Yengisar), Shache (Yarkant), Hotan (Hotan), Keriya (Keriya), Qarqan (Qarqan), Aksu, Karaxahr (Karashahr), Kuqa (Kuqa), Turpan (Turpan), Hami (Kumul), Ürümqi (Ürümqi), Yuli (Lopnur), Dolan, Ili-Türki (Kuldscha, Gulja, Tarantschi) und Akto Türkmen.
(Offiziell werden die Akto-Turkmenen von der chinesischen Zentralregierung den Kirgisen zugerechnet, während diese sich selbst den Uiguren zugehörig fühlen.)
Das Neu-Uigurische ist – obschon von manchen türkischen Historikern und von heutigen Sprachträgern behauptet – nicht als direkte Fortsetzung des Alt-Uigurischen anzusehen. Vielmehr wurde der Name Uygur auf einem Kongress der Turkvölker Turkestans in West-Turkestan (Taschkent) angenommen und auf einen großen Bevölkerungsteil des östlichen Turkestan übertragen.
Der uigurische Wortschatz beruht auf einem türkischen Stamm, enthält aber wie das Usbekische eine große Anzahl an persischen Lehnwörtern. Viele Internationalismen hat die Sprache zudem aus dem Russischen übernommen. Mittlerweile gibt es auch Lehnwörter aus dem Chinesischen.
Herkunftssprache | ursprüngliches Wort | Ursprungswort (in IPA) | uighurisches Wort | uighurisch (in IPA) | Deutsch |
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Persisch | افسوس | [æfˈsus] | epsus ئەپسۇس | /ɛpsus/ | Mitleid |
گوشت | [ɡoʃt] | gösh گۆش | /ɡøʃ/ | Fleisch | |
Arabisch | ساعة | /ˈsaːʕat/ (genitive case) | saet سائەت | /saʔɛt/ | Stunde |
Russisch | велосипед | [vʲɪləsʲɪˈpʲɛt] | wëlsipit ۋېلسىپىت | /welsipit/ | Fahrrad |
доктор | [ˈdoktər] | doxtur دوختۇر | /doχtur/ | Doktor (Arzt) | |
поезд | [ˈpo.jɪst] | poyiz پويىز | /pojiz/ | Zug | |
область | [ˈobləsʲtʲ] | oblast ئوبلاست | /oblast/ | Oblast, Region | |
телевизор | [tʲɪlʲɪˈvʲizər] | tëlëwizor تېلېۋىزور | /televizor/ | Fernsehgerät | |
Chinesisch | 凉粉 liángfěn | [li̯ɑŋ˧˥fən˨˩] | lempung لەڭپۇڭ | /lɛmpuŋ/ | Agar-Agar |
豆腐 dòufu | [tou̯˥˩fu˩] | dufu دۇفۇ | /dufu/ | Tofu |
Die als alttürkisch oder (alt-)uigurisch bezeichneten vorislamischen türkischen Sprachen im Gebiet der heutigen Mongolei und des heutigen China wurden mit den sogenannten Orchon-Runen geschrieben, später auch mit einem eigenen uigurischen Alphabet. Dessen Schreibrichtung änderte sich unter chinesischem Einfluss in eine vertikale von oben nach unten. So wurde es von den Mongolen übernommen. Nach der Annahme des Islam schrieben die turksprachigen Völker Zentralasiens ihre Idiome mit einem angepassten arabischen Alphabet.[2] In Fortwirkung der altuigurischen Tradition wurde auch in der an sich vokallosen arabischen Schrift die Vokale bezeichnet (sogenannte Plene-Schreibung). Als Schriftsprache setzte sich die Tschagataische Sprache durch, die ab dem 17. Jahrhundert in lokale Varietäten zerfiel, die ab dem 20. Jahrhundert durch die (neu-)uigurische Sprache abgelöst wurden.
In Sinkiang wurde in den 1920er bis 1940er Jahren mit lateinischen und kyrillischen Alphabeten experimentiert. 1969 wurden für mehrere Turksprachen in China Lateinschriften eingeführt, die vor allem an die Pinyin-Transkription für das Chinesische angelehnt waren (z. B. x für ش [ʃ], q für چ [ʧ]), so auch für das Uigurische. 1987 wurde diese Lateinschrift abgeschafft und wieder ein arabisch-persisches Alphabet eingeführt, in dem jedoch im Gegensatz zur alten Rechtschreibung alle Vokale klar unterschieden werden.
Der Language Code für Uigurisch nach ISO 639 ist ug bzw. uig.