Strukturformel | |||||||||
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Keine Zeichnung vorhanden | |||||||||
D-Fructose (links) L-Fructose (rechts) Fischer-Projektion, offenkettige Darstellung | |||||||||
Allgemeines | |||||||||
Name | Fructose | ||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C6H12O6 | ||||||||
CAS-Nummer |
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PubChem | 5984 | ||||||||
ATC-Code | |||||||||
Kurzbeschreibung |
farb- und geruchlose, sehr süß schmeckende Prismen oder Nadeln[1] | ||||||||
Eigenschaften | |||||||||
Molare Masse | 180,16 g·mol−1 | ||||||||
Aggregatzustand |
fest | ||||||||
Dichte |
1,59 g·cm−3[2] | ||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||
Löslichkeit |
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Sicherheitshinweise | |||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Fructose (oft auch Fruktose, von lateinisch fructus „Frucht“, veraltet Lävulose, umgangssprachlich Fruchtzucker) ist eine natürlich vorkommende chemische Verbindung mit der Summenformel C6H12O6. Fructose gehört als Monosaccharid (Einfachzucker) zu den Kohlenhydraten. Sie kommt in mehreren isomeren (anomeren) Formen vor. In diesem Artikel betreffen die Angaben zur Physiologie allein die D-Fructose. L-Fructose besitzt physiologisch keine Bedeutung.
Fructose kommt in der Natur vor allem in Früchten wie Kernobst (Äpfeln und Birnen zu je etwa 6 g/100 g)[1], Beeren (beispielsweise Weintrauben 7,5 g/100 g)[4], sowie in manchen exotischen Früchten (Granatapfel und Kaki) und im Honig (35,9–42,1 g/100 g)[5] vor. Im Haushaltszucker (hergestellt aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr) ist Fructose in gebundener Form enthalten: Rohr- oder Rübenzucker (Saccharose) ist ein Zweifachzucker, der aus je einem Molekül Glucose (Traubenzucker) und Fructose zusammengesetzt ist. Ein bedeutsamer Anteil bei der Zuckeraufnahme kommt aus industriell gefertigten Nahrungsmitteln, die mit Fructose angereicherten Sirup aus Maisstärke (high-fructose corn syrup, HFCS) enthalten.
Fructose ist eine farb- und geruchlose, leicht wasserlösliche, sehr süß schmeckende Verbindung, die prismen- oder nadelförmige, stark hygroskopische Kristalle bildet.[1] Bei 60 % Luftfeuchtigkeit nimmt sie innerhalb einer Stunde 0,28 % Wasser auf, innerhalb von 9 Tagen 0,6 %.[6] Das Monosaccharid ist optisch aktiv und kommt daher in zwei spiegelbildlichen Isomeren, den sogenannten Enantiomeren vor. Fructose gehört wegen ihrer sechs Kohlenstoffatome zur Gruppe der Hexosen und wegen der Ketogruppe zu den Ketosen (Ketohexosen). In kristalliner Form liegt sie als Sechsring (Fructopyranose) vor, gebunden als Fünfring (Fructofuranose).
Die α- und β-Anomere der jeweiligen Ringformen können in wässriger Lösung ineinander umgewandelt werden und stehen untereinander in einem Gleichgewicht. Bei 20 °C liegt in Wasser gelöste D-Fructose zu 76 % in der β-Pyranoseform, zu 4 % in der α-Furanoseform und zu 20 % in der β-Furanoseform vor.[7]
D-Fructose – Schreibweisen | ||
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Keilstrichformel | Haworth-Schreibweise | |
α-D-Fructofuranose |
β-D-Fructofuranose | |
α-D-Fructopyranose |
β-D-Fructopyranose |
Aus ökonomischen und logistischen Gründen, v.a. günstiger Transportmöglichkeiten in Tankwagen und wegen gegenüber gewöhnlichem Zucker (Kristall- / Tafel- / Haushaltszucker oder Saccharose) 20 % höherer Süßkraft ist eine zunehmende Verdrängung anderer Süßstoffe durch Fructose zu beobachten.
Im Darm wird Fructose von Menschen unterschiedlich gut, vor allem langsamer als Glucose resorbiert. Dies liegt am passiven Transport durch spezielle Proteine: zum einen durch das so genannte GLUT5 (apikal, d. h. an der dem Darmlumen zugewandten Zelloberfläche), das der Fructose Zutritt zu den Darmzellen (Enterocyten) gewährt, und zum anderen durch GLUT2 (basolateral, d. h. dem Blutkreislauf zugewandt), das der Fructose erlaubt, von den Darmzellen ins Blut zu gelangen. Glucose wird hingegen sekundär-aktiv (SGLT1, apikal), also unter Energieverbrauch, in die Zelle gepumpt. Dies geschieht reguliert über eine rückgekoppelte Hemmung. Im Gegensatz dazu fließt Fructose unreguliert ohne Energieaufwand entlang ihres Konzentrationsgradienten. Dies führt dazu, dass Fructose niemals vollständig aus der Nahrung aufgenommen wird. Vor allem bei Kleinkindern besteht daher die Gefahr, dass es bei zu hohen Fructosemengen in der Nahrung zu osmotischer Diarrhoe kommt.
D-Fructose wird in Zellen der Leber durch das Enzym Ketohexokinase in D-Fructose-1-phosphat umgewandelt – so kann sie die Zelle nicht mehr verlassen. Der Vorrat an energiereichen Phosphaten wird durch die Ketohexokinase verbraucht: ATP → ADP → AMP und die AMP-Desaminase hochreguliert. Es fällt IMP an, das über den Purinabbau die Konzentration der Harnsäure ansteigen lässt. Fructose-1-phosphat zerfällt durch die Fructose-1-phosphat-Aldolase vermittelt in Glycerinaldehyd und Dihydroxyacetonphosphat. Nach Phosphorylierung kann Glycerinaldehyd (dann als Glycerinaldehyd-3-phosphat) in die Glykolyse eintreten. Bedeutsamer ist der Abfluss der Zerfallsprodukte in die Triglyceridsynthese. Triglyceride lagern sich als Depotfett an, aber auch als Fetttröpfchen zwischen den Myofibrillen der Muskulatur. Im Fettgewebe kann Fructose auch als Fructose-6-phosphat in die Glycolyse eintreten, wenn die Glykogenreserven erschöpft sind.
Im Körper wird Fructose über den sog. Polyolweg aus Glucose hergestellt (lokal beispielsweise in der Samenblase beim Mann als Nährstoff für die Spermatozoen), bei dem Glucose zusammen mit dem Cosubstrat NADPH zu Sorbitol reduziert wird, das dann durch die Sorbitoldehydrogenase zu Fructose oxidiert wird, wobei NAD+ sich zu NADH reduziert. Netto führt dies zu einer Umwandlung von NADPH zu NADH, was für einen Teil der Langzeitfolgen eines chronisch erhöhten Blutzuckerspiegels (z. B. bei Diabetes) verantwortlich gemacht wird. NADPH wird von der Zelle auch zur Entgiftung gefährlicher Sauerstoffverbindungen benötigt. Weil bei erhöhtem Glucosespiegel im Blut jedoch mehr Glucose über den Polyolweg zu Fructose umgewandelt wird, steigt auch der NADPH-Verbrauch. Zudem sammeln sich Fructose und Sorbitol in den Zellen an, was zum einen die Zelle osmotisch schädigt; zum anderen können bestimmte Zell-Enzyme durch hohe Konzentrationen dieser beiden Zucker gehemmt werden.
Beim Menschen führen Störungen der Fructose-Aufnahme im Darm oder des Fructose-Stoffwechsels in der Leber zu Krankheitssymptomen. Klinische Bedeutung haben die häufige Fructosemalabsorption (auch intestinale Fructoseintoleranz genannt), bei der ein gestörter Fruchtzucker-Transport durch die Darmzellen angenommen wird,[8] und die seltene, aber zu ernsten Symptomen führende, hereditäre Fruktoseintoleranz (HFI), die durch eine erbliche Störung des Fructosestoffwechsels in der Leber bedingt ist, bei der Fructose nicht oder nicht in ausreichenden Mengen abgebaut werden kann.[9]
Geschätzte 30–40 % der Mitteleuropäer weisen die Fructosemalabsorption auf, wobei etwa die Hälfte Symptome zeigt.[10] Die Störung tritt vorwiegend im Kindesalter auf.[11] Nichtresorbierter Fruchtzucker wird von den Bakterien der Darmflora vorwiegend anaerob zu Kohlenstoffdioxid, Wasserstoff und kurzkettigen Fettsäuren abgebaut. Diese erzeugen Reizdarmsymptome wie Blähungen, Bauchschmerzen, breiigen, teils übelriechenden Stuhl und Durchfall.[12] Die hereditäre Fruktoseintoleranz ist sehr viel seltener; auf etwa 130.000 gesunde Menschen kommt ein von der HFI Betroffener.[13] Diese Form der Fructoseintoleranz bewirkt über eine Störung des Glucosestoffwechsels eine gefährliche Unterzuckerung (Hypoglykämie).
Lange Zeit wurde Fruchtzucker zum Süßen diätetischer Lebensmittel empfohlen. Bezogen auf Haushaltszucker hat eine 10-prozentige D-Fructoselösung eine Süßkraft von 114 Prozent.[14] Der Blutzucker steigt bei Zufuhr von Fruchtzucker deutlich langsamer an als bei Haushaltszucker.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kam jedoch bei der Auswertung vorliegender Studien zum Schluss, dass die Verwendung von Fructose als Zuckeraustauschstoff in Diabetiker-Lebensmitteln nicht sinnvoll ist, da sich eine erhöhte Fructoseaufnahme ungünstig auf den Stoffwechsel auswirke und die Entwicklung von Fettleibigkeit sowie des metabolischen Syndroms begünstigt werde.[15] Außerdem kann die erhöhte Zufuhr von Fructose das Risiko für Bluthochdruck steigern.[16]
Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung[17][18], die an Mäusen durchgeführt wurde, besteht ein Zusammenhang zwischen Fructosekonsum und Übergewicht, der nicht auf einer erhöhten Energieaufnahme beruht, sondern auf einer Beeinflussung des Fett- und Kohlenhydratstoffwechsels. In der Tat konnte auch in einer Untersuchung an Menschen gezeigt werden, dass Fructose vom Körper sehr viel schneller in Körperfett umgewandelt wird als Glucose.[19][20] Darüber hinaus weisen die Ergebnisse dieser Studie darauf hin, dass eine Fructoseaufnahme die Lipogenese (Fettsynthese) stimuliert und die Einlagerung von Fetten aus der Nahrung steigert. Zudem scheint die Verwendung von Fructose zu einem geringeren Sättigungsgefühl zu führen, da diese keine Insulin-Ausschüttung induziert und Insulin auch zu den Sättigungshormonen gehört.[21]
In den USA stieg die kommerzielle Verwendung von Fructose in den 1970er-Jahren drastisch an – der Verzehr von High Fructose Corn Syrup (HFCS), einer besonders fructosereichen Version des Maissirups, stieg von 0,23 kg pro Person im Jahr 1970 auf 28,4 kg pro Person im Jahr 1997.[22] HFCS wird in den USA vor allem in Softdrinks eingesetzt, wobei der Fructosegehalt auf bis zu 90 % (HFCS-90) gesteigert wird. Dieser Süßstoff ist für den Hersteller besonders kostengünstig, da in den USA die Maisproduktion subventioniert wird, wohingegen der Zuckerimport verzollt werden muss. Diese signifikante Änderung in der Zusammensetzung der Zuckerzusätze zu Lebensmitteln wurde vorgenommen, ohne dass die möglichen Wirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel zuvor umfassend untersucht wurden.[22]
Nach einer Studie der Arbeitsgruppe um M. C. Moore der Vanderbilt University (Nashville, Tennessee)[23] verbessern geringe Mengen Fructose sowohl bei gesunden Menschen als auch bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 die Glucose-Toleranz und die glykämische Antwort ohne gesteigerte Insulinsekretion. In einer weiteren Studie,[24] in der Probanden 5 Wochen lang große Mengen Fruchtzucker zu sich nahmen, zeigte sich ein starker Anstieg von Cholesterin und Triglyceriden im Blut, allerdings nur bei den männlichen Testpersonen.
Eine Ernährung, die mit Fructose angereichert ist, führt in Tierversuchen zu Insulinresistenz und Fettleibigkeit. Auch für Menschen konnte eine mit einer fructosereichen Diät einhergehende deutliche Abnahme der Insulinsensitivität nachgewiesen werden, und zwar wesentlich stärker als bei einer glukosereichen Diät. Der Anstieg des Konsums an Fructose wird aufgrund dieser Wirkung mit der Zunahme des metabolischen Syndroms, einem Risikofaktor für koronare Herzkrankheiten, in Zusammenhang gebracht.[22]
Neuere Untersuchungen von Manal F. Abdelmalek und Kollegen deuten darüber hinaus darauf hin, dass nicht nur der übermäßige Konsum von alkoholischen, sondern auch der von fructosehaltigen Getränken wie Limonaden und anderen gesüßten Softdrinks zu Schädigungen der Leber bis hin zur Fettleber (Steatosis hepatis) mit einhergehender krankhafter Vermehrung des Bindegewebes (Fibrose) führen kann.[25] Der in den letzten Jahren rapide ansteigende Fructosekonsum spielt damit nicht nur eine wichtige Rolle bei der Entstehung des metabolischen Syndroms, sondern stellt nach neueren Untersuchungen einen eigenständigen Risikofaktor für nicht-alkoholbedingte Fettlebererkrankungen (nonalcoholic fatty liver disease) dar.[26]
Verschiedene prospektive Studien mit jeweils mehreren tausend Probanden legen zudem den Verdacht nahe, dass der Konsum von Softdrinks und (damit einhergehend) Fructose sehr stark mit dem Risiko für Gicht (Urikopathie) assoziiert ist. Auch fructose-reiche Früchte und Fruchtsäfte scheinen das Risiko zu erhöhen, an Gicht zu erkranken, während von Diät-Limonaden diesbezüglich keine Gefahr ausgeht.[27][28][29]
§ 12 der Verordnung über diätetische Lebensmittel (sogenannte Diätverordnung) regelte einst die Zusammensetzung von speziellen Produkten für Diabetiker. Seit dem 1. Oktober 2010 ist dieser Artikel gestrichen, da der Forschungsstand zu Diabetikerdiäten und Zuckerersatzstoffen zeigt, dass diese Patienten keine derartigen Produkte benötigen und dass ein erhöhter Fructosekonsum sogar schädliche Einflüsse auf die Gesundheit haben kann (siehe Text). Fructose ist die gesetzlich geschützte Bezeichnung einer Zuckerart.
Als α-Hydroxyketon wirkt Fructose reduzierend, daneben kann sie im alkalischen Milieu in Mannose und Glucose umgewandelt werden (siehe Ketol-Endiol-Tautomerie), so dass ein Gleichgewicht zwischen all diesen Isomeren vorliegt.
Die Seliwanow-Reaktion ist ein Nachweis für Ketohexosen in der Furanose-Ringform. Da sie im sauren Milieu abläuft, kommt es nicht zur Ketol-Endiol-Tautomerie. Mit Glucose fällt die Probe deshalb negativ aus.
Zunächst wird die Fructose mit Salzsäure erhitzt. Dadurch entsteht das 5-Hydroxymethylfurfural. Dieses reagiert dann mit Resorcin zu einem roten Niederschlag.