Fehlerstrom-Schutzschalter (RCD, von engl. Residual-Current Device oder RCCB, von engl. Residual-Current Circuit Breaker, sinngemäß Differenzstrom-Schutzeinrichtung) sind die am häufigsten verwendeten Geräte aus der übergeordneten Gruppe der Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen.[1] In der älteren, umgangssprachlich noch üblichen Bezeichnung FI-Schalter steht „F“ für das Wort Fehler und „I“ für das Formelzeichen der elektrischen Stromstärke.[2] Durch den Einfluss der internationalen Normung wird seit 2008[3] allgemein das Kürzel „RCD“ auch in den deutschsprachigen Normen verwendet.
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen jeder Bauform verhindern gefährlich hohe Fehlerströme gegen Erde und tragen so zur Reduzierung lebensgefährlicher Stromunfälle in Niederspannungsnetzen maßgeblich bei. Sie werden grundsätzlich den üblichen Überstromschutzeinrichtungen vorgelagert und zusätzlich zu diesen in den Niederspannungsverteilern installiert. Es gibt auch die Kombination in Form des RCBO, welcher die Funktion der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung und des Leitungsschutzschalters in einem Gerät vereint. Für den Fehlerstromschutz einzelner Steckdosen in Altanlagen sind auch RCD-Steckdosen verfügbar.
Nach DIN VDE 0100-100 ist die Sicherheit von Personen, Nutztieren und Sachwerten hinsichtlich der Gefahren und Schäden sicherzustellen, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch elektrischer Anlagen entstehen können. Darunter fallen insbesondere Gefahren, die beim Berühren unter Spannung stehender Teile von elektrischen Anlagen entstehen können. Dieser Schutz kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen zielen ergänzend zu den Maßnahmen „Schutzerdung und Schutzpotentialausgleich“ (gemäß DIN VDE 0100-410)[4] auf die zeitlich begrenzende Maßnahme ab. Sie schützen gegen das Bestehenbleiben – nicht das Entstehen – eines unzulässig hohen Berührungsstroms (siehe auch Berührungsspannung). Sie sind ein wirkungsvolles Mittel zur Vermeidung von gefährlichen Stromunfällen, insbesondere dem Erdschluss über den Körper.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt für den Einsatz von Fehlerstromschutz-Einrichtungen ist der Brandschutz. In der Brandschutztechnik wird eine Fehlerleistung von mehr als 60 Watt bei längerer Einwirkdauer als möglicher Brandauslöser eingestuft. Unter bestimmten Voraussetzungen muss sogar bei geringeren Leistungen mit Brandgefahr gerechnet werden. Aus brandschutztechnischen Gründen werden daher Schutzeinrichtungen, Melde- oder Überwachungsgeräte mit einem Bemessungsfehlerstrom/Ansprechstrom ≤ 300 mA empfohlen.[5] Solche Schutzeinrichtungen für den vorbeugenden Brandschutz haben typisch eine verzögerte Auslösung und eignen sich auch bedingt durch den hohen Bemessungsfehlerstrom nicht für den Personenschutz.
Im Gegensatz dazu dienen Überstromschutzeinrichtungen wie Leitungsschutzschalter oder Schmelzsicherungen, die allgemein als „Sicherungen“ bezeichnet werden, hauptsächlich dem Schutz von Geräten und Installationen und bieten deshalb keinen hinreichenden Schutz vor Stromschlag: „die Sicherung schützt die Leitung, die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung den Menschen“.[6]
Voraussetzung für ein verlässliches unmittelbares Auslösen der Fehlerstromschutz-Einrichtung bei einem unzulässig hohen Fehlerstrom ist eine normgerechte Auslegung der Kundenanlage, speziell hinsichtlich Schutzerdung und Potentialausgleich. Bei einfachen Fehlern wird durch den Erdkontakt eines betriebsmäßig spannungsführenden Leiters ein Stromkreis über den Schutzleiter oder über die Erde gebildet. Die netzseitigen Voraussetzungen sind bei europäischen Niederspannungsnetzen (bis auf Ausnahmen wie z. B. in IT-Systemen, bei denen Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen nur zur Erkennung von Mehrfachfehlern eingesetzt werden können) generell gegeben und werden durch den jeweiligen Verteilnetzbetreiber (VNB) gewährleistet. In den Abschnitten eines TN-C-Systems, in dem der Schutzleiter (PE-Leiter) gleichzeitig Neutralleiter (N-Leiter) ist (und als PEN-Leiter bezeichnet wird), kann eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung erst nach der Aufspaltung in getrennte PE-Leiter und N-Leiter eingesetzt werden. Nach der Aufspaltung wird der N-Leiter über die Fehlerstromschutz-Einrichtung geführt. Diese Aufspaltung des PEN-Leiters erfolgt üblicherweise im Hausanschlusskasten, womit dies keine weiteren Auswirkungen auf die normale Haus- bzw. Wohnungsinstallation hat.
Der Fehlerstrom-Schutzschalter löst bei Überschreitung eines bestimmten Fehler-/Differenzstroms aus und schaltet den betroffenen Stromkreis allpolig, das heißt alle aktiven Leiter, vom vorgelagerten Netz ab.
Differenzströme treten auf, wenn durch den menschlichen Körper oder über eine schadhafte Isolierung ein Fehlerstrom fließt. Dazu vergleicht der Fehlerstrom-Schutzschalter die Höhe des hin- mit der des zurückfließenden Stromes. Die vorzeichenbehaftete Summe aller durch den Summenstromwandler des Fehlerstrom-Schutzschalters fließenden Ströme muss bei einer fehlerfreien Anlage immer Null sein. Vereinfacht ausgedrückt muss der Strom, der zum Verbraucher fließt, genauso groß sein wie der Strom, der vom Verbraucher zurückfließt.
Der Vergleich erfolgt in einem Summenstromwandler. Dieser hat zwei oder mehr durchlaufende Leitungsadern (Primärwicklungen). Sie sind so geführt, dass ihre Induktionswirkung sich im Normalfall gegenseitig aufhebt, kein Magnetfluss im Wandlerkern induziert wird und kein Sekundärstrom fließt. Der Wandler „addiert“ also alle zum und vom Verbraucher fließenden Ströme vorzeichenrichtig. Fließt aus einer Ader ein Teilstrom zur Erde (Fehlerstrom), so ist die Summe von hin- und zurückfließenden Strömen im Wandler nicht mehr Null. Dies hat einen Strom in der Sekundärwicklung zur Folge. Der Sekundärstrom löst über den Haltemagnet-Auslöser ein Schaltschloss aus, das die Leitung allpolig abschaltet.
Die Schutzwirkung eines Fehlerstrom-Schutzschalters ist in folgenden Fällen nicht gewährleistet:
Der Summenstromwandler enthält einen Ringkern, gewickelt aus kristallinem oder nanokristallinem weichmagnetischem Band. Ferritkerne sind wegen der zu geringen Permeabilität nicht geeignet. Um die notwendige Leistung für das Auslösen des Fehlerstrom-Schutzschalters zu erreichen, sind Ringbandkerne mit einer gewissen Größe und Masse notwendig, typische Abmessungen sind Außendurchmesser etwa 25 mm, Innendurchmesser etwa 15 mm, Höhe 20 mm, typisches Gewicht 40 g. Dieser Kern ist typisch mit einer zweischaligen Isolierhülle verkapselt. Darüber kommen die gefädelten – 2 oder 4 – Wicklungen mit je 1 Windung aus dickem Kupferlackdraht.
Der Haltemagnet-Auslöser besteht aus einem Dauermagneten, zwei Schenkel mit magnetischem Nebenschluss und einem Anker aus weichmagnetischen Material sowie einer Erregerwicklung. Der magnetische Fluss des Dauermagneten führt über beide Schenkel und den Anker. Dadurch wird der Anker entgegen der Federkraft zum Schaltschloss festgehalten. Fließt nun ein Strom in der Erregerwicklung, wird ein zweiter magnetischer Fluss erzeugt. In einer Halbwelle verstärkt sich der Gesamtfluss und in der anderen Halbwelle wird er so geschwächt, dass die Feder den Anker von den Polflächen der beiden Schenkel zieht. Es kommt zur Auslösung des Schaltschlosses und Abschaltung der betroffenen Stromkreise.
Es gibt in der Summe drei wesentliche Typen von Fehlerstrom-Schutzschaltern, welche je nach Art des Fehlerstroms, den sie erfassen können, wie laut nebenstehender Abbildung unterschieden werden:
Der Einsatz von Typ B ist insbesondere bei Wechselrichtern und Frequenzumrichtern, welche im Bereich des Zwischenkreises mit Gleichrichtern arbeiten, wesentlich. Herkömmliche RCD vom Typ A würden bei einem Erdschluss hinter der Gleichrichterbrücke durch den dann vorhandenen Gleichfehlerstrom vormagnetisiert und funktionsunfähig.[7]
Es gibt auch kombinierte RCD mit Leitungsschutzschaltern (LS) (z. B.: 30 mA RCD und 13 A Leitungsschutzschalter), welche als RCBO (umgangssprachlich „FI/LS“) bezeichnet werden. Ein RCBO mit der Polzahl 1P + N hat typisch die gleiche Einbaubreite (bzw. die gleiche Anzahl der Teilungseinheiten, Abkürzung TE), wie ein zweipoliger Leitungsschutzschalter oder wie ein zweipoliger FI Schutzschalter (zwei TE),
Um einzelne Steckdosen mit RCD abzusichern, sind auch RCD-Steckdosen (SRCD) (umgangssprachlich „FI-Steckdosen“) verfügbar. Allerdings stellen diese nur einen zusätzlichen Schutz dar und ersetzen nicht einen herkömmlichen RCD nach DIN EN 61008-1 (VDE 0664-10), wo dieser gefordert wird.
Wichtigster Kennwert ist der Bemessungsfehlerstrom IΔn, bei dem ein Fehlerstrom-Schutzschalter spätestens auslösen muss. Werte für IΔn sind 10 mA, 30 mA, 100 mA, 300 mA, 500 mA und 1 A.[8] In der Praxis erfolgt die Auslösung eines rein sinusförmigen Wechselfehlerstroms zwischen 0,6 · IΔn und 0,8 · IΔn.
Der Nichtauslösefehlerstrom IΔn0 beträgt 0,5 · IΔn für einen rein sinusförmigen Wechselfehlerstrom. Ein Fehlerstrom-Schutzschalter darf erst oberhalb des halben Bemessungsfehlerstroms auslösen.
Der Bemessungsstrom In ist ein festgelegter Wert, der von einem Fehlerstrom-Schutzschalter dauerhaft geführt werden kann. Vorzugswerte für In sind 10 A, 13 A, 16 A, 20 A, 25 A, 32 A, 40 A, 63 A, 80 A, 100 A und 125 A.
Zum Personenschutz ist ein maximaler Ansprechstrom von 10 mA oder 30 mA und für den Brandschutz einer von 300 mA vorgeschrieben. Die maximale Auslösezeit für nicht-selektive Fehlerstrom-Schutzschalter ist laut VDE-Norm DIN VDE 0100-410:2007 Tabelle 41.1 auf 400 ms im TN-Netz (bei Nennspannung 120 V bis 230 V) bei einfachem Nennfehlerstrom festgelegt. Bei 5-fachem Nennfehlerstrom muss der Fehlerstromschutzschalter unter 40 ms auslösen.
Abschaltzeiten:
Nichtauslösezeiten sind nur für selektive Fehlerstrom-Schutzschalter definiert. Die kürzesten Nichtauslösezeiten betragen 0,13 s bei einem Strom von IΔn, 0,06 s bei 2 · IΔn und 0,05 s bei 5 · IΔn.
Um Selektivität zu erreichen, können Fehlerstrom-Schutzschalter in Reihe geschaltet werden. Dabei soll nur der dem fehlerbehafteten Stromkreis unmittelbar zugeordnete Fehlerstrom-Schutzschalter ohne Zeitverzögerung auslösen. Dieser Schutzeinrichtung wird zusätzlich ein Fehlerstrom-Schutzschalter mit Zeitverzögerung vorgeschaltet und ist mit dem Symbol für Selektivität gekennzeichnet. Eine Selektivität liegt vor, wenn:
Fehlerstrom-Schutzschalter mit Zeitverzögerung werden oft auch als selektiver oder zeitverzögerter Fehlerstrom-Schutzschalter bezeichnet. Wie bei Überstrom-Schutzeinrichtungen ist das Ziel, eine höhere Verfügbarkeit der elektrischen Anlage durch Selektivität zu erreichen. Des Weiteren ist noch zu beachten:
Um ungewollte Auslösungen zu verhindern, werden Fehlerstrom-Schutzschalter mit Kurzzeitverzögerung verwendet. Ursachen für ungewollte Auslösungen können sein:
Die höchstzulässigen Abschaltzeiten sind gleich denen von Fehlerstrom-Schutzschaltern ohne Zeitverzögerung. Die Kennzeichnung erfolgt herstellerspezifisch, beispielsweise von:
Die Verwendung von Fehlerstrom-Schutzschaltern mit Zeitverzögerung (Selektivität) ist ebenfalls möglich, wenn auf die Maßnahme zusätzlicher Schutz verzichtet werden darf.
In deutschen Normen wurden früher folgende Begriffe verwendet:
Im Handel finden sich auch:
Für Fehlerstrom-Schutzschalter, die mit Leitungsschutzschaltern kombiniert sind, wurden folgende Bezeichnungen verwendet:
Die Unterscheidung in netzspannungsunabhängige und netzspannungsabhängige Schutzgeräte wird in englischsprachigen Normen nicht gemacht und auch in den IEC- und EN-Normen nicht benutzt. In den internationalen Gerätenormen werden folgende Bezeichnungen verwendet:
In den Errichtungsbestimmungen für elektrische Anlagen werden Fehlerstrom-Schutzschalter einheitlich unter einem übergeordneten Begriff RCD geführt. Eine Differenzierung zwischen FI, DI oder speziellen Bauformen wird in den Errichtungsbestimmungen für elektrische Anlagen nicht mehr vorgenommen. Hier ist das Schutzziel entscheidend. Dieses muss in Abhängigkeit vom Einsatzort mit unterschiedlichen Bauformen realisiert werden.
Der Einsatz von Fehlerstrom-Schutzschaltern wird in vielen Ländern bei Neuinstallationen oder Änderungen im Haushalts- und Industriebereich zumindest für Steckdosen (bis 20 A oder 32 A) (etwa DIN VDE oder ÖVE) zusätzlich zu den installierten Überstromschutzorganen zwingend verlangt.[12] Ein Fehlerstrom-Schutzschalter mit einer Auslösestromdifferenz von 300 mA wird als Brandschutz der gesamten elektrischen Anlage von einigen Energieversorgungsunternehmen oftmals vorgeschrieben, wenn die Hauseinspeisung nicht über Erdkabel, sondern über Dachfreileitungen erfolgt.
In Europa sind, bis auf Großbritannien, netzspannungsunabhängige FI-Schutzschalter (RCD) vorgeschrieben. Die dahinterstehende Sicherheitsphilosophie stellt die Zuverlässigkeit der elektronischen Verstärkerschaltungen in Frage, welche in den einfacheren und kleineren elektronischen DI-Schaltern (Differenzstrom-Schutzschalter) im englischsprachigen Raum angewendet werden.
In Deutschland sind Fehlerstrom-Schutzschalter seit dem 1. Mai 1984 für Räume mit Badewanne oder Dusche in Neubauten gefordert (einzige Ausnahme: fest angeschlossene Warmwasserbereiter). Seit dem 1. Februar 2009 müssen in Neubauten außerdem alle Steckdosen-Stromkreise mit einem Bemessungsstrom bis 20 A, welche für die Benutzung durch Laien und zur allgemeinen Verwendung bestimmt sind, mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungsdifferenzstrom IΔn von max. 30 mA ausgestattet sein (im Außenbereich für Endstromkreise[13] bis 32 A).
Die dafür verbindlichen Normen sind die DIN VDE 0100-701:2008-10 (für Räume mit Badewanne oder Dusche) und die DIN VDE 0100-410:2007 (Abschnitt 411.3.3 – für Steckdosenstromkreise). Die Übergangsfrist für die vorhergegangene Ausgabe 1997-01 ist am 1. Februar 2009 abgelaufen.
Für überdachte Schwimmbäder und Schwimmbäder im Freien sowie für Räume und Kabinen mit Saunaheizungen gibt es ebenfalls die Forderung nach Fehlerstrom-Schutzschaltern.
Der oftmals missverständlich angewendete Begriff „Feuchtraum“ bezieht sich nicht auf Bäder oder Toiletten in Wohnräumen. Gemäß Definition in der DIN 68800 handelt es sich um einen Feuchtraum, wenn längerfristig eine Luftfeuchtigkeit oberhalb 70 % vorhanden ist. In der DIN VDE 0100-200:2008-06 Abschnitt NC.3.3 werden Küchen in Wohnungen und Baderäume in Wohnungen und Hotels in Bezug auf Installation explizit als trockene Räume eingestuft (da in diesen Räumen nur zeitweise Feuchtigkeit auftritt).
Für Altanlagen gibt es keine Nachrüstpflicht. Das heißt, eine Anlage darf weiter betrieben werden, wenn die Anlage zum Zeitpunkt ihrer Errichtung den damals geltenden Normen und Richtlinien entsprochen hat und diesen heute noch entspricht.
In Deutschland ist unter folgenden Umständen jedoch die Nachrüstung eines Fehlerstrom-Schutzschalters unumgänglich wenn:
Anmerkung: Der bloße Austausch eines Betriebsmittels am Beispiel einer Steckdose erfordert keine Anpassung an neue Normen. Wird jedoch die Steckdose an eine andere Stelle versetzt oder ein Steckdosenstromkreis um eine weitere Steckdose erweitert, dann ist zumindest dieser Stromkreis an den aktuellen Stand der Technik (Normenlage) anzupassen.[14]
Auch in der Landwirtschaft müssen, insbesondere bei Tierhaltung, Fehlerstrom-Schutzschalter verwendet werden. Die Reduzierung der dauernd zugelassenen Berührungsspannung auf 25 V Wechselspannung und 60 V Gleichspannung ist nach DIN VDE 0100-705:2007-10 entfallen.
In Österreich ist ein Fehlerstrom-Schutzschalter mit einem Nennfehlerstrom von max. 30 mA nach ÖVE E8001-1/A1:2013-11-01 für alle Stromkreise vorgeschrieben, in denen sich Steckdosen befinden und deren Nennstrom 16 A nicht übersteigt.
Auf Baustellen ist für alle Steckdosenstromkreise mit einem Nennstrom bis 32 A und in landwirtschaftlichen sowie gartenbaulichen Betriebsstätten (nicht in den angrenzenden Wohnhäusern), in Saunabereichen, in Schwimmbädern, in Schwimmanlagen im Freien, in Experimentierständen in Unterrichtsräumen, in medizinisch genutzten Räumen, in Badezimmern, auf Campingplätzen, auf Bootsanlegestellen und in Wandlampen im Handbereich von Umkleidekabinen unabhängig von deren Nennstrom, ein Zusatzschutz vorzusehen.
In der Schweiz waren bis 2009 laut Niederspannungs-Installations-Norm (NIN) 2005 4.7.2.3.1-8 max. 30 mA vorgeschrieben für Bade- und Duschräume, Steckdosen im Freien, feuchte und nasse Räume, korrosive Umgebungen und explosionsfähige Atmosphären, Baustellen, Messeplätze, Jahrmärkte, Festplätze, elektr. Versuchsanordnungen. (jeweils alle Steckdosen ≤ 32 A).
300 mA sind für Installationen in korrosiven Umgebungen, explosions- und feuergefährdeten Räumen sowie in landwirtschaftlichen Betrieben für die gesamte Installation vorgeschrieben, wobei in der Landwirtschaft alle Steckvorrichtungen mit Fehlerstromschutzschaltern 30 mA ausgerüstet sein müssen.
Auf den 1. Januar 2010 trat die neue NIN 2010 in Kraft. Ab sofort muss jede frei zugängliche Steckdose ≤ 32 A mit einem max. 30-mA-FI-Schutzschalter geschützt sein. Ausnahmen sind zum Beispiel: Steckdosen in IT-Anlagen, bei denen die Betriebssicherheit wichtiger ist und der Raum mit Zutrittskontrolle nur von einem instruierten Personenkreis betreten werden kann.
Im Wohnungsbau wird grundsätzlich der Typ A für alle Anwendungen eingesetzt.
Für die Prüfung der zulässigen Abschaltzeit in der Installation gilt für Stromkreise ≤ 32 A 0,4 s. Die Prüfung mit dem halben und dem ganzen Differenzstrom mit einer Auslösezeit von < 0,3 s ist eine reine Geräteprüfung und hat für den SiNa keine Bedeutung.
In IT-Systemen muss die gesamte Niederspannungsinstallation geschützt werden. Im Neubaubereich spricht heute nichts mehr dagegen, die komplette Stromversorgung abzusichern. Es ist empfohlen mindestens 2 RCDs in einen Wohnungsunterverteiler zu installieren, damit nicht die komplette Anlage im Fehlerfall abschaltet.[15] Das kann unter Umständen hinderlich sein, so dass man die per Fehlerstrom-Schutzschalter geschützten Stromkreise eingrenzen sollte. Bei der Auswahl sind auch allfällige Leckströme elektronischer Verbraucher (z. B. EVG) oder deren mögliche Fehlerstromart (z. B. eingebauter Frequenzumrichter in Waschmaschine)[16] zu beachten. Bei der Nachrüstung von Altbauwohnungen kommt es oft zu Fehlauslösungen des Fehlerstrom-Schutzschalters, deren Ursache teilweise schwer einzugrenzen ist. Oft sind falsche Verdrahtungen die Ursache, bei denen beispielsweise in Steckdosen oder Durchlauferhitzern Strom über die Schutzleiter statt über den Neutralleiter abfließt.
Abschaltungen durch Fehlerstrom-Schutzschalter können auch durch externe Ereignisse hervorgerufen werden, beispielsweise durch Überspannungsimpulse durch Blitzschläge in Freileitungen. Das kann oft zu unangenehmen Nebenwirkungen führen, wie Abschaltungen von Heizungen oder Kühlanlagen, obwohl kein Fehler in der eigenen Anlage vorliegt. Aus diesem Grund wurden auch Schutzschalter entwickelt, die in kurzem Abstand nach dem Auslösen zwei- bis dreimal selbständig nochmals die Spannung aufschalten. Nur wenn der Fehler weiterhin auftritt, bleiben sie endgültig abgeschaltet. Diese Modelle sind vor allem für ferngesteuerte Anlagen von Interesse, wo kein Personal vor Ort ist, welches den Schutzschalter wieder einschalten könnte.
Anlagenfehler können schneller gefunden werden, wenn die Endkreise geschaltete oder durch Trennklemmen unterbrechbare Neutralleiter haben.
Am Fehlerstrom-Schutzschalter befindet sich eine Prüftaste (T), mit der die Funktion des Gerätes geprüft werden kann. Von einem Außenleiter führt ein Strompfad außerhalb am Summenstromwandler vorbei zum Neutralleiter. In diesem Strompfad befindet sich die Prüftaste und ein Widerstand, der die Höhe des Differenzstromes bestimmt. Bei Betätigung der Prüftaste wird ein Fehlerstrom simuliert, der den Ansprechwert des Fehlerstrom-Schutzschalters übersteigt und zur Auslösung bringt. Die Funktionsprüfung mittels Prüftaste gibt aber keinen Rückschluss auf den ordnungsgemäßen Zustand des nachgeführten Stromkreises. Die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme in der Elektroinstallation einschließlich Ermittlung der Kennwerte des Fehlerstrom-Schutzschalters müssen mit geeigneten Prüfgeräten von einer Elektrofachkraft durchgeführt werden und sind in IEC 60364-6 (modifiziert; für Deutschland: DIN VDE 0100-600) beschrieben.
Hersteller empfehlen eine mindestens halbjährliche Prüfung durch den Nutzer. Oft wird vorgeschlagen, die Tage der Zeit-Umstellung als Gedächtnisstütze zu nutzen. Nach DGUV Vorschrift 3)[17] können auch kürzere Zeitabstände gefordert sein.
Der Auslösefehlerstrom (Ansprechwert des Fehlerstrom-Schutzschalters) muss zwischen 50 % und 100 % des Bemessungsfehlerstroms liegen. In der Praxis beträgt der Wert rund 70 %.
Nach DIN VDE 0100-600 ist die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme „Automatische Abschaltung der Stromversorgung“ nachzuweisen. Dabei sind entsprechende Anforderungen nach DIN VDE 0100-410 einzuhalten.
Die maximale Abschaltzeit nach DIN VDE 0100-410 beträgt für Steckdosenstromkreise bis einschließlich 32 A in TN-Systemen 0,4 s (bei 230 V gegen Erde, im TT-System 0,2 s). In der Praxis liegt dieser Wert bei rund 20 ms –40 ms. Die Abschaltzeit für das Gerät selbst beträgt nach Baunorm (DIN EN 61008-1, VDE 0664-10) bei vollem I∆n 0,3 s, bei 2xI∆n 0,15 s und bei 5xI∆n 0,04 s.
Zusätzlich werden die Berührungsspannung sowie der Erdungswiderstand gemessen, diese dürfen in der Norm vorgegebene Werte nicht überschreiten. Die Wirksamkeit der automatischen Abschaltung der Stromversorgung durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) muss mit geeigneten Messgeräten nach DIN EN 61557-6 (VDE0413-6) geprüft werden. Die Messwerte sind in geeigneten Prüfberichten zu dokumentieren, das kann zum Beispiel ein ZVEH-Prüfprotokoll sein.
Ein Elektrofachmann schaltet den Schalter immer mit der Prüftaste aus. Dann wird ein Strom in der Größe des Nennfehlerstromes simuliert und der Fehlerstromschutzschalter muss gemäß DIN 2010 Kapitel 4.1 innerhalb von 0,4 s auslösen.[18] Es sind kleine Handprüfgeräte und Installationstester auf dem Markt, welche diese Prüfung vom Außenleiter zum Schutzleiter ermöglichen. Die Auslösezeit wird im Sicherheitsnachweis festgehalten, bei einem 30-mA-RCD sind das in der Praxis 20 bis 30 ms. Kurzzeitverzögerte Fehlerstrom-Schutzschalter benötigen 40 bis 100 ms.
Selektive Fehlerstrom-Schutzschalter mit 300 mA für Brand- und Korrosionsschutz lösen bei der Impulsmethode (50 % und 100 % Fehlerstrom) etwa in 200 bis 400 ms aus, die Norm (NIN 6.1.3.9 / EN 61008-1) verlangt 130 bis 500 ms.
Der Fehlerstrom-Schutzschalter wurde bereits 1903 von Schuckert unter der Bezeichnung Summenstromschaltung zur Erdschlusserfassung patentiert (DRP-Nr. 160.069).[19] Kuhlmann beschreibt bei der AEG eine Methode zur Messung der Erdschlussströme im Berliner Netz. Weiterentwickelt wird die Technik, auf der auch heutige Fehlerstrom-Schutzschalter basieren, von Nicholsen (1908, USA-Pat-Nr. 959.787).[20]
Anfang der 1950er Jahre wird nach zahllosen Anregungen und technischen Studien zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der Schaltung als Schutzeinrichtung erstmals ein ausgereifter Fehlerstrom-Schutzschalter für den breiten Einsatz beim Stromkunden präsentiert.[21] Belegt ist darin für 1951 ein Fehlerstrom-Schutzschalter der Firma Schutzapparate-Gesellschaft & Co. mbH. KG, Schalksmühle/Westf. (Schupa) mit der Handelsbezeichnung Spinnennetz,[22] der in zwei-, drei- und vierpoliger Ausführung für einen Nennstrom von 25 A und Spannungen bis 380 V bei einem Auslösefehlerstrom von 0,3 A ausgelegt war. Eine geringere Auslöseschwelle wurde diskutiert, jedoch als wirtschaftlich unvernünftig verworfen. Die damals zulässigen Ableitströme bei Wärmegeräten hätten bei einer geringeren Auslöseschwelle auch zu häufigen Fehlauslösungen geführt.
Im Jahr 1957 entwickelte Gottfried Biegelmeier in Österreich bei Felten & Guilleaume einen Fehlerstrom-Schutzschalter. Diese wurden in Österreich im Jahr 1980 in Privathaushalten gesetzlich vorgeschrieben, wobei die Auslösestromstärke schrittweise von ursprünglich 100 mA auf 70, 65 und 30 mA herabgesetzt wurde. Seit Anfang 1985 gilt dies mit dem Inkrafttreten der Vorschrift SEV 1000-1.1985 auch in der Schweiz.