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Das Wunder von Bern ist ein Spielfilm des Regisseurs Sönke Wortmann aus dem Jahr 2003, der gemeinsam mit Rochus Hahn auch das Drehbuch schrieb. Es wird die Geschichte von Deutschlands unerwartetem Sieg bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in Bern (dem sogenannten Wunder von Bern) erzählt. Darüber hinaus beschreibt der Film die Schwierigkeiten eines heimgekehrten Kriegsgefangenen, der sich in seinem alten Leben nicht mehr zurechtfindet, parallel zum deutschen Erfolg aber seinem Sohn und seiner Familie wieder näherkommt.
Während der Bergmann Richard aus Essen als Soldat an der Front und später in sowjetischer Kriegsgefangenschaft war, hat seine Familie gelernt, ohne ihn auszukommen. Er gehört zu den sogenannten Spätheimkehrern, über 12 Jahre hat ihn seine Familie schon nicht mehr gesehen. Nach seiner Rückkehr 1954 muss er feststellen, dass sein älterer Sohn Bruno seine Rolle in der NS-Zeit sehr kritisch hinterfragt, seine Tochter Ingrid mit britischen Besatzungssoldaten (dem ehemaligen Feind) flirtet und sein elfjähriger Sohn Matthias (Rufname Mattes), der in seiner Abwesenheit geboren wurde, Helmut Rahn als Vorbild und Vaterfigur ansieht. Es gelingt ihm vorerst nicht, sich in seine Familie wieder einzufügen.
Helmut Rahn und die Spieler der Nationalmannschaft werden zum 26. Mai 1954 in die Sportschule Grünwald zur Vorbereitung auf die Fußball-Weltmeisterschaft geladen. Rahn ist frustriert, weil er kein Stammspieler ist und vom Nationaltrainer Sepp Herberger in der Vorrunde lediglich gegen Ungarn eingesetzt wird. Im Turnier gelingt es der deutschen Mannschaft, als Außenseiter bis ins Endspiel zu kommen.
Langsam bessert sich das Verhältnis zwischen Richard und Sohn Mattes, und auch Helmut Rahn wird nach der Vorrunde bei allen Spielen aufgestellt. Im Endspiel gegen Ungarn schießt er das entscheidende Tor zum 3:2-Endstand, womit am 4. Juli 1954 der deutschen Mannschaft eine Sensation gelingt, die nach Jahren der Niedergeschlagenheit in der Nachkriegszeit eine ungeahnte Welle an Euphorie im Land auslöste, aber auch Patriotismus und Nationalgefühl.
Anstelle eines „reinen“ Sportfilms drehte Wortmann einen Film, der auch die gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Nachkriegsdeutschland aufzeigt. Die ganze Familie Lubanski steht stellvertretend für verschiedene Aspekte:
Vater Richard steht für jene Generation, die viele Jahre in einem sinnlosen Krieg verloren hat. Er kommt mit einem schweren Trauma aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurück, und in der Heimat ist er nicht mehr die respektierte Vaterfigur und der Ernährer der Familie, sondern fällt seiner Familie eher zur Last. Mutter Christa ist eine klassische Trümmerfrau, die sich in ihrer kleinen Kneipe mühsam eine neue Existenz geschaffen hat. Der siebzehnjährige Sohn Bruno, mit den Verbrechen der Nazis aufgewachsen, wurde zum Kommunisten. Er glaubt an Marx’ Vision einer klassenlosen Gesellschaft. Da er meint, in der Deutschen Demokratischen Republik werde man die marxistischen Ideale tatsächlich umsetzen, wandert er dorthin aus. Die sechzehnjährige Tochter Ingrid verkörpert jene, welche die US-amerikanische Kultur und moderne Musikstile mit offenen Armen empfangen. Sie ist zwar ebenfalls eine gewissenhafte Arbeiterin, will sich aber nicht ständig mit dem Krieg befassen, sondern ihr Leben auch genießen. Matthias, mit elf Jahren der Jüngste, steht für jene Kinder, deren Väter viele Jahre an der Front oder in Gefangenschaft verbracht haben und somit vaterlos aufwachsen mussten. Auf der Suche nach einem Ersatzvater fand er diesen in Helmut Rahn.
Neben dieser Familie wird das junge Ehepaar Ackermann aus München vorgestellt: Annette Ackermann, geborene von Hadding, kommt aus reichem Hause, ihr Mann Paul ist Sportjournalist bei der Süddeutschen Zeitung. Damit hat der Film die Gelegenheit, auch die schicke, glamouröse Seite der fünfziger Jahre zu präsentieren. Das ironische Gekabbel des Paares sorgt für einen heiteren Kontrapunkt gegenüber der eher traurigen Heimkehrergeschichte; außerdem wird die oftmals unterschiedliche Sichtweise thematisiert, die Männer und Frauen vom Fußball haben.
Das historische Ereignis „Fußballweltmeisterschaft“ ist ein weiterer Handlungsstrang des Films. In diesem konzentriert sich der Film ausschließlich auf die deutsche Mannschaft, insbesondere auf Trainer Herberger, Kapitän Fritz Walter und vor allem Helmut Rahn, der über seine Freundschaft mit dem jungen Matthias die Brücke zur Geschichte der Familie Lubanski schlägt.
Filme, die in der Nachkriegszeit spielen, haben häufig einen Bezug zur NS-Diktatur und dem Krieg. So enthält dieser eine Szene, in welcher der ältere Sohn dem Vater vorwirft, einfach „mitmarschiert“ zu sein, worauf der Vater entgegnet, als Einzelner könne man doch nicht anders. Hierauf zitiert der Sohn die Parole „Du bist nichts, dein Volk ist alles“, welche ein Grundsatz der nationalsozialistischen Weltanschauung war und die Unterordnung des Einzelnen beschreibt.
Später, als der Vater langsam menschlich auftaut, erzählt er seinem jüngsten Sohn von seiner Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion und erwähnt dabei auch die vorangegangenen Kriegsverbrechen von deutscher Seite. Er erzählt auch, dass russische Bauern ihm zu essen gaben und dass ihn auf dem Rückmarsch ein Russe freundlich aufgenommen habe, obwohl (oder weil) dessen Sohn im Krieg gefallen war.
Gegenübergestellt wird in dem Film mehrmals eine „altdeutsche“ Haltung im Vergleich zu einer „modernen“. Der Bundestrainer Herberger unterhält sich mit einer Schweizer Putzfrau über ihre und seine „Kinder“ (in seinem Fall die Spieler) und wird von ihr belehrt, dass man die Kinder nicht immer gleich bestrafen müsse, so wie das in Deutschland wohl üblich sei. (Die Szene enthält einen sprachlichen Anachronismus, als man Herberger die aus dem amerikanischen übernommene Redewendung „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ in den Mund legt, die in Deutschland bis in die 1980er Jahre nicht geläufig war.)
Besonders thematisiert wird dieser Gegensatz in der Familie Lubanski: Der Vater, dessen Leben bisher nur aus Befehl und Gehorsam bestand, will „Disziplin“ und „Ordnung“ in der Familie, vor allem bei seinen Kindern. Die Mutter verweist auf Leistungen und Erfolge von ihr und den Kindern in schwierigen Zeiten, und dass sie ohne seine Vorwürfe vor seiner Rückkehr eine den Umständen entsprechend glückliche Familie waren. Als der Vater seinem jüngsten Sohn eine Ohrfeige verpasst, mahnt er ihn zusätzlich mit den Worten „ein deutscher Junge weint nicht“. Als er selbst zum Ende des Films derjenige ist, der zu weinen anfängt, wird er vom Sohn mit den Worten getröstet, dass ein deutscher Junge auch mal weinen dürfe.
siehe auch: Vergangenheitsbewältigung
Alle Schauspieler, die im Film die deutschen sowie die ungarischen Fußballer darstellen, haben tatsächlich mindestens in der Oberliga Fußball gespielt.[3] Knut Hartwig, der Fritz Walter spielte, absolvierte 71 Spiele in der 2. Bundesliga für den Wuppertaler SV. Hartwigs ehemaliger WSV-Vereinskollege Christian Broos (als Werner Kohlmeyer) bestritt insgesamt 47 Zweitligaspiele. Matthias Sellmann (als Fritz Laband) war in den Neunzigern unter anderem für Borussia Dortmund und den 1. FC Saarbrücken aktiv. Der Darsteller Sascha Göpel war in seiner Jugend u. a. bei Rot-Weiss Essen und Bayer Uerdingen am Ball. Michael Wurst, der auch schon durch die Fernsehsendung Star Search, bei der er ins Halbfinale kam, bekannt wurde, mimte den ungarischen Abwehrspieler Jenő Buzánszky. Auch der Schauspieler und Regisseur Simon Verhoeven, der den Mittelstürmer Ottmar Walter spielte, hat eine Laufbahn als Jugendspieler des TSV 1860 München hinter sich und spielte in der bayerischen Schülerauswahl.
Der Film wurde zusammen mit den weiteren deutschen Produktionen Goethe!, Almanya – Willkommen in Deutschland und Der ganz große Traum zur ersten Deutschen Filmwoche in Nordkorea gezeigt, die vom 4. bis 8. November 2013 im Taedongmun-Kino in Pjöngjang stattfand.[6]
Am 23. November 2014 erlebte das gleichnamige Musical aus der Feder von Martin Lingnau und Gil Mehmert seine Welturaufführung im neuen Theater an der Elbe (Hamburg) [7]. Unter den Hauptdarstellern sind Dominik Hees als Helmut Rahn [8] sowie Vera Bolten als Mutter Christa Lubanski [9], die auch das Erkennungslied Wunder gescheh'n singt.