Theodor „Theo“ Waigel (* 22. April 1939 in Oberrohr) ist ein deutscher Politiker (CSU). Er war von 1989 bis 1998 Bundesminister der Finanzen und von 1988 bis 1999 CSU-Vorsitzender.
Theo Waigel wurde auf dem Parteitag am 18. Juli 2009 zum Ehrenvorsitzenden der CSU gewählt.
Waigel wurde 1939 als Sohn des Maurerpoliers und Nebenerwerbslandwirtes August Waigel in Oberrohr bei Krumbach geboren.[1] Sein älterer Bruder fiel 1944 mit 18 Jahren im Zweiten Weltkrieg.[2] Nach dem Abitur an der Oberrealschule im schwäbischen Krumbach nahm Waigel 1959 ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München und später in Würzburg auf, welches er 1963 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. 1967 folgte das zweite Staatsexamen sowie seine Promotion zum Dr. iur. mit der Arbeit Die verfassungsmäßige Ordnung der deutschen insbesondere der bayerischen Landwirtschaft. Nach einer Tätigkeit als Gerichtsassessor bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I wechselte Waigel 1969 als Persönlicher Referent des Staatssekretärs in das Bayerische Staatsministerium der Finanzen. Von 1970 bis 1972 nahm er dieselbe Funktion beim Bayerischen Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr wahr.
Nach seiner politischen Tätigkeit wechselte Waigel u. a. zur Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) sowie zur EnBW[3] als Mitglied des Beirats. Des Weiteren ist er beratend für die Risikokapitalgesellschaft Texas Pacific Group[4] sowie die PR-Beratung Brunswick Group[5] tätig. Von 1999 bis 2002, also noch während seiner Zeit als Mitglied des Bundestages, hatte er einen Beratungsvertrag mit dem Medienunternehmer Leo Kirch.[6]
Waigel wurde 2004 Vorsitzender des Aufsichtsrates des Geldspielautomaten-Herstellers Löwen Entertainment, vormals NSM-Löwen Entertainment GmbH.[7] Sein Nachfolger war Franz Wohlfahrt.[8]
Im Auftrag der US-Justizbehörden wurde Waigel im Januar 2009 Anti-Korruptions-Beauftragter (Compliance Monitor) beim Technologiekonzern Siemens.[9] Waigel war der erste Nicht-Amerikaner, der von amerikanischen Behörden als unabhängiger Monitor berufen wurde.[10] Als solcher berichtete er unter anderem dem Justizministerium der Vereinigten Staaten und der US-amerikanischen Börsenaufsicht SEC.[11] In den USA ist dieses Monitoring der Compliance-Prozesse eines Unternehmens üblicher Bestandteil einer Einigung bei strafrechtlichen Verfahren. Einen Monitor zu verpflichten war eine Auflage des amerikanischen Justizministeriums (DOJ) und der US-Börsenaufsicht (SEC) im Zuge der Beilegung eines Verfahrens gegen Siemens.[12] Im November 2011 kündigte Waigel an, sich mit Ende des Geschäftsjahres 2012 von seinem Amt bei Siemens zurückzuziehen.[10] Im Oktober 2012 legte Waigel seinen Schlussbericht vor und beendete seine Arbeit bei Siemens.[13]
Die Schirmherrschaft für die 1. Alpine Skiweltmeisterschaft der Gehörlosen[14] in Nesselwang im Allgäu vom 23. Februar bis 2. März 2013 hat Waigel zusammen mit seiner Frau Irene Epple-Waigel übernommen.
Waigel ist katholisch und Mitglied des Kuratoriums der Eugen-Biser-Stiftung.
In erster Ehe war er von 1966 bis 1993 mit der Diplom-Volkswirtin Karin Waigel verheiratet, mit der er zwei Kinder hat. In zweiter Ehe ist er seit 1994 mit der ehemaligen Skirennläuferin Irene Epple-Waigel verheiratet und hat mit ihr ein Kind.
Waigel ist Rechtsanwalt (als sog. Of Counsel) in der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Waigel Rechtsanwälte, die im Januar 2016 gegründet wurde und in der sein Sohn Christian als Partner tätig ist.[15] Dieser ist darüber hinaus Honorarkonsul des Fürstentums Liechtenstein.
Waigel ist seit 1960 Mitglied der CSU. Von 1971 bis 1975 war er Landesvorsitzender der Jungen Union in Bayern. Von 1973 bis 1988 war er außerdem Vorsitzender der Grundsatzkommission der CSU. Er war von 1970 an Mitglied im CSU-Landesvorstand sowie seit 1983 im Präsidium der CSU. 1987/88 war er Bezirksvorsitzender im CSU-Bezirk Schwaben. Von November 1988 bis Januar 1999 war er dann Vorsitzender der CSU. Bei der Bundestagswahl 1998 erhielt die CSU in Bayern nur 47,7 % der Wählerstimmen und blieb damit unter dem Wahlziel von 50 %+x. Vier Monate später wurde der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber Waigels Nachfolger als Parteivorsitzender.
Auf dem Parteitag am 18. Juli 2009 wurde Waigel zum Ehrenvorsitzenden der CSU gewählt. Ein weiterer Ehrenvorsitzender der CSU ist seit 2007 Edmund Stoiber. Als solche sind sie dem CSU-Vorstand kooptiert.[16]
Am 8. August 2013 gab die CSU bekannt, dass Waigel im Auftrag der CSU einen „Verhaltenskodex für CSU-Politiker“ erarbeitet.[17] Im Dezember 2013 stellte Waigel diesen vor.[18][19]
Von 1966 bis 1972 war er Mitglied im Kreistag von Krumbach, von 1972 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort bekleidete er von 1978 bis 1980 die Funktion des Obmanns der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Wirtschaft. Von Dezember 1980 bis Oktober 1982 war Waigel Vorsitzender der Arbeitsgruppe Wirtschaft sowie wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Im Oktober 1982 wurde er zum Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag und damit gleichzeitig zum Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewählt. Im April 1989 legte er diese Ämter nieder. Waigel war zuletzt (14. Wahlperiode) mit 54,8 % der Stimmen direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Neu-Ulm.
Im Zuge einer Kabinettsumbildung wurde er am 21. April 1989 in die von Bundeskanzler Helmut Kohl geführte Bundesregierung in das Amt des Bundesministers der Finanzen berufen, in welchem er für die Ausverhandlung und Durchführung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion verantwortlich war. Nach der Bundestagswahl 1998 schied er am 26. Oktober 1998 aus der Regierung aus.
Die Bezeichnung „Euro“ für die gemeinsame europäische Währung geht auf einen von Waigel im Dezember 1995 im Europäischen Rat eingebrachten Vorschlag zurück; er wird häufig als „Namensgeber für den Euro“[20] bezeichnet.
Waigel erhielt unter anderem auch folgende Auszeichnungen: Großes Bundesverdienstkreuz (1984), mit Stern (1988) und Schulterband (1996), Bayerischen Verdienstorden, Ehrendoktor der University of South Carolina (1997)[24] und 2001 Kommandeur der französischen Ehrenlegion.[25]
Im sechsteiligen Fernsehspiel Die Affäre Semmeling von Dieter Wedel hat er in seiner Funktion als Bundesfinanzminister zwei Kurzauftritte.