Kritik der praktischen Vernunft (KpV) ist der Titel des zweiten Hauptwerks Immanuel Kants; es wird auch als „zweite Kritik“ (nach der Kritik der reinen Vernunft und vor der Kritik der Urteilskraft) bezeichnet und erschien erstmals 1788 in Riga.
Die KpV enthält Kants Theorie der Moralbegründung und gilt bis heute als eines der wichtigsten Werke der Praktischen Philosophie überhaupt.
Das Anliegen der KpV ist die Beantwortung der zweiten großen Frage der Vernunft: Was soll ich tun? - Die Praktische Philosophie Kants hat im Unterschied zur Frage nach dem, was wir wissen können, die Frage nach dem guten Handeln zum Gegenstand.
Zunächst weist Kant nach, dass Freiheit und Autonomie möglich sind. Obwohl die Idee der Freiheit am Anfang des Gedankengangs noch nicht „erkannt“ werden kann, ist es doch sinnvoll, die Freiheit „anzunehmen“[1]. Im Laufe des Gedankengangs wird von der vorläufig angenommenen Freiheit dann gezeigt, dass sie eine Basis im Sittengesetz hat.
Wenn der Wille sich nicht autonom bestimmt, ist der Mensch unfrei, da er dann durch Triebe und Leidenschaften (oder Fremdherrschaft) geleitet wird. Dieser Unterschied zwischen Pflicht und Neigung ist für die KpV zentral. Die moralische Pflicht ist die Basis von Freiheit.
Kant leitet die Prinzipien der Moral direkt aus der menschlichen Vernunft ab, statt aus einer göttlichen Vorschrift. Kernstück der KpV ist die Lehre vom kategorischen Imperativ, der als Kennzeichen von Moralität die strikte Verallgemeinerbarkeit von persönlichen Handlungsgrundsätzen (Maxime) verkörpert. Der kategorische Imperativ wird von Kant auch als Sittengesetz oder moralisches Gesetz bezeichnet, in der KpV nennt er ihn „Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft“ und formuliert:
„Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“
Moralisch gutes Handeln ist laut Kant Handeln nach dem kategorischen Imperativ. Der Mensch ist als Vernunftwesen frei und kann nach Grundsätzen der Vernunft handeln. Diese Fähigkeit vermag das instinkt- und lustgeleitete Handeln ebenso zu überwinden, wie ein Handeln aus pragmatischen oder taktischen Motiven.
Die Grundsätze der praktischen Vernunft sind entweder subjektive Maximen, die für den eigenen Willen Gültigkeit beanspruchen können oder objektive Gesetze, die für jeden vernünftigen Willen maßgeblich sind. Bestimmt die Vernunft selbst vollständig den Willen, ist der sich daraus ableitende objektiv notwendige Grundsatz ein kategorischer Imperativ.
Subjektive Willensbestimmungen des Begehrungsvermögens haben empirischen Charakter, denn ihr Entstehungsgrund ist das gesuchte subjektive Verhältnis zum Gegenstand der Wirklichkeit. Nach Maßgabe dieser Willensbestimmungen ist es nicht möglich, eine für jeden gültige Verpflichtung in Form eines allgemeinen Gesetzes herzustellen. Praktische allgemeingültige Gesetze der reinen Vernunft, deren objektive Notwendigkeit a priori erkannt wird, können sich daher allein auf eine bloß formale Willensbestimmung beziehen. Die reine Vernunft nötigt den von aller Kausalität freien Willen, sich einem allgemeinen Gesetz, dem Sittengesetz zu verpflichten. Die bloße Form der allgemeinen Gesetzgebung bestimmt demnach den autonomen Willen.
Der Mensch hat als autonomes Vernunftwesen die Fähigkeit der unmittelbaren Erkenntnis seines Willens und erhebt sich in der praktischen Vernunft über seinen empirischen Charakter und seine Abhängigkeit von der Außenwelt. Er ist frei in seinem Handeln nach sittlichen Grundsätzen.