Das Dehio-Handbuch (auch: „Der Dehio“) ist ein im Auftrag des deutschen Tags der Denkmalpflege von 1900 geschaffenes Verzeichnis (Kunstführer) der kunsthistorisch bedeutendsten Kunstdenkmäler und ihrer Ausstattung im deutschsprachigen Raum. Dabei orientiert sich die Auswahl bei den deutschen Bänden (anders in Österreich, wo der „Dehio“ als Denkmälerinventar bezeichnet wird) qualitativ am oberen Drittel aller Baudenkmäler.[1] Seit den 1980er Jahren werden auch zeitgenössische Bauwerke aufgenommen. Die nicht baugebundenen Werke der bildenden Kunst werden insoweit mit erfasst, als sie sich nicht in Museen und Galerien befinden. Die Baudenkmäler werden in territorial abgegrenzten Einzelbänden und dort bei den darin alphabetisch geordneten Belegenheitsorten abgehandelt. Eine in späteren Ausgaben abweichende, stark regionale Untergliederung der Einzelbände wurde aktuell zugunsten der ursprünglichen, alphabetischen Reihung wieder aufgegeben. Die Ausgabe der ersten, fünfbändigen Ausgabe begann 1905. Das Dehio-Handbuch soll sowohl Nachschlagewerk sein, als auch handlicher Begleiter bei Ausflügen und Reisen.
Hinter dem Sammelbegriff Der Dehio verbergen sich die Reihen Georg Dehio – Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler (seit 1905, erster Bearbeiter: Georg Dehio), Dehio-Handbuch – Die Kunstdenkmäler Österreichs (seit 1933/1953) und Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler Polens (seit 1993).
Der deutsche Kunsthistoriker Georg Dehio hatte 1899 die Idee zu einem Handbuch der deutschen Denkmäler. Im Jahr 1900 verfasste er dann ein „Programm zu einem Handbuche der deutschen Denkmäler“ und stellte es dem im selben Jahr in Dresden tagenden ersten deutschen Tag für Denkmalpflege vor. Nach einem positiven Votum des Tags für Denkmalpflege wurde Dehio durch eine Kommission, die aus Cornelius Gurlitt, Hugo Loersch und Adolf von Oechelhaeuser bestand, mit der Erstellung eines Handbuchs der deutschen Kunstdenkmäler beauftragt.[2] Zumindest die Herausgabe des Bands I, Mitteldeutschland, wurde mit Mitteln des kaiserlichen Dispositionsfonds gefördert.[2]
Bei der ersten, von Georg Dehio erarbeiteten Ausgabe, die zwischen 1905 und 1912 erschienen waren, war das Gebiet des Deutschen Reiches in fünf Teilbearbeitungsgebiete eingeteilt, für die jeweils ein Band herausgegeben wurde (siehe: Übersicht über alle erschienenen Ausgaben). Nachdrucke und Neubearbeitungen dieser Bände erschienen zwischen 1914 und 1944. Bis 1928 wurde das Dehio-Handbuch im Verlag Ernst Wasmuth, danach im Deutschen Kunstverlag veröffentlicht. Die Betreuung des Handbuchs oblag seit 1941 der Dehio-Vereinigung, nachdem Georg Dehio bereits 1932 verstorben war.
Das Dehio-Handbuch wird seit 1933 auch für Österreich herausgegeben. Federführend tätig für die österreichischen Bände waren anfangs Dagobert Frey und Karl Ginhart. Für die österreichischen Bände lautete der Titel der Reihe 1933–1938 „Georg Dehio. Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“, 1938–1941 „Georg Dehio. Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler in der Ostmark“, 1943 „Handbuch der Kunstdenkmäler in den Donau- und Alpengauen“ und seit 1945 „Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs“. Die Bände erscheinen im Verlag Berger (früher Verlag Schroll). Sie werden seit 1953 vom Österreichischen Bundesdenkmalamt herausgegeben.
Zwischen 1935 und 1964 erschienen von Ernst Gall neu bearbeitete Bände („Dehio-Gall-Bände“). Gall, den Dehio als Nachfolger für die Projektleitung vorgeschlagen hatte, rückte von einer streng alphabetischen Auflistung der Orte ab und gruppierte den Stoff der einzelnen Bände nach Regionen, um Exkursionen bequemer planen zu können.
Nach dem Tod Galls 1958 gründete sich die Dehio-Vereinigung neu. Sie orientierte sich bei den nun folgenden, seit 1964 erscheinenden und bis heute weitergeführten Neubearbeitungen des Dehio-Handbuchs an den Bundesländern und kehrte wieder zur alphabetischen Auflistung der Orte zurück. Auch hier erscheinen in der Regel unregelmäßig Neuauflagen. Manchmal wurde das Bearbeitungsgebiet der Bände neu zugeschnitten.
Von 1965 bis 1988 erschienen im Einvernehmen mit der Dehio-Vereinigung und mit Genehmigung des Deutschen Kunstverlages für das Gebiet der DDR – mit Ausnahme des nicht mehr fertiggestellten Bandes über die Bezirke Erfurt, Gera und Suhl – sechs Bände im Akademie-Verlag Berlin, bearbeitet von der Arbeitsstelle für Kunstgeschichte bei der Akademie der Wissenschaften, später des Institutes für Denkmalpflege der DDR. Für die neuen Bundesländer erschienen 1996–2003 die ersten Neuausgaben des Handbuchs.
Seit 1993 erscheinen Bände für den ehemals deutschsprachigen Raum Polens. Als Reihenname wurde „Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler Polens“ gewählt.
Von 2001 bis 2008 wurde das Dehio-Handbuch von einem Herausgebergremium getragen, das sich aus der Dehio-Vereinigung, der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zusammensetzte. 2009 zog sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz aus der Herausgeberschaft zurück, um sich mehr ihren Hauptaufgaben widmen zu können.[3]
Derzeit (2012) decken insgesamt 24 Bände das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ab. Die Bände werden regelmäßig überarbeitet und bei Bedarf auch neu verfasst.
Für Polen ist als erster Band einer neuen Reihe Dehio – Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen in Zusammenarbeit mit dem Herder-Institut und dem Krajowy Osrodek Badan i Dokumentacji Zabytków, Warschau, erschienen:
Bereits früher ist erschienen:
Die ersten „Dehios“, bearbeitet von Georg Dehio.
Bearbeitet von Ernst Gall.
Eine digitale Version der modernen Ausgaben des Dehio-Handbuchs zu den Bundesländern Deutschlands, mit einer integrierten Bilddatenbank, ist am Bildarchiv Foto Marburg – Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte in Zusammenarbeit mit dem Herausgeberkreis in Vorbereitung, wobei neue Ausgaben erst nach einer vereinbarten Sperrfrist online verfügbar gemacht werden.
Als Ergänzung zum Dehio erschien ebenfalls im Deutschen Kunstverlag die Reihe Deutsche Kunstdenkmäler – Ein Bildhandbuch. In der DDR wurden die Bände von der Edition Leipzig herausgegeben.
Für das Gebiet der Schweiz erscheint seit 1934 in immer wieder überarbeiteten Auflagen der Kunstführer durch die Schweiz, der zuerst von Hans Jenny bearbeitet wurde und nunmehr in fünf Bänden in Neuauflage (2005 ff.) von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte herausgegeben wird. Ebenso wie das Dehio-Handbuch liefert er eine wesentliche Grundlage für die allgemeine Kunsttopografie.
Von 1951 bis 1974 wurde die von dem Kunsthistoriker Nikolaus Pevsner begründete, nach Grafschaften gegliederte Architekturführerreihe The Buildings of England (Die Bauten Englands) im Penguin Verlag herausgegeben. Die mit einer Startauflage von 30.000 Exemplaren begonnene Serie erreichte 46 Bände. Nachdem die ersten Titel im Taschenbuchformat erschienen waren, folgten später auch Festeinbände mit Schutzumschlag.[7] Ende der 1970er Jahre wurde die Reihe mit Bearbeitungen für Schottland, Wales und Irland ergänzt, wobei diejenigen für Schottland und Wales im Sommer 2012 noch nicht abgeschlossen waren. Die meisten Bände für England erfuhren Folgeauflagen, die überwiegend von anderen Autoren verfasst wurden.[8] Die Bände werden nunmehr vom Verlag Yale University Press verlegt.
In Frankreich hat der Verlag Hachette zwischen 1992 und 1996 fünf Bände (Ile-de-France, 1992; Paris, 1994; Centre - Val de Loire, 1995; Champagne Ardenne, 1995; Languedoc-Roussillon, 1996) des unter Leitung von Jean-Marie Pérouse de Montclos veröffentlichten Guide du Patrimoine herausgebracht.
Zwischen 1957 und 1994 erschien im Reclam-Verlag nach dem Vorbild des Dehio die mehrere Bände umfassende Reihe Reclams Kunstführer. Im Gegensatz zum Dehio-Handbuch behandelte dieser Kunstführer auch zahlreiche Nachbarstaaten, wie beispielsweise Frankreich, Österreich, Italien und die Schweiz. Außerdem enthielten die einzelnen Bände auch Abbildungen.
Von 1978 bis 1990 verlegte der Henschelverlag die vom Institut für Denkmalpflege der DDR herausgegebene Reihe Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, die mit einem hohen Anteil an s/w-Fotos ausgestattet war. Grundsätzlich sollte jedem Bezirk ein nach Landkreisen, für Berlin nach Stadtbezirken, geordneter Band gewidmet werden; für Berlin gab es jedoch eine zweibändige Ausgabe (1983/1987). Der letzte Band erschien 1990 unter dem Titel Mecklenburgische Küstenregion. Mit den Städten Rostock und Wismar. Die Reihe erreichte damit nur fünf Titel in sechs Bänden und deckte so nur die Nordbezirke der DDR ab, ihr Süden musste aufgrund der Wiedervereinigung unbearbeitet bleiben.
Historische Ausgaben: