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Der Begriff Evangelium kommt aus dem Altgriechischen (εὐαγγέλιον eu-angélion) und bedeutet „gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“. Mit den Evangelien sind meistens die vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes im Neuen Testament der Bibel gemeint. Darüber hinaus sind noch weitere Evangelien überliefert, die nicht zum biblischen Kanon gehören und als Apokryphen bezeichnet werden.
Die Verfasser der vier Evangelien werden auch als Evangelisten bezeichnet.
In der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta, findet sich der Begriff evangelion mehrmals in Szenen, in denen einem König die Nachricht von einem militärischen Sieg überbracht wird. Im nachexilischen Judentum war mit Evangelium vor allem die vom Propheten Jesaja angesagte Heilsbotschaft gemeint (40,9–12 EU ).
Im Imperium Romanum bezeichnete dieser Begriff solche Nachrichten aus dem Kaiserhaus, die als „gute Nachrichten“ aufgefasst wurden.[1] Die älteste Belegstelle findet sich in der steinernen „Kalenderinschrift von Priene“ (datiert auf 9 v. Chr.), in der es über den Geburtstag des vergöttlichten Kaisers Augustus (23. September 63 v. Chr) heißt:
Bei Markus 1,1 EU erhält der Begriff eine kontrastierende Bedeutung in der Anwendung auf Jesus von Nazareth.[3] Er bezeichnet die Frohbotschaft vom Heilsgeschehen in Jesus Christus. Diese Frohbotschaft ist ursprünglich nicht etwas schriftlich Fixiertes, sondern mündliche Verkündigung.
Einige Kirchenväter bezeichneten das gesamte Neue Testament als Evangelium. Die Bezeichnung Evangelium im Zusammenhang mit den kanonischen Evangelienschriften findet sich bei dem Kirchenvater Irenäus: Das Evangelium als die eine Botschaft von Jesus Christus in vier Formen – nach oder gemäß Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Der Kirchenvater Justinus verwendet den Ausdruck in beiden Bedeutungen.
Als Evangelien gelten die am Beginn des Neuen Testaments (NT) stehenden vier Bücher. Sie berichten über das Wirken Jesu und entstanden mehrere Jahrzehnte nach dem Wirken Jesu.
Nach allgemeinem Konsens der Bibelwissenschaftler ist die ursprüngliche Sprache aller vier neutestamentlichen Evangelien das Griechische.[4][5][6][7][8] Die Verfasserangaben (wie „Evangelium nach Matthäus“ usw.) gehören nicht zum ursprünglichen Text der Evangelien, wurden aber früh hinzugefügt und sind in der gesamten Überlieferung einheitlich.[9] Es ist nicht nachvollziehbar, ob die Namen tatsächlich die ursprünglichen Namen der Verfasser sind, oder ob diese Namen einem nicht namentlich bekannten Verfasser sekundär zugeschrieben wurden.
Die Entstehungszeit der neutestamentlichen Evangelien liegt zwischen 30 oder 33 n. Chr. (dem Jahr der Kreuzigung Jesu) und ungefähr 120 n. Chr. (Belege des frühen 2. Jahrhunderts: Der Papyrus 52 ([math]\mathfrak{P}[/math]52 ), ein Fragment des Johannesevangeliums aus der Zeit Kaiser Hadrians und Kirchenväter-Zitate). In der theologischen Forschung vertritt kaum jemand die „Frühdatierung“ eines Evangeliums in die 30er Jahre, es gibt aber seit der Antike die These eines Urevangeliums. Die Diskussionen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen einer „mittleren Datierung“ der Evangelien um 60 n.Chr. und einer „Spätdatierung“ um 85 n.Chr.[11]
Trotz des nur kurzen öffentlichen Wirkens Jesu gibt es also von ihm zeitlich nähere biographische Darstellungen als von den meisten antiken Persönlichkeiten[12], z. B. wurde die früheste noch erhaltene Biographie über Augustus ein Jahrhundert nach dessen Tod von Sueton geschrieben, über Mohammed zwei Jahrhunderte nach dessen Tod von Ibn Hischām.
Um die Entstehungszeit der Evangelien zu bestimmen, werden folgende Kriterien zugrundegelegt: Stilistische Eigenheiten, wechselseitige Bezüge der Texte, theologische Unterschiede und Bezugnahmen auf historische Fakten. In der folgenden Tabelle finden sich einige Datierungsversuche:
Evangelium | Adolf von Harnack (1851–1930) | John A. T. Robinson (1919–1983) | Werner G. Kümmel (1905–1995) | Klaus Berger (* 1940) | Heute mehrheitlich |
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Matthäus | 70–75 n. Chr. | 40–60+ | 80–100 | 71 | 80–90 |
Markus | 65–70 n. Chr. | 45–60 | ca. 70 | vor 70 | um 70 |
Lukas | 79–93 n. Chr. | 57–60+ | 70–90 | 65–71 | 80–90 |
Johannes | 80–110 n. Chr. | 40–65+ | 90–100 | 68/69 | um 100 |
Obwohl die ersten drei Evangelien viele Begebenheiten ähnlich berichten, und der Inhalt des Markus-Evangeliums größtenteils bei Matthäus und Lukas enthalten ist, wurden alle vier Evangelien für den kirchlichen Gebrauch beibehalten. Es wurde weder z. B. das Markus-Evangelium weggelassen noch trat eine Evangelienharmonie (d. h. eine aus den vier Evangelien zusammengestellte durchgehende Erzählung) an die Stelle der Evangelien (die von Tatian erstellte Evangelienharmonie war zwar in der syrischen Kirche beliebt, aber verdrängte die ursprünglichen Evangelien nicht). Die entstehende Großkirche entschied sich dafür, diese vier in den christlichen Gemeinden gebrauchten Evangelien gesondert in den neutestamentlichen Kanon aufzunehmen. (Siehe dazu auch neutestamentliche Apokryphen.)
Neben den vier genannten Evangelien kursierten ab dem 2. Jahrhundert viele pseudepigraphe Evangelien, die später nicht in den Kanon aufgenommen und als apokryphe Evangelien bezeichnet werden. Von ihnen sind u. a. überliefert das Thomasevangelium, das Petrusevangelium, das Judasevangelium, das Evangelium der Wahrheit und das Philippusevangelium. Von diesen Evangelien sind z. T. nur Fragmente oder Zitate bei Kirchenvätern erhalten.
→ für einführende bibelwissenschaftliche Grundinformationen siehe die unter Bibel notierten bibelkundlichen Handbücher