Eine Landmine ist eine Explosionswaffe, die meistens verdeckt unter der Erdoberfläche verlegt wird und die in der Regel vom Opfer selbst ausgelöst wird. Man kann sie deshalb auch im weitesten Sinn als eine Sprengfalle bezeichnen. Manche Minen werden auch vom Bediener ferngezündet, der den Wirkungsbereich der Mine beobachtet. Minen und Selbstschussanlagen sind technisch kaum zu unterscheiden.
Die Nutzung von Landminen ist stark umstritten. Sie bleiben lange eine Gefahr für die Zivilbevölkerung, auch wenn der militärische Konflikt Jahrzehnte zurückliegt. Seit 1999 ist die bis April 2006 ratifizierte „Ottawa-Konvention“ zur Ächtung von Antipersonenminen in Kraft, welcher jedoch die größten Minenherstellerstaaten nicht angehören.
Das Legen von Fallen wurde von den Menschen ursprünglich zur Jagd entwickelt. Die militärische Verwendung von Fallen reicht ebenfalls weit zurück. Die Soldaten des Römischen Reichs nutzten diese Waffen systematisch (→ siehe Wolfsangel, Wolfskuhle). Sie verlegten Krähenfüße, schlugen spezielle Metalldornen mit Widerhaken in kleine Pfähle, die dann kaum sichtbar aus dem Boden hervorragten und hoben Gruben aus, die sie mit angespitzten Pfählen versahen und zur Tarnung bedeckten (sogenannte Lilia).
In China wurde das Schwarzpulver spätestens im 13. Jahrhundert als Sprengmittel in Bomben eingesetzt. Die ersten als Mine kategorisierten Waffen wurden im Kreis Togtoh in der Inneren Mongolei von Archäologen gefunden.[1] Diese stammen von den Kämpfen im Jahre 1368 und wurden von der Ming-Dynastie als Belagerungswaffe gegen die Yuan-Dynastie genutzt. Es handelt sich um bis zu 1,7 kg schwere Hohlkugeln aus Eisen mit 11 cm Durchmesser, die mit Schwarzpulver gefüllt wurden. Es gab auch Exemplare aus Keramik.
Der Begriff Mine leitet sich allerdings von Stollen ab, welche man unter feindliche Befestigungen grub, um die Mauern durch Unterminierung zum Einsturz zu bringen. Um den Effekt zu vergrößern und um die Mineure zu schützen, wurde die Mine solide mit Holz abgestützt, dann wurde leicht brennbares Material eingebracht und angezündet. Sobald die tragenden Elemente weggebrannt waren, stürzte der darüberliegende Festungsteil ein. Durch Benutzung von Schießpulver wurden diese Stollen noch wirksamer (siehe: Minenkrieg).
Seit dem 16. Jahrhundert waren Flatterminen (auch Fladderminen) bekannt, welche als Annäherungshindernis im Erdreich eingesenkt wurden und die man per Zündschnur explodieren ließ, wenn der Angreifer über sie hinwegging. Wenn Steine als Splittermaterial verwendet wurden, sprach man von Steinminen (Fougassen). Hauptsächlich wurden diese Minen im Vorfeld von Festungen installiert, seltener im offenen Feldkrieg.
Der Augsburger Büchsenmacher Samuel Zimmermann entwickelte 1547 eine selbstauslösende Mine, basierend auf dem Prinzip des Schnappschlosses. Diese Erfindung setzte sich allerdings nur langsam im Militär durch. Schwarzpulver ist hygroskopisch (feuchtigkeitsanziehend) und lässt sich schwer vor Nässe im Erdreich schützen. Erst Johann Friedrich von Flemming beschreibt 1726 in Der vollkommene Teutsche Soldat die militärische Verwendung selbstauslösender Minen.
Die ersten „modernen“ Minen (mechanischer Zünder, Sprengstoff und Splittermaterial in einem) wurden während des Sezessionskriegs eingesetzt. Sie bestanden aus Artilleriegranaten mit improvisiertem Zünder, waren also streng genommen improvisierte Sprengfallen. Am 4. Mai 1862 legten konföderierte Truppen unter Brigadegeneral Gabriel J. Raines bei der Schlacht von Yorktown an der Redoute Nummer 4 die ersten Minen, die auch wenig später Opfer forderten.
Die improvisierten Landminen wurden danach bei weiteren Konflikten wie dem Zweiten Burenkrieg oder dem Russisch-Japanischen Krieg eingesetzt, aber eher sporadisch und nicht flächendeckend.
Im Ersten Weltkrieg wurden die ersten industriell hergestellten Minen benutzt.
Zwischen den Weltkriegen wurde die Minenentwicklung stark forciert; es wurden neue Typen von Antipersonen- und Antipanzerminen entwickelt und in Massenproduktion hergestellt. Im Zweiten Weltkrieg wurden diese exzessiv genutzt, vor allem in Nordafrika sowie der Sowjetunion. Geschätzt wurden etwa 300 Millionen Antipanzerminen und eine noch höhere Zahl Antipersonenminen verlegt.[2]
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weitere Minentypen entwickelt, so auch die Antipersonenrichtmine (M18 Claymore). Auch neuartige Panzerabwehrminen wurden entwickelt, die aber eher stationäre Panzerabwehrraketen sind und mit den ursprünglichen Sprengminen keine Ähnlichkeit mehr haben. Durch die Luftwaffe, die eine immer stärker werdende Unterstützungsrolle im Bodenkrieg einnimmt, werden Wurfminen wie die Schmetterlingsmine eingesetzt.
Minen werden in der Regel defensiv als Sperrmittel eingesetzt. Der Gegner soll dezimiert, seine Bewegung soll behindert oder in eine gewünschte Richtung gelenkt werden. Schwache Gefechtsabschnitte, bedrohte Flanken und Lücken, in denen mit einem Angriff zu rechnen ist, können so geschlossen sowie aufgegebene Stellungen und Räume für den nachstoßenden Feind gesperrt werden. Durch Fernverlegung von Minen mit Artillerie oder Kampfflugzeugen können neu entstandene Schwachstellen sehr schnell für den Gegner gesperrt werden. Durch Kenntnis des Verlegeplans können eigene Truppen diesen Abschnitt aber teilweise nach wie vor betreten und selber einen Angriff starten.
Offensiv können Minen genutzt werden, wenn diese von Luftfahrzeugen in das Hinterland abgeworfen werden. So kann der Gegner an Rückzug, Truppenverlegungen und am Heranschaffen von Verstärkung und Versorgungsgütern gehindert werden.
Minen können sehr effektiv den Gegner schwächen. Insgesamt ist die Bedrohung durch sie gestiegen: Betrug die Fahrzeug-Verlustrate durch AT/AVMinen der US-Armee im Zweiten Weltkrieg noch 23 %, so stieg diese im Korea-Krieg auf 56 % und verzeichnete im Vietnamkrieg schließlich 70 %.[3] Im Vietnamkrieg waren der Großteil davon amerikanische Minen, die von nordvietnamesischen Truppen aufgenommen und neu verlegt wurden.
Die klassische Landmine ist ein flacher Behälter mit Sprengstoff und einem Zünder, der ausgelöst wird, wenn er mit einem bestimmten Gewicht belastet wird.
Es gibt mehrere Kriterien, nach denen Landminen unterschieden werden:
Beispiel der Klassifizierung in den USA für Antipanzerminen:
Überträgt man diese Systematik auf Antipersonenminen bedeutet das:
Minen führten in den letzten 30 Jahren zum Tod von ca. 1 Million Menschen. Davon waren 20 % Kombattanten und 80 % Zivilisten, die den Minen oft erst nach Beendigung des Konflikts zum Opfer fielen. Insgesamt sind ca. 25 % der Opfer Kinder.[4] Im Jahr 2003 wurden weltweit mehr als 8000 von Landminen getötete oder verstümmelte Menschen registriert, die Dunkelziffer liegt Schätzungen zufolge bei rund 20.000. Die verschiedenen Minentypen verursachen mannigfaltige Verletzungsmuster. Typischerweise sind Füße, Beine und zumeist auch die Genitalien sowie das Gehör (die Explosion schädigt in 5 Metern Umkreis) betroffen.
Gerade die nicht als Sprengkörper erkennbaren oder besonders kleinen Minen stellen vor allem für Kinder eine große Gefahr dar, weil sie die Minen in Unkenntnis aufheben.
Nach dem UN-Landminenprotokoll muss die Position von verlegten Minen notiert werden. Eingebaute Selbstentschärfungsmechanismen sollen die Minen nach einer bestimmten Zeit automatisch entschärfen. In der Realität werden Minen jedoch oft unkontrolliert, hastig und ohne Plan verlegt. Von Luftfahrzeugen abgeworfene Minen verteilen sich unregelmäßig, teilweise über weite Strecken. Da sie oft Falldämpfer in Form von kleinen Fallschirmen oder aerodynamisch wirksamen Flächen („Schmetterlingsminen“) haben, können sie eine gewisse Strecke vom Wind getragen werden. Manche kriegsführenden Parteien benutzen Minen auch mit voller Absicht gegen die Zivilbevölkerung, um eine Gegend unbewohnbar und Äcker und Weiden unbenutzbar zu machen oder schlicht Terror gegen die feindliche Bevölkerung zu üben. Hunger, Tod und lebenslange Verstümmelung Unschuldiger sind in diesen Fällen oft das Ziel und immer die Folge.
Minen kosten sehr wenig, lassen sich leicht herstellen und rasch in großen Stückzahlen verlegen. Sie sind daher insbesondere von Interesse für Kriegsparteien, die keinen Zugang zu teuren Waffensystemen haben.
Das erste internationale Abkommen war das Protokoll II der Konvention über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen von 10. Oktober 1980. Am 3. Mai 1996 wurde das Protokoll weiter ausgebaut, aber für viele Parteien gingen die resultierenden Restriktionen nicht weit genug.
Weltweiter Druck durch nichtstaatliche Organisationen und der Mut einiger Regierungsvertreter führten am 3. Dezember 1997 im kanadischen Ottawa zur Unterzeichnung des Antipersonenminen-Verbotsvertrages („Ottawa-Konvention“), der seit dem 1. März 1999 als für die Vertragsparteien bindendes internationales Recht in Kraft ist. Bis 2013 haben 156 Länder den Vertrag unterzeichnet, darunter 2 Länder, in denen die Ratifizierung noch aussteht. 39 Staaten haben die Konvention bislang nicht unterzeichnet, darunter China, Indien, Iran, Israel, Nord- und Süd-Korea, Pakistan, Russland sowie die USA.
Weil nie zuvor eine Waffe aufgrund zivilgesellschaftlichen Engagements verboten worden war, wurde der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL) 1997 der Friedensnobelpreis verliehen. Die deutsche Sektion der ICBL wird heute von Facing Finance, Handicap International und SODI vertreten.
Allerdings wird auch die Ottawa-Konvention von vielen Stellen als unzureichend bezeichnet. Zwar ist die Benutzung und Herstellung von Antipersonenminen durch die Teilnehmerstaaten einzustellen, jedoch werden Antifahrzeugminen mit leicht auslösenden Zündern, welche faktisch als Antipersonenminen wirken, nach wie vor benutzt.
Europa
Afrika
Asien und Arabien
Amerika
Restmunition und Minen finden sich aber auch an vielen anderen ehemaligen bzw. derzeitigen Kriegsschauplätzen oder Gefechtsräumen. Beispielhaft dafür sind Munitionsfunde auf Spitzbergen aus dem Zweiten Weltkrieg.
Ein positiver Nebeneffekt von verminten Gebieten ist, dass die Gebiete nicht von Menschen betreten oder gar erschlossen werden können (Sperrgebiete). Dadurch kann die Natur dort unberührt gedeihen und so auch seltenen Arten das Überleben ermöglichen. Es entstehen sozusagen unbeabsichtigt Naturschutzgebiete.
Ein Beispiel dafür ist das Sperrgebiet der Deutsch-Deutschen Grenze, das unberührte Natur und Artenvielfalt bietet. Da das Sperrgebiet inzwischen geräumt ist, wurden Teile jetzt zum „echten“ Naturschutzgebiet erklärt.[8] Weiter gesperrt sind wegen Restmunition teilweise auch weiterhin ehemalige Truppenübungsplätze der GSSD in den östlichen Bundesländern von Deutschland.
Größere Wildtiere sind durch Minen jedoch selbst gefährdet. So werden in Teilen Afrikas oder Asiens immer wieder Elefanten durch Minen schwer verletzt, was ohne menschliche Hilfe meist den Tod der Tiere zur Folge hat. Daher werden entlang der Elefanten-Wanderrouten Minen manchmal auch gezielt aus Tierschutzgründen geräumt.[9]
Die Verlegung von Minen ist relativ einfach und kostengünstig, ihre Räumung dagegen umso schwieriger und kostenintensiver. Besonders asymmetrische Konflikte wie Bürgerkriege hinterlassen gefährliche Minenfelder, weil diese bei der Verlegung selten kartografiert werden, großflächig ungezielt eingesetzt werden und der Einsatz besonders oft in Arealen zivilen Lebens erfolgt.
Minenfelder werden aus zwei verschiedenen Gründen geräumt. Zum einen aus militärischen Interessen, während eines Konfliktes das Minenfeld schnell zu durchbrechen, zum anderen aus humanitären Gründen, um das verminte Gebiet wieder bewohn- und bewirtschaftbar zu machen. Während es bei militärischen Einsätzen vor allem auf die Schnelligkeit des Räumens ankommt, ist beim humanitären Räumen die Gründlichkeit das oberste Gebot. Bei humanitären Einsätzen wird meist mit einem Metalldetektor oder mit einer speziellen Minenräummaschine gearbeitet. Minen können mit einem Verfahren für expandierende Schäume mittels Mehrkammer-Kunststoffbehältern fixiert werden. Dadurch ist der weitere Umgang mit den Minen gefahrlos durchzuführen, da ein Auslösen der Mine durch die Blockade der Auslösemechanismen wirksam verhindert wird (DPMA-Patent-Nr. 102 04 784). Beim militärischen Räumen wird z. B. mit einer Bangalore gearbeitet, um schnell einen Pfad durch das Minenfeld zu schaffen. In Mosambik werden zum Aufspüren von Landminen speziell ausgebildete Riesenhamsterratten (Cricetomys gambianus) von Apopo, einer durch Spenden finanzierten, belgischen Nichtregierungsorganisation (NGO) eingesetzt.[10]