Als Bildstabilisierung bezeichnet man in der Fototechnik Verfahren zur Vermeidung von Verwacklungsunschärfe.
Die sogenannte Freihandgrenze für das Fotografieren im Kleinbildformat liegt nach einer Faustregel beim Kehrwert der Brennweite des verwendeten Objektivs; bei ruhiger Hand sind bei einem 200-mm-Teleobjektiv also verwacklungsfreie Aufnahmen ab einer Verschlusszeit von 1/200 Sekunde möglich; für Superteleobjektive gilt diese Faustregel allerdings nur noch eingeschränkt. Neben einer verwacklungsfreien Aufnahme hat ein bildstabilisiertes Teleobjektiv den Vorteil, dass das Sucherbild stabil ist. Dies ist ein Komfortgewinn für den Nutzer.
Der praktische Gewinn einer Bildstabilisierung liegt – nach Herstellerangaben – bei bis zu viereinhalb Blendenstufen, sie ermöglicht demnach eine bis zu zweiundzwanzigfache Belichtungszeit gegenüber dem nicht stabilisierten System. Daher erweitert ein Bildstabilisator die Möglichkeiten der Freihandfotografie in Bezug auf die Verschlusszeit sowie auf die Brennweite des Objektivs. Dabei wird allerdings von unbewegten Motiven ausgegangen. Gegen Bewegungsunschärfe hilft nur eine kürzere Belichtungszeit. In der Sport- und Konzertfotografie beispielsweise ist der Nutzen einer Bildstabilisierung daher oft geringer als erhofft oder gar nicht mehr vorhanden.
Es werden drei Verfahren zur Bildstabilisierung unterschieden, die jeweils unter proprietären Bezeichnungen von der Fotowirtschaft angeboten werden.
Der Mechanismus der Bildstabilisierung kann entweder im Objektiv oder beim Bildsensor untergebracht sein. Bildstabilisierungsobjektive werden von Canon, Nikon, Sigma, Tamron, Sony, Leica, Panasonic und Fujifilm angeboten, eine sensorbasierte Bildstabilisierung bieten unter anderem Konica Minolta, Pentax, Olympus, Sony, Fujifilm und Panasonic. Bei der optischen Bildstabilisierung wird entweder der Bildkreis über dem Bildsensor (bei der Realisierung im Objektiv) oder der Bildsensor unter dem Bildkreis (bei der Realisierung im Gehäuse) verschoben.
Ein Vorteil bei einer Bildstabilisierung am Bildsensor liegt darin, dass der Mechanismus grundsätzlich allen verfügbaren Objektiven zugutekommen kann und nicht in jedem Objektiv implementiert zu werden braucht. Jedoch bieten bei Spiegelreflexkameras nur die in das Objektiv integrierten Stabilisatoren die Möglichkeit, bereits beim Blick durch den Sucher ein stabilisiertes Bild zu sehen. Bei digitalen Kompaktkameras und spiegellosen Systemkameras lassen sich während der Motivsuche sowohl im elektronischen Sucher als auch auf dem Monitor stabilisierte Bilder darstellen. Stabilisierte Wechselobjektive lassen sich auch an analogen Spiegelreflexkameras verwenden.
Hier befinden sich die stabilisierenden Elemente – Prismen, Linsen oder andere optische Elemente – im Objektiv der Kamera; ein oder mehrere optische Elemente sind dabei beweglich und können anhand der Messungen von zwei oder drei Sensoren horizontal und vertikal gesteuert werden. Einer der Sensoren bestimmt die horizontale, der andere die vertikale Bewegung und der dritte die Position des Ausgleichselements. Weil optische Elemente verschoben werden, geht diese Implementierung immer mit einem (leichten) Qualitätsverlust einher. Besonders in den Randbereichen kann Chromatische Aberration verstärkt auftreten.
Die Bildstabilisierung in der Kamera funktioniert prinzipiell gleich wie die optische Bildstabilisierung im Objektiv, nur werden dabei keine optischen Ausgleichselemente bewegt, sondern direkt der Bildsensor. An einer Spiegelreflexkamera mit eingebauter Bildstabilisierung sind prinzipiell alle vorhandenen Wechselobjektive zur Bildstabilisierung kompatibel, es braucht also nicht die gesamte Objektivpalette ausgetauscht zu werden, zudem können auch Objektive von Fremdherstellern wie Tamron oder Sigma verwendet werden.
Proprietäre Bildstabilisierungssysteme
Die mechanische Bildstabilisierung kann durch Aufstützen der Kamera, ein Stativ oder auch über einen Kreiselstabilisator durchgeführt werden. Speziell bei Bewegtbild-Aufnahmen dienen Steadicam-Systeme der mechanischen Stabilisierung einer handgeführten Kamera.
Die elektronische Bildstabilisierung wird hauptsächlich in Videokameras eingesetzt. Aber auch in den Fotoapparaten finden sich Umsetzungen, die meist auf dem Nachschärfen der Bilder oder auf einer automatischen Empfindlichkeitserhöhung des Sensors basieren.
Einige Hersteller bezeichnen die automatische Erhöhung der Sensorempfindlichkeit bei schlechten Lichtverhältnissen als digitale Bildstabilisierung (z. B. Anti-Shake-DSP). Dadurch sind kürzere Belichtungszeiten möglich, weshalb die Bilder weniger verwackelt werden. Die erhöhte Sensorempfindlichkeit führt jedoch durch erhöhtes Bildrauschen bzw. durch das notwendige Entrauschen zu einer schlechteren Bildqualität. Die Erhöhung der Sensorempfindlichkeit ist oft auch bei Kameras möglich, die nicht mit dieser Art der digitalen Bildstabilisierung werben. Diese Methode ist also keine echte Bildstabilisierung und dient meistens nur dem Marketing.
Ein anderes Problem als bei Einzelbildern ergibt sich beim Aufnehmen von Videos, hier entstehen bei Freihandbedienung Wackeleffekte. Technisch bedeutet dies, dass sich das fotografierte Motiv zwischen aufeinanderfolgenden Einzelbildern scheinbar bewegt hat. Derartige Effekte lassen sich in Grenzen kompensieren, wenn die Videokamera in der Lage ist, die Wackelbewegungen, bestehend aus linearen Beschleunigungen und Verdrehungen, separat zu messen. Diese Beschleunigungen und Drehraten werden von Inertialsensoren gemessen und von einem Mikroprozessor erfasst und korrigiert. Das aufgenommene Bild wird entsprechend der (ungewünschten) Bewegung beschnitten und gegebenenfalls wieder interpoliert. Als unerwünschte Nebenwirkung kann jedoch dabei unter Umständen ein absichtlicher, langsamer Kameraschwenk zu einem unerwünschten Ruckeln verrechnet werden.[1]
Die erste Kamera mit einer Bildstabilisierungsfunktion stellte Nikon 1994 mit der Zoom 700VR vor.[2]
1995 brachte Canon mit einem 75–300-mm-Telezoom das erste Wechselobjektiv für Kleinbildkameras mit einem optischen Bildstabilisator auf den Markt.[2]
Der erste gehäuseintegrierte Bildstabilisator in einer digitalen Spiegelreflexkamera kam 2004 in Form des AntiShake-Systems in der Konica Minolta Dynax 7D zum Einsatz. Diese Lösung stellte eine Weiterentwicklung der technisch vergleichbaren Systeme dar, die vormals in Minolta-Bridgekameras verwendet wurden. Die erste Vollformat-Kamera mit gehäuseintegriertem Bildstabilisator (SteadyShot) folgte 2008 mit der Sony Alpha DSLR-A900.[2]
Ende 2012 veröffentlichte Nokia mit dem Lumia 920 das erste Smartphone mit einem optisch stabilisierten Bildsensor.[3] In diesem Jahr wurde mit der Olympus OM-D E-M5 das erste Modell mit 5-Achsen Bildstabilisierung vorgestellt, das die horizontale und vertikale Verschiebung und Verkippung sowie die Drehung bei Bildverwacklungen ausgleichen kann.[4]
Das erste Kameragehäuse mit in fünf Achsen stabilisiertem Bildsensor im Vollformat war Ende 2014 das spiegellose Modell alpha 7 II von Sony. Das Kameragehäuse kann die Bildstabilisierung am Bildsensor sogar mit derjenigen in einem entsprechend ausgestatteten Objektiv kombinieren, um den Spielraum der Kompensation zu erhöhen.[5] Mit der Panasonic Lumix DMC-GX8 folgte ein halbes Jahr später auch das erste Modell im spiegellosen Micro-Four-Thirds-System mit der Kombinationsmöglichkeit der Bildstabilisatoren von Bildsensor und Objektiv (Dual-IS).[6]
Seit einigen Jahren gibt es auch Ferngläser und Feldstecher mit mechanischer Bildstabilisierung (z. B. Zeiss 20x60S, Canon 15x50 IS, Fujinon Techno-Stabi 14x40 u. a.)
Mit Hilfe der „Post Production Stabilizer“ ist eine synthetische Bildstabilisierung auch nach der Aufnahme eines Films möglich. Derartige Motion Tracking Software bietet beispielsweise an: