Insulinresistenz (IR) ist die Bezeichnung einer Eigenschaft einzelner Individuen. Deren Körperzellen reagieren auf das Hormon Insulin weniger als die Körperzellen gesunder Individuen. Vor allem die Muskulatur, die Leber und das Fettgewebe reagieren weniger empfindlich auf Insulin. Das beeinträchtigt die Wirkung sowohl des körpereigenen als auch des von außen zugeführten (gespritzten) Insulins.
Den Begriff der Insulinresistenz gibt es seit den 1960er Jahren. Man war der Meinung, dass die Bauchspeicheldrüse bis zu 200 Internationale Einheiten (I.E.) Insulin pro Tag ausschütten könne und definierte als „schwere Insulinresistenz“ einen Insulinbedarf von mehr als 200 I.E. über mehrere Tage, um normale Blutzuckerwerte zu erreichen. Obwohl inzwischen klargestellt wurde, dass eine normale physiologische Insulinproduktion zwischen 20 und 40 Einheiten beträgt, wird diese alte Definition weiter als sinnvoll erachtet, um damit Patienten mit schweren, ungewöhnlichen Insulinresistenzproblemen abzugrenzen.
Seit 1985 wurde der Begriff allgemeiner gefasst und bezeichnet ein vermindertes Ansprechen der Zellen des menschlichen oder tierischen Körpers auf Insulin.
Am frühen Vormittag ist die Insulinresistenz am höchsten durch die nächtliche Ausschüttung von Insulinantagonisten (siehe Dawn-Phänomen). Oft gibt es auch am späten Nachmittag einen zweiten, weniger hohen Anstieg der Insulinresistenz.
Die Insulinresistenz tritt als Phänomen beim Typ-2-Diabetes und seinen Vorstadien auf, und zwar als Störung des Stoffwechsels im Glukose- und Insulin-Haushalt der Zellen und als deren Folge mit Störungen in der Funktionalität der betroffenen Organ-Gewebe. Die genauen Mechanismen, welche zur Insulinresistenz führen, sind derzeit noch in intensiver Erforschung.
Die Insulinresistenz betrifft sowohl schlanke als auch übergewichtige Typ-2-Diabetiker, allerdings ist Übergewicht ein wesentlicher Risikofaktor. Die Kombination aus familiärer Disposition (sowohl für Adipositas, für Diabetes mellitus Typ 2 wie auch für die herabgesetzte Insulinempfindlichkeit), zu reichlicher Kalorienzufuhr und zu geringer körperlichen Bewegung führt zu einem Missverhältnis von Energiezufuhr und -verbrauch und steigert die Konzentration an freien Fettsäuren im Blut, was wiederum die Glukoseverwertung im Muskel- und Fettgewebe stört. Diese Verwertungsstörung der Glukose charakterisiert die Insulinresistenz. Als Reaktion kommt es zu einer gesteigerten Insulinausschüttung (Hyperinsulinismus). Dies führt zu einer Herabregulation der Insulinrezeptoren an den Zellen, die Resistenz nimmt weiter zu. Das Insulin als adipogener Faktor steigert die Fettspeicherung, der Mensch nimmt weiter an Gewicht zu.
Die Insulinresistenz wird gesteigert durch:
Ein erster Hinweis auf eine Insulinresistenz kann erhöhtes Körpergewicht sein. Bei allen Typ-2-Diabetikern ist eine genetisch bedingte Insulinresistenz vorhanden, kommt jedoch insbesondere bei krankhaftem Übergewicht zum Vorschein. Man nimmt heute an, dass vor allem das Fett im Bauchbereich vermehrt hormonell aktive Substanzen ausschüttet, die eine Insulinresistenz fördern und verstärken.
Als Maß für das Bauchfett kann der Bauchumfang gemessen werden sowie der Body-Mass-Index (BMI), der ab Werten von 27 kg/m² zusammen mit familiärer Prädisposition ein Hinweis auf Insulinresistenz ist.[3]
Weiterhin kann die Höhe der Triglyceride ein Hinweis auf eine Insulinresistenz sein. Bei (Triglyzerid-Werten oberhalb von 2,44 mmol/l beziehungsweise 215 mg/dl)[4] kann eine Insulinresistenz vorliegen, vor allem, wenn gleichzeitig hohe Fetuin-A-Werte gemessen werden.[5]
Das Fettgewebshormon Adiponektin wird vom Fettgewebe des insulinresistenten Menschen vermindert produziert. Erniedrigte Adiponektinspiegel zeigen eine Insulinresistenz an.
Bei der Herstellung von Insulin in der Bauchspeicheldrüse wird zunächst ein Vorläufermolekül – das sogenannte Proinsulin – synthetisiert. Das eigentliche Hormon Insulin entsteht erst durch Abspaltung des sogenannten C-Peptids. Im Rahmen der Insulinresistenz wird immer mehr Insulin, also auch überproportional viel Proinsulin hergestellt. Letzteres wird nur unzureichend in Insulin aufgespalten und lässt sich als erhöhter Proinsulinspiegel im Blut nachweisen.
Die Insulinresistenz kann beim übergewichtigen Typ-2-Diabetiker kurzfristig durch eine deutliche Reduktion der Energiezufuhr (z. B. für wenige Tage weniger als 4.200 kJ (1.000 kcal) pro Tag oder langfristig durch vermehrte körperliche Aktivität) reduziert werden.
Auch eine kurzfristige Steigerung der Insulinzufuhr auf sehr hohe Dosen, z. B. auch intravenös über eine Medikamentenpumpe oder bei subcutaner Gabe (Spritzen ins Unterhautfettgewebe) von Normal- oder Analog-Insulin (siehe Insulinpräparate) in kurzen zeitlichen Abständen von wenigen Stunden "durchbricht" nach einigen Tagen die Insulinresistenz. Nach Erreichen normaler Blutzuckerwerte ist zur weiteren Therapie dann eine deutlich geringere Insulindosis notwendig.
Der Einfluss von Ernährungsformen (z. B. Low-Fat, Low-Carb) auf den Ursprung und bei der Behandlung von Insulinresistenzen wird kontrovers diskutiert.[10][11]
Wirksame und klinisch gebräuchliche Wirkstoffe zur Senkung der Insulinresistenz sind:
Das Konzept der Insulinresistenz als grundlegende Ursache von Diabetes mellitus Typ 2 wurde zuerst von Wilhelm Falta vorgeschlagen und in Wien 1931 veröffentlicht,[12] die Idee wurde 1936 durch Harold Percival Himsworth vom Hospital der University College London bestätigt.[13]