RWE AG | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
ISIN | DE0007037129 |
Gründung | 1898 |
Sitz | Essen |
Leitung | Peter Terium (Vorstandsvorsitzender) Manfred Schneider (Aufsichtsratsvorsitzender) |
Mitarbeiter | 59.784 (2014)[1] |
Umsatz | 48,468 Mrd. EUR (2014)[1] |
Branche | Energieversorgung |
Website | www.rwe.com |
Die RWE AG (bis 1990 Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG) mit Sitz in Essen ist ein börsennotierter Energieversorgungskonzern. Am Umsatz gemessen ist er der zweitgrößte Versorger Deutschlands. Der Konzern gehört auch in den Niederlanden seit der Übernahme von Essent zu den führenden Energieversorgern und ist auch in anderen Märkten (z. B. Großbritannien, Belgien, Österreich, Tschechien, Osteuropa, Türkei) vertreten.
1898 wurde RWE mit der Firma Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG als Stadtwerk in Essen gegründet. Unter Hugo Stinnes expandierte RWE rasch zur Überlandzentrale durch niedrige Preise und Ausweitung des Absatzes. Stinnes' Erfolgsrezept beruhte auf Verstromung der Steinkohle am Standort, gleichmäßigem Absatz seiner Steinkohle und Verringerung der Lastspitzen seiner Kraftwerke. Unter Beteiligung der Kommunen als Finanzierer und Absatzmarkt stieg RWE bis 1914 zu einem der größten Stromversorger im Kaiserreich auf. 1914 ging RWE mit dem Goldenbergwerk zur Verstromung der Braunkohle im Großkraftwerk über.
Nach der großen Ausweitung der Kraftwerkskapazitäten im Ersten Weltkrieg expandierte RWE mit dem Verbund zentraler Großkraftwerke weiter. Unter dem Vorstand Arthur Koepchen wurde in den 1920er Jahren die Nord-Süd-Leitung, eine Verbundleitung auf Höchstspannungsebene, gebaut: Tagsüber floss Strom der Wasserkraftwerke nach Norden, nachts Braunkohlestrom nach Süden, um Wasser in die Speicherkraftwerke zu pumpen. 1927/29 wurden das Versorgungsgebiet des RWE im Elektrofrieden mit den anderen Stromversorgern festgelegt und 1935 im Energiewirtschaftsgesetz 1935 bestätigt. Die Marktstrukturkrise ab 1930 durch die Überdimensionierung der Großkraftwerke der 1920er Jahre löste sich durch die energieintensive Aufrüstung der Wehrmacht. Das gemischwirtschaftliche Unternehmen geriet gegen Ende der 1930er Jahre zunehmend durch zentralwirtschaftliche Tendenzen in Konflikt mit dem NS-Regime.
Durch die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg stieg RWE zum mit Abstand größten Energieversorgungsunternehmen der Bundesrepublik auf. Bis Ende der 1960er Jahre setzte RWE weiterhin auf ihre Verbundwirtschaft aus Wasserkraft und Braunkohlestrom. 1969 wechselte RWE in einer dramatischen Kurswende mit dem Auftrag für das Kernkraftwerk Biblis A die Unternehmensstrategie. Die kommenden öffentlichen Auseinandersetzungen mit der Anti-Atomkraft-Bewegung um die Neubauten von Kernkraftwerke in Kalkar und Mülheim-Kärlich prägten das Image RWE als Exponent der Kernenergie. Durch die Debatten um das Waldsterben in den 1980er Jahren geriet der Schwefeldioxidausstoß seiner Braunkohlekraftwerke in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. 1990 wurde das operative Geschäft des Mischkonzerns in den fünf Unternehmensbereichen Energie, Bergbau und Rohstoffe, Mineralöl und Chemie, Entsorgung sowie Maschinen-, Anlagen- und Gerätebau von den Führungsgesellschaften RWE Energie, Rheinbraun, RWE Dea, RWE Entsorgung, Rheinelektra und Lahmeyer getätigt. 1990 erwarb RWE in einem Konsortium anteilig großenteils die gesamte ostdeutsche Stromwirtschaft. Der Vertrag wurde im „Stromvergleich“ vor dem Bundesverfassungsgericht revidiert. In den 1990er Jahren war RWE mit RWE Telliance (1997 aufgegangen in o.tel.o) in der Telekommunikationsbranche tätig.
2000 fusionierte RWE mit seinem Konkurrenten Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen (VEW). Gleichzeitig wurden die Vorzugsrechte kommunaler Anteilseigner erworben. In den darauffolgenden Jahren hat sich RWE von einem Energie- und Wasserversorgungsunternehmen zu einem europäischen Konzern entwickelt. Im Zuge dessen reduzierte RWE langjährige Finanzbeteiligungen an Unternehmen wie Hochtief und Heidelberger Druckmaschinen.
Im Rahmen einer weiteren Konzentration auf Kernkompetenzen kündigte RWE im November 2005 an, das Wassergeschäft von RWE Thames Water in Großbritannien und von American Water in Nordamerika zu veräußern. Das Unternehmen fokussiert sich zukünftig ausschließlich auf das Energiegeschäft (Strom und Gas) in Deutschland, Großbritannien, Benelux sowie Mittel- und Osteuropa. Mit dem Verkauf der RWE Umwelt im September 2004 an Remondis ist der Ausstieg aus dem Entsorgungs-Geschäft abgeschlossen worden und mit dem Verkauf von Thames Water im Dezember 2006 der Ausstieg aus dem Wasser-Geschäft eingeleitet. Der Börsengang von American Water erfolgte im April 2008. Die Fokussierung auf die beiden Energieträger Strom und Gas wurde auch durch die Gründung des Bereichs Midstream verdeutlicht, der die Gas-Aktivitäten des Konzerns koordiniert (zum Beispiel Gaseinkauf, Gastransport, Gasspeicherung).
Im Januar 2009 wurde der Übernahmeplan des niederländischen Energieversorgers Essent bekannt. Die Europäische Kommission genehmigte diesen Plan im Juni 2009. Die Übernahme von Essent verzögerte sich, weil Essent zusammen mit dem niederländischen Versorger Delta Miteigentümer des Kernkraftwerks Borssele ist, in dessen Statuten festgelegt war, dass die Kontrolle über die Anlage in öffentlicher Hand verbleiben muss. Essent übertrug seinen wirtschaftlichen Anteil am Kernkraftwerk an RWE, die Kontrolle über das Kernkraftwerk verblieb aber in den Händen der öffentlichen Aktionäre. Die Transaktion wurde im September 2009 abgeschlossen.[2] RWE erwarb 100 % der Energy Resources Holding (ERH), die wiederum zu 30 % an der Kraftwerksgesellschaft in Borssele beteiligt ist.
Am 1. Dezember 2015 kündigte RWE an, den Konzern neu strukturieren zu wollen: In Zukunft sollen die Aktivitäten im Bereich der Erneuerbaren Energie, der Stromnetze und dem Vertrieb in einer neuen Gesellschaft gebündelt werden. Als Ziel wurde angegeben den Bereich mit frischem Eigenkapital durch eine Kapitalerhöhung um 10 Prozent versorgen zu wollen und an die Börse zu bringen oder an einen Investor zu verkaufen. In der dann deutlich größeren Tochtergesellschaft, für die noch ein Name gesucht wird, sollen rund 40.000 der 60.000 Mitarbeiter beschäftigt sein und rund 40 Milliarden Euro Jahresumsatz erzielt werden.[3][4][5] Die Aufspaltung bündelt auch die Risiken der Stromerzeugung aus Kohle in einem eigenen Geschäftsbereich. Ein möglicher Ausstieg aus der Braunkohleverstromung nach der Bundestagswahl 2017 wird damit ebenfalls einfacher.[6]
RWE war unter Jürgen Großmann als Vorstand ein Verfechter der Kernenergie und forderte eine Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke.[7] Mit dem Atomausstieg nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima wurde die noch im Jahr zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung durch den Bundestag jedoch wieder rückgängig gemacht. Daraufhin reichte RWE im April 2011 beim Verwaltungsgerichtshof Kassel Klage gegen die Abschaltung von Biblis A und B auf Grund des Atom-Moratoriums ein. Der Klage wurde stattgegeben. Daraufhin reichte RWE Klage gegen das Bundesland Hessen und gegen die Bundesregierung ein. RWE verlangt Schadenersatz wegen entgangener Gewinne aus der Stromproduktion der Reaktoren.[8]
Unter dem Vorstandsvorsitzenden Peter Terium (ab Juli 2012) leitete RWE eine Wende in der Unternehmensstrategie ein. So wurde aus finanziellen Gründen beschlossen, nicht nur in Deutschland, sondern auch international aus der mit sehr hohen Kapitalkosten verbundenen Kernenergie auszusteigen und sich an keinen weiteren Neubauprojekten von Kernkraftwerken zu beteiligen. Das Unternehmen zog sich aus bereits geplanten Kernkraftprojekten in Großbritannien zurück. Stattdessen sollten nun verstärkt die lange Zeit bekämpften erneuerbaren Energien ausgebaut werden, darunter auch die Solarenergie. RWE ist auch am Desertecprojekt beteiligt, dessen Zukunft allerdings fraglich ist.[9][10] Zudem betonte Terium, es sei rückblickend ein Fehler gewesen, die Solartechnik lange Zeit abgelehnt zu haben.[11]
Im Herbst 2015 berichteten einige Medien, dass die von RWE gebildeten Rückstellungen für den Rückbau der vom Unternehmen betriebenen AKW möglicherweise nicht ausreichend seien. Die Zeitung Rheinische Post berichtete unter Berufung auf "Berliner Kreise" von einer Finanzierungslücke von 7,5-10 Milliarden Euro. RWE bekräftigte hingegen, dass die Rückstellungen im Zeitpunkt des Rückbaus voraussichtlich ausreichen werden, um diesen zu finanzieren. Die Diskrepanzen in den Berechnungen sind offenbar zumindest teilweise auf unterschiedliche Annahmen über die Verzinsung der Rückstellungen zurückzuführen.[12] Peter Terium warnte jedoch in einem Interview davor, dass im Falle weiterer ungeplanter Belastungen des Unternehmen, insbesondere der von der Bundesregierung angedachten Braunkohleabgabe, dem Unternehmen nicht mehr genug Geld für den Rückbau zur Verfügung stehen könnte.[13]
Die energiepolitische Festlegung Deutschlands zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der CO2-Reduktion hat einen entscheidenden Einfluss auf das Geschäftsmodell des RWE. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz formuliert das Ziel, bis 2050 80 % des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Welche Rolle die Kohle - insbesondere die Braunkohle - dann noch spielen kann, ist umstritten. Nach Konzernangaben könne die Braunkohle jedoch auch bis Mitte des Jahrhunderts „einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten“.[14] RWE positioniert sich als Gegner eines Kohleausstiegs und befürwortet ein Festhalten an der Braunkohleverstromung. RWE warnt vor „Strukturbrüchen“ sollte ein Kohleausstieg in Deutschland eingeleitet werden. Nach Ansicht von Kritikern verpasst RWE mit dieser Strategie eine Lenkung des Kohleausstiegs – notwendige Anpassungen würden später umso gravierender ausfallen. [15][16] Die RWE AG hat eine Betriebsgenehmigung für Garzweiler II bis 2045.
Im Jahr 2014 beschloss die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, dass die Braunkohle bis 2030 gebraucht werde[17] und entschied, den Tagebau zu verkleinern. Demnach sollen etwa 300 Millionen von insgesamt 1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle nicht mehr abgebaggert werden.[18] Nichtsdestotrotz hat RWE noch einen großen Rückhalt in der (Landes-) Politik – insbesondere in der SPD und CDU. Inwieweit sich die gesellschaftspolitische Debatte in den kommenden Jahren entwickeln wird, ist nicht abzusehen. Mit Spannung wird der Einfluss der UN-Klimakonferenz in Paris, welche dieses Jahr stattfinden wird, auf die Debatte erwartet.[19] RWE sieht sich derzeit mit einer wachsenden Anti-Kohlekraft-Bewegung im Rheinischen Braunkohlerevier konfrontiert.[20][21][22]
Zur Reduktion der CO2-Emissionen müssen Kohlekraftwerke heruntergefahren oder abgeschaltet werden. Um dieses Ziel zu erreichen gibt es verschiedene Konzepte: RWE forderte für die Abschaltung von Braunkohlekraftwerken die Einrichtung eines Kapazitätsmarkts, der durch eine Umlage bezahlt werden sollte.[23][24] Die Bundesregierung plante für 2015 eine Reform des Strommarkts, wozu auch die Einführung eines Nationalen Klimaschutzbeitrags gehören sollte. RWE sah durch die Abgabe seine Braunkohletagebaue und Braunkohlekraftwerke bedroht und den Anfang eines Kohleausstiegs in Deutschland.[25] Der Klimabeitrag wurde nach kontroverser politischer Diskussion und durch Druck der Gewerkschaften IG BCE und Verdi jedoch nicht eingeführt, stattdessen werden nun einige Braunkohlekraftwerke stillgelegt und in eine Sicherheitsbereitschaft überführt. Die Konzerne RWE, E.ON und Mibrag erhalten eine Vergütung von insgesamt 1,6 Milliarden Euro.[26][27] Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob die Sicherheitsbereitschaft europäisches Wettbewerbsrecht verletzt und eine illegale Beihilfe darstellt.[28] Die Blöcke P und Q des Kraftwerks Frimmersdorf sollen am 1. Oktober 2017 in die Bereitschaft überführt werden und am 30. September 2021 stillgelegt werden. Die Blöcke E und F des Kraftwerks Niederaußem sollen am 1. Oktober 2018 in die Bereitschaft überführt werden und am 30. September 2022 stillgelegt werden. Der Block C des Kraftwerks Neurath sollen am 1. Oktober 2019 in die Bereitschaft überführt werden und am 30. September 2023 stillgelegt werden. RWE soll somit 1.448 MW vom Netz nehmen. Es wird jedoch vermutet, dass die Braunkohlekraftwerke in Frimmersdorf und Niederaußem sowieso voraussichtlich um 2020 abgeschaltet würden. Demnach würden nur 292 MW des Blocks C in Neurath zusätzlich durch die Sicherheitsbereitschaft stillgelegt.[29][30][31]
Der niederländische Staat hat sich verpflichtet die CO2-Emissionen um 25 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Derzeit diskutiert die Regierung alle Kohlekraftwerke im Land stillzulegen - darunter auch das Kraftwerk von RWE in Eemshaven. Fraglich ist, ob RWE einen Anspruch auf Schadenersatz hat, sollten die Niederlande den Stecker ziehen.[32]
Aufgrund des günstigen Wettbewerbsumfelds, namentlich der oligopolistischen Wettbewerbsstrukturen, konnte RWE über viele Jahrzehnte hinweg gleichbleibend gute Gewinne erwirtschaften. Nicht nur im Zuge der Energiewende geriet das Unternehmen jedoch zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die vom Unternehmen betriebenen konventionellen Kraftwerke verlieren an Rentabilität, gleichzeitig hat RWE Probleme sich neue, profitable Geschäftsfelder – etwa im Bereich der erneuerbaren Energien – zu erschließen. Die RWE-Stamm- und Vorzugsaktien entwickelten sich in den letzten Jahren sowohl absolut als auch relativ zum DAX und anderen großen Indizes deutlich negativ. Das Unternehmen führt dies wesentlich auf die negativen Ertragsperspektiven der konventionellen Stromerzeugung zurück.[33] Nach Ansicht von Kritikern sei die schlechte Lage jedoch auch eine Folge mehrerer gravierender Managementfehler. Das Management habe zu lange an der Atomkraft festgehalten, den Ausbau der erneuerbaren Energien systematisch unterschätzt und an Investitionen in die Kohlekraft festgehalten.[34][35] RWE hat auch mit vielen Schwierigkeiten bei einzelnen Projekten und in verschiedenen Märkten zu kämpfen: Der Neubau von zwei zusätzlichen Blöcken des Kohlekraftwerks Westfalen verzögert sich aufgrund technischer Probleme auf unbestimmte Zeit und wird nach Schätzungen des Konzerns mindestens um 400 Millionen Euro teurer als geplant. Ursprünglich war mit einer Fertigstellung im Jahr 2012 geplant worden. Es ist fraglich, ob nach Fertigstellung die Investitions- und Betriebskosten überhaupt durch den Betrieb gedeckt werden können.[36][37] Auch in den Niederlanden investiert RWE weiterhin in die Verstromung von Kohle: Am Rand der Wattensee im niederländischen Eemshaven baut der Konzern für rund 3 Milliarden Euro ein Kohlekraftwerk mit einer Kapazität von 1.600 Megawatt.[38] In Großbritannien hat RWE Probleme mit dem Abrechnungssystem im Privatkundengeschäft und leidet unter einem Verlust von Kunden:[39] In den ersten neun Monaten des Jahres 2015 verlor RWE 200.000 Kunden und verkauft nun Strom an insgesamt 5,4 Millionen Abnehmer. Laut RWE wird es mindestens bis zum Jahr 2017 dauern bis der Konzern in Großbritannien wieder Gewinne machen wird. Für das Jahr 2015 werden die Verluste auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag beziffert. RWE geht davon aus, dass die Behebung der Probleme noch bis Ende des Jahres 2016 dauern könnten.[40] In Spanien wurde die Förderung von Solarprojekten, in welche RWE investiert hatte, rückwirkend gekürzt.[41] RWE wollte auch in das Geschäft mit der Nabucco-Pipeline einsteigen. Die Planungen wurden jedoch im Jahr 2013 eingestellt. Im Jahr 2015 einigte RWE sich außergerichtlich mit arabischen Gasunternehmen auf Zahlung eines dreistelligen Millionenbetrags wegen eines strittigen Bruchs einer Vertraulichkeitsvereinbarung.[42]
Im Jahr 2013 wies RWE erstmals seit der Nachkriegszeit ein negatives Periodenergebnis in Höhe von −2,443 Mrd. Euro aus. Dies hatte für die öffentlichen Anteilseigner teils schwerwiegende Folgen. So musste allein die Stadt Essen im Jahr 2013 ihre Beteiligung an RWE um 680 Mill. Euro abschreiben.[43]
Laut eigener Aussage will das Unternehmen künftig stärker in erneuerbare Energien investieren, um in dem neuen regulatorischen Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Management verfolgt laut Eigenaussage eine Strategie der finanziellen Konsolidierung. Ziel sei es, nachhaltiger zu wirtschaften und robuster zu werden, Expansionsstrategien sollen dagegen keine Priorität mehr haben.[44] Nach Angaben des Handelsblatts diente rund ein Drittel des investierten Kapitals des Konzerns im Jahr 2014 dennoch der Fertigstellung von Kraftwerksneubauten im Bereich der konventionellen Stromerzeugung.[45] RWE plant weiterhin mit dem Bau des neuen Braunkohlekraftwerks „Boaplus“ am Standort Kraftwerk Niederaußem.[46][47] Nach dem hohen Verlust im Jahr 2013 hat RWE seine angekündigten Investitionen in die erneuerbaren Energien zurückgefahren.[48] Im November 2013 kündigte das Unternehmen scharfe Sparmaßnahmen und die Streichung von bis zu 10.400 Arbeitsstellen bis 2016 an.[49] RWE plant das Geschäft in der Türkei auszubauen.[50]
Der Konzern umfasst die Bereiche[51]
Zudem bestehen spartenübergreifende Dienstleistungsgesellschaften wie RWE Service als zentrales Dienstleistungsunternehmen (z.B. zentraler Einkauf), RWE IT als zentrales IT-Dienstleistungsunternehmen, RWE Consulting und RWE Group Business Services.
Vorstandsvorsitzender ist Peter Terium. Weitere Vorstände sind Rolf Martin Schmitz (stellvertretender Vorstandsvorsitzender), Uwe Tigges und Bernhard Günther.[54]
Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Manfred Schneider. Stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Frank Bsirske (Vorsitzender bei ver.di).[55]
Das Grundkapital der RWE AG beträgt 1.574.000.000 Euro und ist eingeteilt in 575.745.000 Stammaktien und 39.000.000 Vorzugsaktien. Beide Aktiengattungen werden an der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt. Die Stammaktien sind seit 1988 Bestandteil des DAX. Die Anteilseigner setzen sich wie folgt zusammen:
Größter Einzelaktionär ist mit 16 % die RW Energie-Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (RWEB), die einen Teil der kommunalen Aktionäre versammelt; die größten institutionellen Investoren sind mit fünf Prozent BlackRock Financial Management und mit drei Prozent Mondrian Investment Partners.Stand: Oktober 2013[56] Die kommunalen Aktionäre sind über die Verband der kommunalen RWE-Aktionäre GmbH (VKA) organisiert, der die kommunal- und aktienrechtlich zulässige Interessenvertretung von 86 Einzelgesellschaftern bei der RWE wahrnimmt.[57] Parallel haben sich einige der Mitglieder der VKA und weitere öffentliche RWE-Aktionäre (Sparkassen, Versicherungen u.ä.) ihre RWE-Anteile in die RWEB eingebracht. Der Zusammenschluss bietet eine Reihe von zusätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Managements der RWE-Beteiligung. RWEB hielt im Oktober 2013 eine Beteiligung von 16,15 % am Grundkapital von RWE.[58]
Von 2006 bis 2010 wurde eine Dividende von 3,50 Euro pro Aktie ausgezahlt. 2011 und 2012 wurden zwei Euro pro Anteil ausgeschüttet. Im Rahmen von Sparmaßnahmen wurde die Dividende für die Geschäftsjahre 2013 und 2014 auf einen Euro halbiert und schließlich für das Geschäftsjahr 2015 für Stammaktien ganz ausgesetzt bzw. für Vorzugsaktien auf 0,13 Euro reduziert.[59]
Die gewachsene, traditionelle Unternehmenskultur von RWE ist stark von der Verwurzelung im rheinischen Bergbau und der Montanmitbestimmung geprägt. Sie ist konsensorientiert und bürokratisch.[60] Charakteristisch für den Konzern ist die wechselseitige Einflussnahme durch und auf kommunale Anteilseigner. Diese ist durch nach Aktiengesetz nicht vorgeschriebene[61] Regionalbeiräte institutionalisiert, in welchen lokale Politiker, Vertreter städtischer Energieerzeuger und weitere Interessenvertreter sitzen.[62] Diese erhalten von RWE eine Aufwandsentschädigung in Höhe von jährlich 6650[63] bis 7400 Euro.[64] Das Kopfnicken mit Büffet bezeichnen Kritiker des Konzerns als „legalisierte Korruption“.[65][63][61] Nach einem Rechtsstreit des Beirats Napp vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen seit 2011 die kommunalen Beiräte die Vergütung abführen.[66]
Auch kam es in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit immer wieder zu direkten Zuwendungen an Kommunal- und Landespolitiker; so wurde im November 2004 bekannt, dass RWE unter anderem an Hermann-Josef Arentz 60.000 Euro jährlich bezahlt und kostenlos Strom geliefert hat. Ebenso wurden an den CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer 81.800 Euro gezahlt und kostenlos Strom geliefert. Der Konzern begründete die Zahlungen mit einem „Kommunikationsfehler“. Durch diese sog. RWE-Affäre geriet RWEs Lobbyismuspolitik generell in die Kritik.
Lobbyisten des RWE Konzerns beziehen über die SPD Hausausweise des deutschen Bundestags, mit welchen sie direkten Zugang zum Gebäude haben.[67][68]
RWE betreibt zahlreiche Kraftwerke; zum größten Teil erfolgt RWEs Energieproduktion durch konventionelle fossile Kohle- und Gaskraftwerke. Für RWE ergeben sich dabei folgende Werte für 2011:[69] Die Stromerzeugung wird zu 16,7 % aus Kernenergie, zu 4,3 % aus erneuerbaren Energieträgern und zu 79,0 % aus fossilen und anderen Energieträgern realisiert.
Der CO2-Ausstoß des Unternehmens betrug im Jahr 2013 mehr als 163 Millionen Tonnen, womit der Konzern nach eigenen Angaben der größte Emittent von CO2 in Europa war.[70] Kritiker werfen RWE vor, an den konventionellen Energien, insbesondere der Kohle, festzuhalten und die erneuerbaren Energien nicht ausreichend zu fördern. Der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix ist bei RWE im Vergleich zu anderen Stromversorgern unterdurchschnittlich.[71][72]
RWE ist selbst größter Nutzer von Braunkohle in Deutschland und Betreiber des Rheinischen Braunkohlereviers und bezieht Kohle aus dem Tagebau Garzweiler, Hambach und Inden. RWE steht in der Kritik, dort für die Absenkung des Grundwassers und für Bergschäden verantwortlich zu sein.[73][74] Weiterhin wird die Zerstörung von Ortschaften und Natur durch das Abbaggern kritisiert.[75]
RWE importiert Kohle u.a. aus der Mine El Cerrejón in Kolumbien.[76][77] Dort kommt es zu Interessenskonflikten mit dem Wayúu-Volk.[78][79] RWE hat gemeinsam mit den europäischen Kohleimporteuren E.ON, Vattenfall, Électricité de France, GDF Suez, Enel und Dong Energy 2010 die Initiative „Better Coal“ ins Leben gerufen. Diese soll dafür sorgen, dass der Kohleabbau mit Verantwortungsübernahme für die Umwelt abläuft. Die Initiative wird als Greenwashing kritisiert.[79]
→ Für eine Liste der Kraftwerke von RWE siehe RWE Generation (Kern- und konventionelle Kraftwerke, sowie Wasserkraft) und RWE Innogy (Erneuerbare Energien)
Mit den Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und der EU und nachdem das von der deutschen Energiewirtschaft zunächst favorisierte Modell des verhandelten Netzzugangs zugunsten des staatlich regulierten Netzzugangs umgesetzt wurde, kam es ab 2003 zur rechtlichen Entflechtung der Übertragungs-(bzw. Fernleitungs-) und Verteilungsnetze für Strom und Gas mit der Schaffung eigens zuständiger Tochtergesellschaften.
2003 wurde Amprion (ursprünglich RWE Transportnetz Strom GmbH) als Tochterunternehmen Übertragungsnetzbetreiber im RWE-Konzern gegründet. Der Verkauf von 74,9 % der Amprion-Anteile durch RWE für einen Kaufpreis von 1 Mrd. Euro an ein Konsortium aus Infrastrukturfonds wurde im Juni 2011 angekündigt und im September 2011 abgeschlossen.[80]
2004 wurde die Thyssengas (ursprünglich RWE Transportnetz Gas GmbH) als Tochterunternehmen Fernleitungsnetzbetreiber im RWE-Konzern geschaffen. Im April 2007 leitete die EU-Kommission ein Missbrauchsverfahren gegen RWE ein unter dem Verdacht, sie habe über die RWE Transportnetz Gas Konkurrenten den Zugang zum Erdgasmarkt erschwert.[81] Die EU-Kommissarin für Wettbewerb Neelie Kroes kam zu der Beurteilung, dass RWE auf den Gastransportmärkten in Nordrhein-Westfalen den Markt beherrsche. Nach Androhung eines Bußgeldes in dreistelliger Millionenhöhe bot RWE im Mai 2008 an, sein Gastransportnetz in Deutschland innerhalb von zwei Jahren an einen unabhängigen Dritten zu verkaufen.[82] Nach langer Prüfung gab die EU-Wettbewerbsbehörde Mitte März 2009 bekannt, dass das Verfahren bei einem Verkauf des Gasübertragungsrechtes eingestellt werde. Im Dezember 2010 wurde schließlich ein Vertrag zum Verkauf der Thyssengas abgeschlossen. Der Verkauf wurde im Februar 2011 nach Genehmigung durch die Kartellbehörden vollzogen.
Die Verteilungsnetze sind weiterhin als Tochterunternehmen im Eigentum von RWE unter den jeweiligen Regionalgesellschaften.
RWE gehört zu den weltgrößten Strom- und Gasversorgern. In Deutschland ist das Unternehmen nach eigenen Angaben nach Absatzzahlen im Strommarkt auf dem ersten, im Gasmarkt auf dem dritten Rang.[83] Im Jahr 1999 befürchtete das Bundeskartellamt bei der Fusion von RWE und VEW ein wettbewerbsloses Duopol im Elektrizitätsmarkt,[84] denn zeitgleich beantragten Veba und Viag den Zusammenschluss zur E.ON. Die beiden Fusionen wurden 2000 unter weitreichenden Auflagen genehmigt.[85] 2003 stellte das Bundeskartellamt in einem Untersagungsbeschluss fest, der 2008 vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde,[86] dass E.ON und RWE ein „marktbeherrschendes Duopol“ bilden.[87] In seinem Sektoruntersuchungsbericht 2011 geht das Kartellamt auf Basis von Daten der Jahre 2007/08 unter Annahme keiner grundlegenden Veränderungen bis 2010 davon aus, dass im Bereich Stromerzeugung und -großhandel „mehrere Anbieter (RWE, E.ON, Vattenfall und gegebenenfalls auch EnBW) individuell über eine marktbeherrschende Stellung verfügen.“[88] Die Monopolkommission befand in ihrem Sondergutachten 2013, dass die individuelle Marktmacht in den derzeitigen Marktverhältnissen nicht mehr bestehe.[89]
2006 wurde RWE durch das Bundeskartellamt abgemahnt, da es kostenlos zugeteilte CO2-Zertifikate gegenüber seinen Industriekunden als Kosten geltend gemacht hatte.[90][91]
Das Bundeskartellamt leitete im März 2013 ein Verfahren wegen des Verdachts überhöhter Fernwärmepreise gegen sieben Versorgungsunternehmen ein, darunter RWE Energiedienstleistungen, Dortmund (früher: ExxonMobil/Favorit Fernwärme). Die Ermittlungen konzentrierten sich auf rund 30 verschiedene Wärmeversorgungsgebiete, verteilt über fast alle Bundesländer.[92]
RWE bietet seinen privaten Kunden über verschiedene Vertriebsgesellschaften, Beteiligungen (z.B. an enviaM, Süwag Energie) und unter verschiedenen Markennamen Strom und Gas an.
Rund vier Millionen Kunden beziehen nach Angaben des Unternehmens Strom (und Gas) direkt über die RWE Vertrieb AG.[93] RWE verkauft Strom und Gas auch unter der Marke eprimo. Die eprimo GmbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der RWE Vertrieb AG.
Der Stromvertrieb über Haustürgeschäfte wird von Wettbewerbern und Verbraucherschützern kritisiert. Auch RWE benutzt diesen Vertriebskanal; in einigen Fällen wendeten die von RWE engagierten Kundenwerber unlautere Mittel an, um die potenziellen Kunden bei Hausbesuchen zum Stromanbieterwechsel zu bewegen. Die Stadtwerke von Bochum, Emmerich und Wuppertal setzten vor Gericht per einstweiliger Verfügung durch, dass RWE falsche Behauptungen bei Haustürgeschäften unterlassen muss.[94] In Aachen und Menden sind Gerichtsverfahren zu Ungunsten von RWE ausgefallen.[95]