| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Eine Lösung des 8-Damen-Problems |
Das Damenproblem ist eine schachmathematische Aufgabe. Es sollen jeweils acht Damen auf einem Schachbrett so aufgestellt werden, dass keine zwei Damen einander gemäß ihren in den Schachregeln definierten Zugmöglichkeiten schlagen können. Die Figurenfarbe wird dabei ignoriert, und es wird angenommen, dass jede Figur jede andere angreifen könnte. Solcherart auf dem Schachbrett angeordnete Figuren werden auch als „unabhängig“ bezeichnet.[1] Für Damen heißt dies konkret und anders ausgedrückt: Es dürfen keine zwei Damen auf derselben Reihe, Linie oder Diagonale stehen.
Im Mittelpunkt steht beim Damenproblem die Frage nach der Anzahl der möglichen Lösungen. Im Falle des klassischen 8x8-Schachbretts gibt es 92 verschiedene Möglichkeiten, die Damen entsprechend aufzustellen. Betrachtet man Lösungen als gleich, die sich durch Spiegelung oder Drehung des Brettes auseinander ergeben, verbleiben noch zwölf Basis-Lösungen.
Das Problem kann auf quadratische Schachbretter beliebiger Größe verallgemeinert werden: Dann gilt es, n unabhängige Damen auf einem Brett von n × n Feldern zu positionieren (mit n als Parameter aus den natürlichen Zahlen).
Erstmals formuliert wurde das Damenproblem von dem bayerischen Schachmeister Max Bezzel. In der Berliner Schachzeitung fragte er 1848 nach der Anzahl der möglichen Lösungen. Als erster nannte 1850 der Zahnarzt Franz Nauck in der Leipziger Illustrirten Zeitung die korrekte Zahl 92. 1874 bewies der englische Mathematiker James Whitbread Lee Glaisher, dass es nicht mehr Lösungen geben kann.[2] Damit war das ursprüngliche Problem vollständig gelöst. Auch Carl Friedrich Gauß zeigte Interesse an dem Problem, weshalb es irrtümlich häufig auf ihn zurückgeführt wird; er hatte indessen nur 72 der Lösungen gefunden.[3]
Nauck verallgemeinerte die Problemstellung und fragte, auf wie viele verschiedene Arten n Damen auf einem n×n-Schachbrett aufgestellt werden können.
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Symmetrische eindeutige Lösung, sorgt für 92 statt 96 verschiedene Lösungen (basierend auf 12 eindeutigen Lösungen) |
Im Jahre 1992 fanden Demirörs, Rafraf und Tanik eine Äquivalenz zwischen magischen Quadraten und Damenproblemen.[4]
Das Damenproblem tauchte auch in den Computerspielen The 7th Guest und The Whispered World auf. Im beliebten Nintendo DS Titel Professor Layton und das geheimnisvolle Dorf muss es vom Spieler in unterschiedlicher Form sogar mehrfach gelöst werden.
Das klassische Problem mit acht Damen auf einem 8×8-Brett hat 92 verschiedene Lösungen. Wenn man solche, die durch Drehen oder Spiegeln des Brettes aufeinander abgebildet werden, nur einfach zählt, bleiben zwölf eindeutige Lösungen übrig (die unterschiedlichen Farben der Felder werden nicht beachtet). Da es für jede dieser reduzierten Lösungen vier Spiegelungen (an Diagonalen, Horizontale und Vertikale durch die Brettmitte) und vier Rotationen gibt, könnte man eine Gesamtzahl von 8×12=96 Lösungen vermuten. Da aber eine der Lösungen (siehe Diagramm) bei einer Drehung um 180° in sich selbst übergeht, lassen sich aus dieser nur vier verschiedene Lösungen konstruieren und es ergeben sich insgesamt 92 Lösungen.
Das verallgemeinerte Damenproblem verlangt, n Damen auf einem Brett von n × n Feldern so zu positionieren, dass sie einander nicht diagonal, senkrecht und waagerecht gegenüber stehen.
Die folgende Tabelle führt die Anzahl der eindeutigen Lösungen und die der gesamten Lösungen bis zur Brettgröße 26×26 auf:
n | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
eindeutig | 1 | 0 | 0 | 1 | 2 | 1 | 6 | 12 | 46 | 92 | 341 | 1.787 | 9.233 | 45.752 | 285.053 | 1.846.955 | 11.977.939 | 83.263.591 |
insgesamt | 1 | 0 | 0 | 2 | 10 | 4 | 40 | 92 | 352 | 724 | 2.680 | 14.200 | 73.712 | 365.596 | 2.279.184 | 14.772.512 | 95.815.104 | 666.090.624 |
n | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 | 24 |
---|---|---|---|---|---|---|
eindeutig | 621.012.754 | 4.878.666.808 | 39.333.324.973 | 336.376.244.042 | 3.029.242.658.210 | 28.439.272.956.934 |
insgesamt | 4.968.057.848 | 39.029.188.884 | 314.666.222.712 | 2.691.008.701.644 | 24.233.937.684.440 | 227.514.171.973.736 |
n | 25 (errechnet 2005) | 26 (errechnet 2009) |
---|---|---|
eindeutig | 275.986.683.743.434 | 2.789.712.466.510.289 |
insgesamt | 2.207.893.435.808.352 | 22.317.699.616.364.044 |
Die zuvor bekannte, aber nicht überprüfte Lösungszahl für n=12 wurde 1969 unabhängig voneinander von Torbjörn Lindelöf und Bernd Schwarzkopf per Computeranalysen bestätigt. Lindelöf errechnete dabei auch die Größen von n=13 und n=14.[5] 1970 errechnete Lindelöf die Zahl für n=15 mit der Bemerkung, dass Computer die 50- bis 100-fache der zu dieser Zeit üblichen Rechenkapazität für größere Schachbretter benötigen.[6]
Die Lösungszahl für n=26 wurde am 11. Juli 2009 vom Queens@TUD[7]-Projekt mit FPGA-Lösern bestimmt und am 30. August 2009 vom MC#[8]-Projekt auf zwei russischen Superrechnern der aktuellen TOP500-Liste bestätigt.
Allgemein lässt sich feststellen, dass die Anzahl der Lösungen etwas schneller als exponentiell mit der Brettgröße anwächst. Interessanterweise gibt es auf dem 2×2-Brett sowie auf dem 6×6-Brett weniger Lösungen als auf dem jeweils kleineren Brett.
Eine obere Schranke für die Lösungsanzahl D(n) des Damenproblems auf einem n×n-Brett ist [math]n![/math]. Dies ist die Anzahl von Lösungen für n einander nicht bedrohende Türme. Die Aufstellungen von einander nicht bedrohenden Damen (für n>1) sind eine echte Teilmenge hiervon.
Die asymptotische Form von D(n) ist nicht bekannt. Rivin u. a. stellen die Vermutung auf, dass
Aus den bekannten Gliedern der Folge lässt sich weiterhin vermuten, dass für große n gilt:[10] [math]D(n)\approx n! \cdot c^n [/math] mit [math]c\approx 0{,}39[/math].
Das Damenproblem ist ein gutes Beispiel für ein einfach zu formulierendes Problem mit nicht-trivialen Lösungen. Eine Reihe von Programmiertechniken ist geeignet, alle Lösungen zu erzeugen. Klassisch ist rekursives Backtracking; dieses ist besonders einfach zu realisieren mit logischer Programmierung. Eine weitere Möglichkeit sind genetische Algorithmen.
Derartige Ansätze sind wesentlich effizienter als ein naiver Brute-Force-Algorithmus, der (im 8×8-Fall) alle 64×63×62×61×60×59×58×57 (knapp 648 = 248) möglichen Positionierungen der acht Damen durchprobiert und dabei alle Stellungen ausfiltert, in denen zwei Damen einander schlagen könnten. Dieser Algorithmus erzeugt mehrfach die gleichen Lösungen, wenn Permutationen der Damen gleiche Felder besetzen.
Ein effizienterer Brute-Force-Algorithmus platziert in jeder Reihe nur eine Dame und reduziert dadurch die Komplexität auf 88 = 224 mögliche Stellungen.
Das Damenproblem kann durch einen rekursiven Algorithmus effizient gelöst werden, indem das Problem mit n Damen so aufgefasst wird, dass es gilt, zu jeder Lösung mit n−1 Damen eine weitere Dame hinzuzufügen. Letztendlich lässt sich jedes Damenproblem damit auf ein Problem mit null Damen zurückführen, was nichts anderes als ein leeres Schachbrett ist.
Das folgende [Scala]-Programm findet alle Lösungen des n-Damen-Problems mit Hilfe eines rekursiven Algorithmus. Ein n×n-Brett wird dabei rekursiv auf kleinere Bretter mit geringerer Anzahl an Reihen, n×n−1, n×n−2, … reduziert. Das Programm nutzt direkt aus, dass keine zwei Damen in der gleichen Reihe stehen. Außerdem wird benutzt, dass eine Lösung mit n−1 Damen auf einem n×n−1-Brett auf jeden Fall eine Lösung mit n−2 Damen auf einem n×n−2-Brett enthalten muss. (In anderen Worten, wenn man die untere (oder obere) Reihe der Teillösung eines n×n−1-Bretts entfernt, bleiben n−2 Damen auf einem n×n−2-Brett übrig, die wiederum eine Teillösung auf dem n×n−2-Brett darstellen.)
Der Algorithmus konstruiert also alle Lösungen aus den Lösungen eines jeweils kleineren Brettes. Da sichergestellt wird, dass die Teillösungen auf den kleinen Brettern konfliktfrei sind, spart dieser Algorithmus das Überprüfen vieler Stellungen. Insgesamt werden für das 8×8-Brett nur 15.720 Stellungen überprüft.
type Solution = List[Int] def nqueens(n: Int): Set[Solution] = { def placeNQueens(k: Int): Set[Solution] = if (k == 0) Set(Nil) else for { solution <- placeNQueens(k - 1) col <- 0 until n if isSafe(col, solution) } yield col :: solution placeNQueens(n) } def isSafe(col: Int, s: Solution): Boolean = { val row = s.length val queenPositions = (row - 1 to 0 by -1) zip s queenPositions.forall { case (r, c) => col != c && math.abs(col - c) != row - r } }
Dieser rekursiv programmierte Algorithmus kann leicht in einen nicht-rekursiven (iterativen) umgewandelt werden.
Die Constraintprogrammierung über endliche Bereiche kann eine Aufgabe wie das Damenproblem sehr kompakt formulieren. Das folgende Prolog-Programm (in GNU Prolog) findet schnell eine Lösung auch für große Schachbretter.
/* Dieses Prädikat erzeugt eine Liste, die eine einzige Lösung darstellt. Es ist sichergestellt, dass jeder Wert zwischen 1 und N genau einmal auftritt. */ n_damen(N,Ls) :- length(Ls,N), fd_domain(Ls,1,N), fd_all_different(Ls), constraint_damen(Ls), fd_labeling(Ls,[variable_method(random)]). /* Dieses Prädikat stellt sicher, dass alle Stellungen die Lösungsbedingungen erfuellen */ constraint_damen([]). constraint_damen([X|Xs]) :- nicht_schlagen(X,Xs,1), constraint_damen(Xs). /* Mit diesem Prädikat wird sichergestellt, dass zwei Damen nicht auf einer Diagonalen stehen */ nicht_schlagen(_,[],_). nicht_schlagen(X,[Y|Xs],N) :- X#\=Y+N, X#\=Y-N, T#=N+1, nicht_schlagen(X,Xs,T).
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Konstruktionsvorschrift für gerades n, das bei Division durch sechs nicht den Rest zwei ergibt |
Eine Konstruktionsvorschrift für eine spezielle Lösung mit beliebig großem n wurde erstmals 1874 von Emil Pauls angegeben.[11][12][13] Hierdurch wurde also insbesondere bewiesen, dass das Damenproblem für beliebiges n>3 mindestens eine Lösung besitzt.
Für gerade n, die bei Division mit 6 den Rest 0 oder 4 ergeben, starte man in der zweiten Spalte der obersten Zeile und platziere eine Dame. Platziere die folgenden Damen jeweils zwei Spalten rechts und eine Zeile unter der vorigen, bis n/2 Zeilen gefüllt sind. Die Zeilen der unteren Bretthälfte erhält man aus der Spiegelung der oberen Damen am Mittelpunkt des Bretts.
Für gerade n, die bei Division mit 6 den Rest 2 ergeben (darunter das normale Schachbrett mit n=8) führt diese Vorschrift nicht zu einer gültigen Lösung. Für diesen Fall lässt sich eine alternative, etwas komplizierte Konstruktionsvorschrift angeben.[13][14]
Bei beiden Konstruktionsvorschriften bleiben alle Felder der langen Diagonale (links oben nach rechts unten) unbesetzt. Für ungerade n bilde man daher nach obigen Vorschriften eine gültige Lösung für n−1 und platziere die letzte Dame in die letzte Spalte der letzten Zeile.
Ein iterativer Reparaturalgorithmus beginnt mit einer beliebigen Stellung der Damen auf dem Brett. Es zählt dann die Anzahl der Konflikte, und versucht, durch Umpositionieren der Damen die Anzahl der Konflikte zu reduzieren. Effizient ist etwa, die Dame mit den meisten Konflikten senkrecht auf die Position zu verschieben, auf der die geringste Anzahl von Konflikten auftritt. Mit dieser Methode kann das 1.000.000-Damen-Problem ausgehend von einer „vernünftigen“ Versuchsposition gelöst werden. Derart große Bretter lassen sich mit expliziten Konstruktionsalgorithmen nicht lösen (triviale Lösungen ausgenommen); allerdings kann ein solcher Iterationsalgorithmus nicht mit Sicherheit eine Lösung finden.
Das Problem kann auch für andere Schachfiguren (König, Läufer, Springer, Turm) formuliert werden.
Eine weitere Verallgemeinerung des Problems stellt das n-Superdamen-Problem dar. Superdamen dürfen wie Damen und Springer ziehen. Es ist nicht klar, wer Superdamen oder das n-Superdamen-Problem erfunden hat. In Mathematische Knobeleien (Vieweg-Verlag, 1973) erwähnt Martin Gardner eine Schachvariation, in der mit einer Superdame gespielt wird. Gardner nennt diese Figur dort Maharadscha. Andere kennen sie als Amazone.
Auch die Frage, auf wie viele Arten sich n Superdamen auf einem n×n-Schachbrett bedrohungsfrei platzieren lassen, wurde untersucht:[15]
n | Lösungen | n | Lösungen | n | Lösungen | n | Lösungen | n | Lösungen | n | Lösungen |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | 1 | 6 | 0 | 11 | 44 | 16 | 202.900 | 21 | 3.977.841.852 | 26 | 286.022.102.245.804 |
2 | 0 | 7 | 0 | 12 | 156 | 17 | 1.330.622 | 22 | 34.092.182.276 | ||
3 | 0 | 8 | 0 | 13 | 1.876 | 18 | 8.924.976 | 23 | 306.819.842.212 | ||
4 | 0 | 9 | 0 | 14 | 5.180 | 19 | 64.492.432 | 24 | 2.883.202.816.808 | ||
5 | 0 | 10 | 4 | 15 | 32.516 | 20 | 495.864.256 | 25 | 28.144.109.776.812 |
Seit 2001 existiert auch für das n-Superdamen-Problem eine explizite Lösung von Frank Schwellinger.
Angemerkt sei, dass das Springerproblem nicht die analoge Aufgabe für Springer ist, sondern eine Springerwanderung über das ganze Schachbrett.
George Pólya betrachtete das Damenproblem auf einem torusförmigen Brett. Er bewies, dass genau dann mindestens eine Lösung existiert, wenn n zu 6 teilerfremd ist, also weder durch 2 noch durch 3 teilbar ist. Auch dreidimensionale Verallgemeinerungen wurden untersucht.
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
9 Damen und 1 Bauer |
Für ein n×n-Schachbrett bestimme die Dominanzzahl, das ist die Mindestzahl an Damen, die ausreicht, jedes Feld des Brettes zu beherrschen. Auf dem 8×8-Brett reichen 5 Damen aus. Dafür gibt es 4.860 Lösungen (etwa b7,d5,e4,f3,h1).[16]
Das 9-Damen-Problem verlangt, auf einem 8×8-Brett neun Damen und einen Bauern derart unterzubringen, dass die Damen einander nicht beobachten können, also keine direkte waagerechte, senkrechte oder diagonale Sichtlinie zueinander haben. Dieses Problem kann wiederum auf beliebige Brettgröße und eine höhere Anzahl von Bauern verallgemeinert werden.