Strukturformel | |||||||||||||||
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Keine Zeichnung vorhanden | |||||||||||||||
1:1-Gemisch aus (R)-Form (oben) und (S)-Form (unten) | |||||||||||||||
Allgemeines | |||||||||||||||
Freiname | Chloroquin | ||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C18H26ClN3 | ||||||||||||||
CAS-Nummer |
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PubChem | 2719 | ||||||||||||||
ATC-Code | |||||||||||||||
DrugBank | DB00608 | ||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißes bis fast weißes, kristallines, hygroskopisches Pulver (Diphosphat)[1] | ||||||||||||||
Arzneistoffangaben | |||||||||||||||
Wirkstoffklasse | |||||||||||||||
Eigenschaften | |||||||||||||||
Molare Masse | 319,87 g·mol−1 | ||||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||||
Siedepunkt |
214–221 °C (27 Pa, freie Base)[3] | ||||||||||||||
pKs-Wert | |||||||||||||||
Löslichkeit | |||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||
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Toxikologische Daten | |||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Chloroquin ist ein Gemisch zweier enantiomerer chemischer Verbindungen, die nahe mit Chinin verwandt sind. Es kann als Arzneistoff zur Therapie und Prophylaxe der Malaria eingesetzt werden. Weit verbreitete Erregerresistenzen schränken die Anwendung für diese Indikationen jedoch stark ein.[8][9] Darüber hinaus findet Chloroquin als Mittel bei der Behandlung rheumatischer Erkrankungen, wie dem Lupus erythematodes und der rheumatoiden Arthritis, der Porphyria cutanea tarda sowie bei der seltenen Form der extraintestinalen Amöbiasis Verwendung.
Chloroquin ist eine farblose bis gelbliche, geruchlose und nahezu wasserunlösliche Verbindung. Aufgrund der basischen Eigenschaften der Substanz löst sie sich gut in Säuren. Als Arzneistoff werden die wesentlich besser wasserlöslichen Salze Chloroquindiphosphat (50 g/l) und Chloroquinsulfat eingesetzt. Bei Kontakt mit Tageslicht und Luftsauerstoff zersetzt sich die freie Base; die Salze sind meist luftstabil.[3]
Chloroquin hemmt die Kristallisierung von Hämozoin, einem Abbauprodukt des Häms. Hämozoin entsteht, wenn der Malariaerreger das Hämoglobin in infizierten roten Blutkörperchen abbaut, um daraus Proteine für seinen Stoffwechsel zu gewinnen. Kann das Hämozoin nicht mehr kristallisiert werden, führt dies zum Sterben des Parasiten.
Chloroquin besitzt eine blutschizontozide Wirkung, das heißt, es führt zu einer Hemmung im späteren erythrozytären Stadium des Erregers. Chloroquin war einstmals das weltweit am häufigsten verwendete Medikament zur Therapie und Vorbeugung gegen Malaria, es ist jedoch heutzutage aufgrund resistenter Erreger zunehmend unwirksam.
Vorbeugend gegen Malaria beträgt die empfohlene Dosis für Erwachsene 500mg Chloroquinphosphat wöchentlich, beginnend 1-2 Wochen vor Abreise und fortzuführen bis vier Wochen nach Reiseende.[10] Aufgrund häufiger Resistenzen wurde Chloroquin in der Vergangenheit oft in Kombination mit anderen Wirkstoffen verwendet, vor allem mit Proguanil. Wirksamkeit und Verträglichkeit werden dabei überwiegend negativ bewertet. Die Kombination ist daher heute - auch aufgrund der Existenz von Alternativen mit einem besseren Nutzen-Risiko-Verhältnis - im deutschsprachigen Raum nicht mehr üblich.[11][12][13] Chloroquin ist verschreibungspflichtig. Bei Chloroquin-Vergiftungen kann Diazepam i.v. als Antidot eingesetzt werden.[14][15] Die biologische Halbwertszeit der Substanz steigt bei fortgesetzter Einnahme von anfänglich wenigen Tagen wegen erheblicher Kumulation im Gewebe deutlich an (auf bis zu 30–60 Tage;[16][17] nach anderen Quellen auf 40 bis 50 Tage[18] oder zwei bis drei Wochen.[19])
Chloroquin kann diverse Nebenwirkungen haben, darunter eine Trübung der Hornhaut und eine Veränderung der Netzhaut im Auge, Magen-Darm-Beschwerden, Schlafstörungen, neuropsychiatrische Symptome[20][21] und Hautrötungen. Besonders bei schweren Leber-Nierenschädigungen darf Chloroquin nicht genutzt werden. Die Kombination von Chloroquin zusammen mit leberschädigenden Arzneimitteln oder MAO-Hemmern (vgl. Monoaminooxidase-Hemmer) darf nicht erfolgen. Chloroquin darf nicht zur Anwendung kommen, falls Erkrankungen im Bereich des Auges und des blutbildenden Systems vorliegen. Besteht eine Überempfindlichkeit gegen Chinin oder Mefloquin, darf Chloroquin nicht zur Therapie eingesetzt werden.
Die wöchentliche Einnahme von Chloroquin ist für schwangere Frauen und stillende Mütter zwar erlaubt, sollte aber für eine Langzeitanwendung bei täglicher Einnahme (wie bei Therapie der rheumatoiden Arthritis) unterbleiben. Es besteht sonst die Gefahr von Augendefekten beim Ungeborenen bzw. beim Säugling. Chloroquin kann auch bei Kindern angewendet werden, die Langzeitbehandlung sollte allerdings nicht erfolgen.
Eine Überdosierung führt zu Pigmentstörungen, die Haare bleichen lässt.[22]
Nach einer Studie aus 2008 wird Chloroquin auch mit der Induzierung einer Antibiotikumsresistenz (gegen Fluorchinolone) in Verbindung gebracht.
Chloroquin wurde 1934 durch Hans Andersag bei der I.G. Farbenindustrie in Elberfeld synthetisiert. Dieses Resochin genannte Mittel hatte jedoch zuerst keine Bedeutung, da die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg zur Malariaprophylaxe das nah verwandte, zur gleichen Zeit erfundene Sontochin (methylisiertes Chloroquin) einsetzte. Proben von Sontochin wurden bei deutschen Kriegsgefangenen in Nordafrika gefunden und in den USA analysiert. Dort wurden auch analoge Substanzen untersucht, dabei zeigte sich die überlegene Wirkung und Verträglichkeit von Chloroquin im Vergleich zu eingeführten Mitteln wie Atebrin, dem unter dem Namen Quinacrine dominierenden Malariamittel der Alliierten im Pazifikkrieg.[23] Nach dem Zweiten Weltkrieg war Chloroquin lange Zeit ein hochwirksames Mittel; in der Zwischenzeit haben viele Malariaparasiten eine Resistenz gegen den Arzneistoff entwickelt.
Chloroquin wird auch in der Zellkultur bei Transfektionen eingesetzt, um die Effizienz der Transfektion zu erhöhen. Es hemmt die lysosomalen DNasen, indem es den pH-Wert innerhalb der Vesikel neutralisiert.
Chloroquin wird ebenfalls für die Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt.
Schwere Verläufe von Porphyria cutanea tarda werden mit niedrig dosiertem Chloroquin bzw. Hydroxychloroquin (beispielsweise 200 mg zweimal wöchentlich) behandelt.[24]
Dieses Medikament wurde 2012 vom Verein SterbeHilfeDeutschland e. V. als Tötungsmittel im Rahmen der Sterbehilfe verwendet.[25]
Chlorochin (CH), Nivaquine (CH), Resochin (D, A), Weimer quin (D)