Das Sultanat der Rum-Seldschuken (auch Sultanat Ikonion oder Sultanat Rum genannt, arabisch السلاجقة الروم, DMG as-Salāǧiqa ar-Rūm, persisch سلجوقیان روم, Salǧūqiyān-i Rūm, türkisch Anadolu Selçuklu Devleti – Anatolisch-Seldschukischer Staat) war der auf erobertem byzantinischen Territorium in Anatolien errichtete Herrschaftsbereich der oghusisch-türkischen Rum-Seldschuken,[1] die sich – ebenso wie die Kerman-Seldschuken (1048) und die Seldschuken von Syrien (1078) – im Jahre 1077 vom Reich der Großseldschuken unabhängig machten und anschließend über ein bedeutendes Reich mit dem Zentrum Konya herrschten.[2] Nach der Schlacht am Köse Dağ (1243) geriet das Sultanat in Abhängigkeit vom Reich der mongolischen Ilchane und löste sich bis 1307 „sang- und klanglos“ auf.[3]
Nach der Niederlage gegen die Seldschuken in der Schlacht von Mantzikert 1071 ging das Innere Kleinasiens für das Byzantinische Reich endgültig verloren. Oghusisch-türkische Stämme, die im Gefolge der Seldschuken nach Anatolien eingewandert waren, gründeten in der Folgezeit mehrere Fürstentümer, so unter anderem die Saltukiden, deren Herrschaft bis 1202 Bestand hatte.[2] Suleiman, ein Sohn des abtrünnigen Seldschukenprinzen Qutalmisch, welcher ebenfalls mit seinen Anhängern nach Anatolien gekommen war, wurde 1074 von Sultan Malik Schah I. zum Gouverneur der nordwestlichen Provinzen des Seldschukenreiches ernannt. In dieser Funktion eroberte er 1075 die byzantinischen Städte Nikäa (İznik) und Nikomedia (İzmit). 1077 rebellierte Suleiman gegen Malik Schah und ernannte sich selbst zum „Sultan von Rum“. Im Jahr 1078 machte er Nikäa zu seiner Hauptstadt.[4]
1084 eroberte Sultan Malik Schah I. mit Hilfe von Suleiman Antiochia (Antakya), das zu dieser Zeit durch Philaretos Brachamios gehalten wurde, in einem Überraschungsangriff. Die Bewohner flüchteten sich in die Zitadelle. Als Suleiman 1086 in Antiochia nach einer Niederlage gegen Tutusch I., dem seldschukischen Sultan von Aleppo, Selbstmord beging (Anna Komnena) oder auf Befehl von Tutusch getötet wurde, geriet die Dynastie in eine ernste Krise: Suleimans Sohn Kılıç Arslan wurde Geisel am großseldschukischen Hof und kam erst nach dem Tode Malik-Schahs I. (1092) wieder frei.
Kılıç Arslan I. konnte große Teile des verlorenen Territoriums wieder einnehmen. Infolge einer Niederlage gegen die Kreuzfahrer des Ersten Kreuzzugs bei Nikäa und Doryläum (Dorylaion) im Jahre 1097 drängten ihn die Byzantiner jedoch nach Anatolien zurück. In der Folgezeit konnte er seine Macht wieder festigen. 1101 siegte er über die Kreuzzugteilnehmer, eroberte Ikonion (Konya) und machte es zum Zentrum seines Reiches. 1107 eroberte er Mosul, fiel aber im selben Jahr im Kampf gegen Muhammad I. Tapar, den Sohn Malik-Schahs I.
Das Sultanat befand sich in einem dauernden Konflikt mit dem Byzantinischen Reich, war aber auch ein Pufferstaat zwischen Byzanz und der muslimischen Welt. Zu wesentlichen Verschiebungen der Grenze mit Byzanz kam es nicht. Zwischen 1097 und 1176 befand sich das Sultanat auch im ständigen Konflikt mit den Danischmenden, bis sie diese schließlich besiegten und deren Herrschaftsgebiet ihrem Reich einverleibten. Ikonion wurde für einige byzantinische Renegaten zum Exil, teilweise kam es auch zu Bündnissen mit dem Königreich Kleinarmenien und den Kreuzfahrerstaaten.
Das Sultanat geriet durch die Niederlagen in der Schlacht am Köse Dağ (1243) und der Schlacht bei Aksaray (Oktober 1256) gegen den mongolischen Befehlshaber Baiju unter die Herrschaft der Ilchane und löste sich während der Herrschaft des Ilchans Öldscheitü (ab 1304) auf. Die aufstrebenden Osmanen aus dem nordwestanatolischen Fürstentum des Osman Bey traten zu Beginn des 14. Jahrhunderts das Erbe der Seldschuken in Anatolien an und eroberten 1386 Konya, das Hauptstadt des seldschukischen Nachfolge-Sultanates Karaman geworden war. 1402 verloren die Osmanen Konya zwar wieder, das Sultanat Karaman wurde durch Timur Lenk nochmals wiederhergestellt, doch 1466 fiel Konya dann endgültig an das Osmanische Reich.
In dem feudalen Iqta-System wurden die einheimischen Bauern zu Untertanen der seldschukischen Emire, die das Land weiter an ihre Gefolgsleute und Soldaten vergaben. Der Inhaber eines Iqta erhielt die Abgaben seines Lehens, konnte es aber nicht vererben. Im 14. Jh wurde das Iqta-System durch Landvergaben an Soldaten ersetzt, die steuerfrei waren.
Auch die städtische Oberschicht bestand nun aus Seldschuken. Im Heer dienten die nicht steuerpflichtigen Turkomanen sowie Araber, später auch gefangene Christen sowie georgische und fränkische Söldner. Die Nomaden wurden an den Grenzen zum Kampf gegen die „Ungläubigen“ eingesetzt, es gab jedoch auch ständige Versuche, sie zur Ansiedlung zu zwingen und in die unfruchtbaren Gebirgsgegenden zurückzudrängen, eine Politik, die sich in osmanischer und türkischer Zeit fortsetzte bzw. weitgehend zum Abschluss kam.