Unter einem Staatsziel, auch Staatszielbestimmung oder Staatszweck genannt, versteht man die Definition eines Ziels, das ein Staat zu erreichen sucht. Die Staatsziele werden in der jeweiligen Verfassung festgeschrieben, bedürfen aber einer konkreten Umsetzung durch Gesetz, Verordnung oder Satzung (siehe auch Normenhierarchie). Da Staatsziele zwar Aufgaben an den Staat stellen, aber nicht regeln, wie diese Ziele konkret erreicht werden sollen, hat der Gesetzgeber eine weite Einschätzungsprärogative bezüglich der Umsetzung.
Von Grundrechten unterscheiden sich die Staatszielbestimmungen dadurch, dass sie kein subjektives Recht begründen und somit nicht einklagbar sind.
Staatsziele können sich auch innerhalb eines einzelnen Staates unterscheiden, sofern dieser aus Gliedstaaten besteht, die eigenständige Verfassungen besitzen; so unterscheiden sich die Staatsziele der einzelnen Bundesländer in Deutschland.
Die Lehre vom Staatszweck ist die ältere Lehre; sie bezieht sich auf grundsätzliche, überpositive Zwecke des Staats. Die heutigen Staatszielbestimmungen hingegen betreffen nur punktuelle Aufgaben des Staates[1]. Staatsaufgaben kannte schon die Antike. Gelegentlich wurde auch auf römischen Münzen auf einige Staatsaufgaben, wie z. B. die Sicherung der Getreideversorgung, hingewiesen.[2]
Die im Grundgesetz (GG) festgeschriebenen Staatsziele werden in einigen Landesverfassungen als Grundrecht garantiert. Ungeachtet des Vorrangs von Bundesrecht (Art. 31 GG) bleiben diese gem. Art. 142 GG in Kraft, soweit sie in Übereinstimmung mit den Art. 1 bis Art. 18 GG stehen.
Neben den Staatszielen gibt es die (Staats-)Strukturprinzipien des Artikels 20 GG: Republik (Abs. 1), Demokratieprinzip (Abs. 1), Sozialstaatsprinzip (Abs. 1), Bundesstaatsprinzip (Abs. 1) und Rechtsstaatsprinzip (Abs. 3). Von diesen sind die Sozialstaatlichkeit und die Rechtsstaatlichkeit zugleich als Staatsziele anerkannt.
Seit 1949 wurden fünf Staatsziele in das Grundgesetz aufgenommen:[3]
Die Aufnahme von Kultur und Sport blieb bislang umstritten.[6]
Darüber hinaus enthalten verschiedene Landesverfassungen weitere Staatszielbestimmungen.
In der österreichischen Bundesverfassung gelten als Staatszielbestimmungen die dauernde Neutralität und das Verbot nazistischer Tätigkeiten (seit 1955), der Rundfunk als öffentliche Aufgabe (seit 1974), die umfassende Landesverteidigung (seit 1975), der umfassende Umweltschutz (seit 1984), die Gleichbehandlung von Behinderten (seit 1997) und die Gleichstellung von Mann und Frau (seit 1998).[7]
Der Staatszweck der Schweiz wird in Art. 2 der revidierten Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 wie folgt festgelegt:
Die Verfassungen der 26 Kantone weisen zum Teil weitere Staatsziele auf. In Art. 6 der Verfassung des Kantons Zürich heißt es etwa:
Die Verfassung Frankreichs schreibt seit der Französischen Revolution die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit als erstrebenswerte Ziele vor.
Die Präambel der Verfassung Japans betont den Weltfrieden als Staatsziel. Der Artikel 9 der japanischen Verfassung verbietet die Aufstellung und den Unterhalt von Militär. (Dies wird jedoch heutzutage dahin interpretiert, dass Streitkräfte zur Selbstverteidigung erlaubt sind.)