Der Begriff nouveau roman (französisch für neuer Roman) wurde zum ersten Mal von dem Literaturkritiker Émile Henriot verwendet und bezeichnet eine in Frankreich entstandene experimentelle Literaturform der 1950er bis 1970er Jahre, die sich vom klassischen Roman in der Tradition von Honoré de Balzac und Gustave Flaubert abwendet und keine Deutung und Bewertung des Beschriebenen propagiert.
Nach einer Einteilung von Brigitta Coenen-Mennemeier sind die wichtigsten Vertreter des Nouveau Roman: Alain Robbe-Grillet, Nathalie Sarraute, Michel Butor, Claude Simon, Robert Pinget, Claude Ollier und Jean Ricardou. Vorreiter für die neue Literaturform waren u. a. Samuel Beckett und auch Sarraute, die in ihren Werken die Aspekte des konventionellen Romans wie eine stringent-chronologische Erzählführung, eine individuelle Charakterisierung der Figuren und Subjektivität nicht berücksichtigten und der Vorstellung von Literatur als einer moralischen oder politischen Kraft entgegentraten.
Die Autoren des Nouveau Roman versuchen die Welt aus einer möglichst neutralen Erzählposition zu schildern, die nur das Sichtbare aufnimmt. Relevant ist dabei nur die Oberflächlichkeit der Dingwelt, zu deren Bedeutung nicht mehr vorgestoßen werden kann. Allenfalls dem Leser bleibt die Auffindung von Sinn überlassen.
In Deutschland zeigten sich insbesondere Peter Weiss (Der Schatten des Körpers des Kutschers, geschrieben 1952, veröffentlicht 1960) und Ror Wolf (Fortsetzung des Berichts, 1964) vom Nouveau Roman beeinflusst.
Zentral war der Nouveau Roman für die frühe deutsche Dichtung im Rahmen der Pop-Art. Dieter Wellershoff entwickelte auf dessen Grundlage das Konzept des Neuen Realismus, das für Literaten wie den jungen Rolf Dieter Brinkmann zu einer grundlegenden Größe wurde.
„Die Autoren des Nouveau Roman, die auf ketzerisch-verstörende Weise die Erzählkategorien von Raum, Zeit, Kausalität und Subjekt aufhoben, hatten eine Reihe von Vorbildern gemeinsam – Marcel Proust, André Gide, William Faulkner, Franz Kafka, James Joyce.“