Holzblasinstrument ist die herkömmliche Bezeichnung für Blasinstrumente, bei denen die Schwingung der Luftsäule mittels Luftblatt oder Rohrblatt erzeugt wird. Die Instrumente bestehen nicht immer aus Holz; beispielsweise waren die ersten bekannten Flöten aus Knochen hergestellt, und viele heutige Holzblasinstrumente werden aus Metall oder Kunststoffen gebaut. Andererseits besteht z. B. der Zink aus Holz, ist aber wegen der Art seiner Schwingungserzeugung zu den Blechblasinstrumenten zu zählen.
Eine genaue Abgrenzung, welche Instrumente zu den Holzblasinstrumenten zählen, ist schwierig.
Der folgende Text bezieht sich großenteils nur auf die „typischen“ Holzblasinstrumente mit Tonlöchern.
Die Luftsäule im Instrument wird durch den Spieler am Mundstück zu Schwingungen angeregt. Hier sind drei Arten der Holzblasinstrumente zu unterscheiden:
Durch Bedienung der Tonlöcher wird eine bestimmte Länge der schwingungsfähigen Luftsäule gewählt. Die Schwingung stellt sich dann durch Ausbildung einer stehenden Welle auf eine bestimmte Tonhöhe ein. Der tiefste Ton ergibt sich, wenn alle Tonlöcher geschlossen sind, die Luftsäule also die Länge des gesamten Instruments hat.
Wie bei jedem Musikinstrument ist die Schwingung nicht rein sinusförmig, enthält also nicht nur den der Länge der Luftsäule entsprechenden Grundton, sondern außerdem Obertöne. Diese bestimmen die Klangfarbe. Die Anteile der verschiedenen Obertöne hängen ab
Da sich zu Beginn jedes Tons die Schwingung der Luftsäule erst aufschaukeln muss (Einschwingvorgang), reagieren Holzblasinstrumente langsamer als etwa ein Schlaginstrument oder Klavier und müssen vorausschauend gespielt werden. Zur guten „Ansprache“ eines Instruments gehört ein kurzer Einschwingvorgang bei allen Tönen.
Die Physik der Tonentstehung in Holzblasinstrumenten ist trotz langjähriger Bemühungen noch nicht in allen Einzelheiten verstanden.
Die praktische Erfahrung und seit dem 19. Jahrhundert auch mathematisch-physikalische Überlegungen von Wissenschaftlern wie Hermann von Helmholtz und John William Strutt, 3. Baron Rayleigh brachten die Erkenntnis, dass bei einem Rohrblattinstrument mit zylindrischer Bohrung (wie der Klarinette) die Wellenlänge des Grundtons viermal so groß wie die Länge der Luftsäule ist, bei allen anderen Holzblasinstrumenten dagegen nur doppelt so groß. Dies erklärt, warum eine Klarinette bei annähernd gleicher Baugröße tiefere Töne erreicht als eine Flöte oder Oboe.
Überblasen heißen die Techniken, durch Erhöhen des Anblasdrucks oder andere Maßnahmen das Instrument in einer höheren Lage (manchmal „Register“ genannt) zu spielen. In der schwingenden Luftsäule entstehen durch das Überblasen ein oder mehrere zusätzliche Schwingungsknoten. Je nach Anzahl dieser Knoten nimmt die Frequenz der Schwingung um ein ganzzahliges Vielfaches zu: statt dem Grundton der Luftsäule wird einer ihrer höheren Naturtöne angeregt. In der Praxis lassen sich Holzblasinstrumente mit Ausnahme einiger Flöten nur bis zum dritten oder vierten Naturton überblasen.
Holzblasinstrumente werden wie andere Blasinstrumente zur näheren Beschreibung oft mit einem Tonnamen bezeichnet: Man sagt, die Oboe „ist ein C-Instrument“ oder „steht in C“, manchmal auch etwas irreführend „die Oboe ist in C gestimmt“. Gemeint ist damit die Grundtonleiter, also diejenige Durtonleiter, die auf dem Instrument am leichtesten und besten spielbar ist, wie beispielsweise C-Dur auf der Sopran- oder F-Dur auf der Altblockflöte. Je mehr eine Tonart von der Grundtonleiter abweicht, umso schwieriger ist sie spieltechnisch. Klarinettisten im Symphonieorchester benutzen deshalb nicht immer dasselbe Instrument, sondern je nach Tonart und nach den Vorgaben des Komponisten eine Klarinette in A oder in B.
Manchmal ist mit „in C gestimmt“ auch nur gemeint, dass die Noten für dieses Instrument üblicherweise in der wirklichen Tonhöhe und nicht transponiert geschrieben sind (s. Transponierendes Musikinstrument). Entsprechend bedeutet beispielsweise „in B gestimmt“ bei manchen Instrumenten (Klarinette), dass die übliche Notierung um einen Ganzton höher als der wirkliche Klang erfolgt. Für Blockflöten dagegen, die es ebenfalls mit verschiedenen Grundtonleitern gibt, sind transponierte Noten nicht üblich.
Die Stimmung im Sinne der absoluten Höhe eines bestimmten Tones – üblich des a1 – ist durch den Bau des Instruments gegeben und lässt sich, anders als bei Saiteninstrumenten, nur in sehr engen Grenzen (ca. um einen Viertelton) verändern. Moderne Instrumente haben z. B. a1 = 440 oder 442 Hz, Barockinstrumente (original oder nachgebaut) oft zwischen 395 und 415 Hz, Renaissanceinstrumente auch 466 Hz.
Holzblasinstrumente zählen zu den ersten Musikinstrumenten überhaupt. Eines der ältesten bisher entdeckten Instrumente, eine Flöte aus dem Flügelknochen eines Schwans aus einer Höhle bei Blaubeuren, wird auf ein Alter von mehr als 40.000 Jahren geschätzt. Bereits in der antiken Welt ist ein breites Spektrum an Holzblasinstrumenten durch Quellen und einzelne Funde belegt. In Europa setzte im ausgehenden 15. Jahrhundert ein erster Entwicklungsschub ein. Die verschiedenen Instrumente wurden in unterschiedlichsten Größen gebaut und die damaligen fertigungstechnischen Grenzen dabei ausgereizt. Allgemein üblich waren die Größen Sopran, Alt, Tenor und Bass in Anlehnung an das Gesangsquartett. Insbesondere Instrumente mit Doppelrohrblatt als Tonerzeuger wurden in vielen verschiedenen Ausführungen neu entwickelt oder aus mittelalterlichen Instrumenten weiter entwickelt. In der Zeit des Barock geriet ein großer Teil der Holzblasinstrumente aus der Zeit der Renaissance wieder in Vergessenheit. Anfang des 19. Jahrhunderts setzte in Europa ein zweiter Entwicklungsschub ein, der vor allem auf den neuen Fertigungstechniken zum Bau komplizierter Klappenmechaniken beruhte. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden neben den modernen Instrumenten auch wieder die Instrumente aus Mittelalter und Renaissance nachgebaut und teilweise weiter entwickelt.