Langstadt Stadt Babenhausen
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Höhe: | 140 m ü. NHN |
Einwohner: | 1555 (30. Jun. 2014)[1] |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 64832 |
Vorwahl: | 06073 |
Lage der Babenhäuser Ortsteile | |
Langstadt ist ein Ortsteil von Babenhausen im Landkreis Darmstadt-Dieburg, in der Region Starkenburg (Südhessen).
Der Ort liegt auf 140 m ü. NHN , an den ersten Ausläufern des nördlichen Odenwaldes. Das Umland wird zum Großteil ackerbaulich genutzt, u. a. wird Spargel angebaut. Die höchste Erhebung befindet sich im Nordosten der Gemarkung hinter dem "Wingertsberg" gelegen mit 184 m ü.NN. Der Schlierbach durchfließt den Ort aus Richtung Südosten, bildet hier den Haaggraben und vereinigt sich im Nordwesten von Langstadt mit dem Länderbach, der von Süden her den Ortsbereich schneidet. Vom Schlierbach zweigte, ausgehend von der Straßenmühle an der Grenze zum Ort Schlierbach, ein heute nur noch schwer erkennbarer Mühlgraben zur Mühle im Nordosten Langstadts ab.
Langstadt grenzt im Nordwesten an den Babenhäuser Ortsteil Harpertshausen, im Norden an die Kernstadt Babenhausen und östlich an Schaafheim. Im Südosten grenzt es an den Ortsteil Schlierbach (Gemeinde Schaafheim) und im Süden an den Ortsteil Kleestadt (Stadt Groß-Umstadt).
Auf eine erste Besiedelung des Raumes bereits in der Altsteinzeit weisen Bodenfunde bei Groß-Umstadt hin. Objekte aus der Jungsteinzeit wurden auch auf dem Gebiet des heutigen Ortes gefunden.[2] Die Römerstraße als direkte Verbindung des Civitas-Hauptortes Dieburg zum Kastell Stockstadt, als Hohe Straße im Süden der Langstädter Gemarkung bekannt, lässt auf eine Nutzung des Geländes um 230 n.Chr. schließen.
Die Gründung von Orten mit der typischen Endung auf „-statt“, erfolgte häufig durch die Franken im 6. oder 7. Jahrhundert. 1223 wird ein Adliger namens Heinricius de Langenstad benannt. Um 1400 ist eine Langstädter Burg (befestigtes Haus) belegt. Die erste Erwähnung von Langstadt erfolgt 1267, als das Kloster Amorbach seine Güter an das Stift zu Aschaffenburg verkauft.[3]
Das Dorf gehörte ursprünglich zur Zent Umstadt und dem Kloster Fulda, wurde zusammen mit anderen Dörfern der Umgebung 1374 an die Herrschaft Hanau verpfändet und gehörte, nachdem die Kurpfalz in dieses Pfandgeschäft mit eingestiegen war, ab 1427 zum Kondominat Umstadt. Als die Herrschaft Hanau in Folge des Pfälzischen Erbfolgekriegs 1504 ihre Rechte im Kondominat Umstadt weitestgehend verlor, konnte es aber Langstadt halten und schlug es 1521 dem Amt Babenhausen zu.[4]
Bis 1482 gehörte Langstadt zur Pfarrei Altdorf und die Langstädter Einwohner besuchten dort den Gottesdienst. 1482 wurde im Ort eine eigene Kapelle den Heiligen Antonius, Vitus und Barbara geweiht. Das Kirchenpatronat für den Kleriker dieser Kapelle wurde abwechselnd von den Grafen von Hanau und dem Pfarrer von Altdorf ausgeübt. Das Hanauer Recht war zeitweise an die von Groschlag von Dieburg verliehen. Kirchliche Mittelbehörde war das Archidiakonat St. Peter und Alexander in Aschaffenburg, Landkapitel Montat. Mit der Reformation wurde das Dorf lutherisch.
Bei einem Vergleich zwischen der Landgrafschaft Hessen, der Kurpfalz und der Grafschaft Hanau-Lichtenberg 1521 schied Hanau aus dem Kondominat aus und erhielt dafür exklusiv Langstadt, Harpertshausen, Kleestadt und Schlierbach.[5] Es gliederte diese Dörfer seinem Amt Babenhausen ein.
Nach dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., 1736, erbte Landgraf Friedrich I. von Hessen-Kassel aufgrund eines Erbvertrages aus dem Jahr 1643 die Grafschaft Hanau-Münzenberg. Aufgrund der Intestaterbfolge fiel die Grafschaft Hanau-Lichtenberg an den Sohn der einzigen Tochter von Johann Reinhard III., Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt. Umstritten zwischen den beiden Erben war die Zugehörigkeit des Amtes Babenhausen und seiner Dörfer zu Hanau-Münzenberg oder zu Hanau-Lichtenberg. Es kam fast zu einer kriegerischen Auseinandersetzung, als Hessen-Kassel mit schon sorgsam in Hanau stationiertem Militär den größten Teil des Amtes Babenhausen besetzte, auch Langstadt. Die Auseinandersetzung konnte erst nach einem langjährigen Rechtsstreit vor den höchsten Reichsgerichten 1771 mit einem Vergleich beendet werden, dem so genannten Partifikationsrezess. Langstadt wurde darin Hessen-Kassel zugesprochen. 1807 kam das Amt Babenhausen mit Langstadt unter französische Verwaltung. 1811 wurde Langstadt dem Großherzogtum Hessen zugeschlagen. Nachfolgend gehörte es dann zu folgenden übergeordneten Verwaltungseinheiten:[3]
Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen wurde Langstadt am 31. Dezember 1971 nach Babenhausen eingegliedert und ist seither ein Stadtteil Babenhausens.[6]
Belegte Einwohnerzahlen sind:[3]
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In den historischen Dokumenten ist der Ort im Laufe der Jahrhunderte unter wechselnden Ortsnamen belegt:[3] 1223 wurde der Name Langestad verwendet, 44 Jahre später (1267) erscheint die Form Langenstad. Um 1346 wird Langestad verwendet, aber bereits 13 Jahre später (1359) schon Langestat. Dann um 1414 ein Langstad, dem bereits 30 jahre später ein Langestadt (1444) folgt. Um 1450 ist dann ein Langstait erwähnt.
Am 15. Juni 1967 wurde der Gemeinde Langstadt im damaligen Landkreis Dieburg ein Wappen mit folgender Blasonierung verliehen: In geteiltem und oben gespaltenen Schild im ersten Feld ein steigender schwarzer Löwe in Silber mit roter Umrandung, im zweiten Feld drei rote Sparren in Gold und im dritten Feld, der unteren Wappenhälfte, in Blau ein stiliserter silberner Kessel.[7]
Das Wappen wird historisch wie folgt erläutert. Einer der Schutzpatronen der ersten Kapelle, der hl. Veit, wurde als Märtyrer in einen Kessel mit siedendem Öl getaucht. Dieser Kessel war auch auf dem alten Gerichtssiegel Langstadts (Landsiedelgericht). Im Hessischen Wappenbuch von 1956[8] findet man auf dem Wappen einen dreibeinigen, gelben Kessel mit zwei Griffen. Das Gemarkungszeichen, das auf der Langstädter Seite der Grenzsteine eingemeißelt ist, zeigt eine offene Acht. Diese Acht könnte den Kessel darstellen und die beiden Strahlen rechts und links könnten das Feuer bedeuten, gegen das der Hl. Veith Schutz bietet. Das Gemarkungszeichen wurde in das Wappen übernommen[2]. Die drei roten Sparren auf gelbem Feld des oberen rechten Viertels entstammen dem Wappen der Grafschaft Hanau. Das Familienwappen der Herrschaft Lichtenberg, ein aufrecht schreitender schwarzer Löwe auf silbernem Grund mit einer roten Einrahmung, nimmt das linke Viertel ein.
Das Landschaftsschutzgebiet Wingertsberg wurde am 7. Juli 1987 ausgewiesen und hat eine Größe von 20,58 Hektar. Der Zweck der Unterschutzstellung ist die Erhaltung und Förderung der Streuobstwiesen und der heckenbestandenen Raine wegen ihrer besonderen Bedeutung für das Landschaftsbild sowie für den Biotop- und Artenschutz. Extensiv genutzte Obstwiesen beherbergen zahlreiche Tier- und Pflanzenarten und gehören damit zu den vielfältigsten mitteleuropäischen Kulturlandschaften.
Die Flurbezeichnungen "Der Wingertsberg" und "Vor den Weinbergen" weisen darauf hin, dass hier früher Weinbau betrieben wurde. Bis 1890 war der Wingertsberg noch mit Rebstöcken bepflanzt. Doch die um 1850 nach Europa eingeschleppte Reblaus erreichte auch den Wingertsberg und verursachte große Schäden. Das kleine Weinbaugebiet wurde 1907 endgültig aufgegeben und die Anpflanzung von Obstbäumen begann. Wie überall in Deutschland schwand gegen Ende der 1940er Jahre das Interesse am Streuobstbau immer mehr. Viele Bäume wurden gerodet, und es blieb nur auf dem Wingertsberg ein gewisser, wenn auch lückiger Bestand übrig. 1951 wurden bei der Zählung in der Gemarkung Langstadt noch 4.339 Obstbäume vorgefunden. 1965 waren es bereits nur noch 2.007 und bei einer Kartierung 1983/84 waren nur noch 771 Obstbäume in der Feldgemarkung zu finden. Hierbei mitgezählt waren allerdings schon die ersten Neupflanzungen durch den NABU Langstadt und der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz. In der Zwischenzeit sind eine erhebliche Menge neuer Bäume gepflanzt worden; vorwiegend Apfelsorten, hier insbesondere alte und bewährte Sorten, aber auch Birne, Kirsche, Zwetschge, Walnuß, Speierling, Mispel und Maulbeere.
Von den bemerkenswerten Arten die in der Wingert heimisch sind, sind aus dem Reich der Käfer der Großer Goldkäfer, der Nashornkäfer und der Stierkäfer zu finden. Großer Fuchs, Goldene Acht, Kleiner Perlmuttfalter und Schwalbenschwanz sind Vertreter der dortigen Schmetterlinge. Vierfleckameise und Stöpselkopfameise sowie die Holzbiene, die Feldgrille, das Weinhähnchen und die Tapezierspinne finden dort Unterschlupf. Berg- und Teichmolch sowie Feuersalamander, wie auch die Blindschleiche und Zauneidechse streichen durch das dortige Unterholz. Von den ansässigen Vögeln wären Gartenrotschwanz, Neuntöter, Grau-, Grün- und Kleinspecht, sowie Wendehals, Steinkauz und Rebhuhn zu nennen.
Der Untergrund der Wingert besteht, wie in der Umgebung üblich, aus rotem Granit und Hornblendeschiefer. In der Gemarkung gibt es nur einen sehr kleinen Steinbruch, ein Aufschluss im Hornblendeschiefer in der Wingert.
Direkt im Südosten grenzt der Markwald an Grundschule, Sportplatz und Mehrzweckhalle
Anschluss an die Eisenbahn erhielt Langstadt 1870 mit dem Bau der Odenwaldbahn. Heute verbindet die Linie RE/RB 64 des Rhein-Main-Verkehrsverbundes Langstadt mit Frankfurt (Main) Hauptbahnhof, über Offenbach (Main) Hauptbahnhof und Hanau Hauptbahnhof, mit Groß-Umstadt (Wiebelsbach) und weiter bis nach Erbach im Odenwald.
Der regionale Busverkehr mit der Linie K65 läuft von Babenhausen und Hergershausen über Langstadt nach Schaafheim.
Auf der Radwander-Hauptroute 14[11] wird Langstadt auf dem Weg von Harpertshausen nach Schaafheim in Ost-West-Richtung durchquert. Babenhausen, Kleestadt und Harpertshausen sind über gut ausgebaute Radwege parallel zur Landstraße erreichbar, in Harpertshausen besteht Anschluss an den Hessen-Radweg R4. Schaafheim wird über einen teilweise nicht voll ausgebauten Waldweg angebunden.
Die Bundesstraße 26 ist leicht über Harpertshausen und Babenhausen erreichbar.
Im Rahmen von „joking relationships“ werden Orten und Stadtteilen sogenannte Ortsnecknamen zugeordnet. Die Langstädter führen hier den recht ungewöhnlichen Namen: Doudeplätscher oder in Hochdeutsch Totenschläger (nicht Totschläger). Der Name bezieht sich auf eine länger zurückliegende Begebenheit, als Langstadt noch keinen eigenen Friedhof hatte und die Toten nach Altdorf gebracht wurden (der sogenannte „Leichtweg“ bestand noch bis zur Flurbereinigung). Einer dieser Transporte betraf einen in Armut Verstorbenen, so dass der Transport der Leiche nicht bezahlt wurde. Zusätzlich geriet der Wagen auf der schlechten Strecke derart ins Schwanken, dass der Sarg herabfiel und aufsprang. Nun mussten die schlechtgelaunten Langstädter Fuhrleute auch noch zusätzlich den Leichnam wiederaufladen und den Sarg verschließen. Dies geschah notdürftig durch das Einschlagen der Nägel mit am Weg gefundenen Steinen. Dieser Vorfall wurde aus der Entfernung von den Bewohnern anderer Dörfer beobachtet und in Kenntnis des Verstorbenen und der Situation als Heimzahlung des ganzen Aufwandes an der Leiche missverstanden.
Im Anklang zum Ortsnecknamen, sei noch auf das bis 2014 existierende und in Langstadt ansässige Unternehmen, die „Schmitt & Deußer GmbH“ in der Kleestädter Str. 3, hingewiesen. Die lokale Benennung „Sargfabrik“ beschrieb treffend die Funktion dieser Großschreinerei und die Art ihrer Produkte.