Die berittene Polizei ist ein Teil der Polizei, der Pferde als Einsatzmittel nutzt.
Die berittene Polizei kann vielfältig eingesetzt werden:[1]
Die Stärken der berittenen Polizei liegen vor allem:[2]
In Stresssituationen kann nicht immer ausgeschlossen werden, dass Pferde trotz guter Ausbildung außer Kontrolle geraten und Menschen überrennen. Das Verletzungsrisiko für Menschen ist dabei recht hoch, da die Pferde beschlagen und schwer sind. So wurde bei einer Demonstration zum 1. Mai 2015 in Hamburg ein passiv umherstehender Demonstrant erheblich verletzt, als ihn ein scheuendes Pferd umrannte und mit den Hufen am Kopf traf. Pressevertreter kritisierten die Hamburger Polizei daraufhin dafür, die Pferde unmittelbar in die demonstrierende Menschenmenge hineingeführt zu haben, was als Einsatzstrategie untauglich sei.[3] Auch die Polizeipferde selbst sind besonderen Risiken im Einsatz ausgesetzt. So drückte im Juni 2004 in Hannover ein Polizeipferd im Rahmen eines Fußballspiels im Rückwärtsgehen gegen eine Scheibe und verletzte sich dabei so schwer, dass es eingeschläfert werden musste. Auch Angriffe gegen Dienstpferde durch Wurfgeschosse und Stangen kommen vor.
Einzelne Kommentatoren halten das Auftreten berittener Polizistinnen und Polizisten ganz grundsätzlich für „antiquiertes Herrschaftsgebaren“ und fordern deren Abschaffung. Radikale Tierschützer kritisieren den Einsatz von Polizeipferden auch unter Tierschutzgesichtspunkten und verweisen darauf, dass ihre Dressur einer artgerechten Haltung widerspreche, da der natürliche Fluchtinstinkt der Tiere unterdrückt werden solle.[4]
Bereits bei der Auswahl von Remonten für die Reiterstaffeln wird besonderer Wert auf bestimmte Eigenschaften des Tieres gelegt. Insbesondere zählt hierzu neben der Gesundheit eine kräftige Statur. Das Pferd sollte sich außerdem problemlos von verschiedenen Personen reiten lassen. Die Beschaffung hängt aber auch vom vorgegebenen finanziellen Rahmen der ankaufenden Behörde ab.
In Deutschland unterhalten aus Kostengründen nicht alle Bundesländer Reiterstaffeln. Derzeit gibt es solche bei folgenden Landespolizeien:
Die Bundespolizei unterhält eine Reiterstaffel in Berlin, die bis Ende 2002 zur Berliner Polizei gehörte.
Die Beamten der Reiterstaffeln sind, wie alle Angehörige der Schutzpolizei, uniformiert; ihre Uniformierung weicht nur hinsichtlich Schuhwerk (Reitstiefel) und Hose (Reithose) von der üblichen ab. Als Kopfbedeckung dient auf Streife ein Reithelm, der beim Schutz von Veranstaltungen und Demonstrationen je nach Einsatzlage auch durch einen Visierhelm nach Art der Bereitschaftspolizei ersetzt wird.
Ausrüstungsgegenstände (Formulare usw.) werden in Sattelpacktaschen mitgeführt.
Die Beamten der Reiterstaffeln sind durch eine ergänzende reiterliche Ausbildung für ihren Auftrag qualifiziert. Bei der Ausbildung ihrer Pferde gilt es, deren Instinkt als Fluchttier kontrollierbar zu machen. Um dies zu erreichen, wird jedes Pferd individuell, je nach Leistungsstand und Veranlagung, an die Polizeiarbeit herangeführt. Dies geschieht durch die Gewöhnung an optische und akustische Reize. Parallel wird zusammen mit einem erfahrenen Dienstpferd Streife geritten, um das Tier an den Straßenverkehr zu gewöhnen. Dies findet auf einer spielerischen Ebene statt, um das Vertrauen des Pferdes zu gewinnen und seinen Charakter zu stärken. Das Pferd sollte stets als Gewinner aus diesem Spiel hervorgehen, um den Lerneffekt positiv zu verstärken. Der Grundsatz „Vom Leichten zum Schweren“ steht hierbei im Vordergrund. Die Ausbildungszeit (bei den Reiterstaffeln Hannover und Braunschweig) beträgt in der Regel zwölf Monate. In dieser Zeit werden die Dienstpferde nach den Regeln der Deutschen Reiterlichen Vereinigung „Richtlinien für das Reiten und Fahren“ – Band 1, 2, 4 und 6 ausgebildet. Das Ziel der Ausbildung ist das Ausbildungsniveau der Klasse A.
Die Reiterstaffeln in Nordrhein-Westfalen gehören aufgrund ihrer Größe und ihrer reiterlichen und sportlichen Tradition zu den bekanntesten berittenen Polizeien Deutschlands und besaßen lange Zeit Vorbildfunktion für andere Bundesländer.[14] 1992 gab es in Nordrhein-Westfalen noch zwölf Reiterstaffeln. Bei der Kölner Polizeireiterstaffel wurden sowohl Pferde als auch Nachwuchsreiter ausgebildet. Hier bildete ab 1971 der Polizeireiter Klaus Balkenhol sein Dienstpferd Rabauke bis zur hohen Schule aus und wurde mit ihm 1979 Vizemeister bei den Deutschen Meisterschaften im Dressurreiten. 1981 entdeckte Balkenhol unter den Remontepferden einer Reitschule in Köln den Westfalen-Fuchswallach Goldstern, den er ausbildete und 1992 in Polizeiuniform zum Mannschaftsdressur-Olympiasieg führte. Der damalige Leiter der Kölner Polizeireiterstaffel bestätigte, dass bei ihm alle Pferde ihr Gnadenbrot bekämen: Das älteste Kölner Polizeipferd sei 27 Jahre alt und könne höchstens noch eine Stunde am Tag Dienst tun.[15] Als Polizeipferde sind in Nordrhein-Westfalen nur Wallache zugelassen.[14] Dressur und Springreiten sind feste Bestandteile der Ausbildung. Dabei geht es weniger um sportliche Gesichtspunkte als vielmehr darum, das Pferd optimal zu fordern und für den Einsatz fit zu erhalten.[16]
2003 wurden im Zuge von Sparmaßnahmen alle zehn damals bestehenden Reiterstaffeln in Nordrhein-Westfalen aufgelöst und die Pferde verkauft. Ein Hauptmotiv war die nach Ansicht von Wirtschaftsprüfern wenig effektive Arbeitsweise der Staffeln, da die Polizeireiter zu viel Zeit mit der Pferdepflege verbrächten. Nach dem Regierungswechsel bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2005 wurden mit geleasten Pferden jedoch wieder Polizeireiterstaffeln aufgebaut und bereits bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 eingesetzt.[14] Seitdem gibt es zwei berittene Staffeln der nordrheinwestfälischen Polizei (Landesreiterstaffel Westfalen in Dortmund am Westfalenstadion und Landesreiterstaffel Rheinland in Anrath, einem Ortsteil von Willich bei Düsseldorf).[17] Geplant ist in den kommenden Jahren die Zusammenlegung aller berittenen Kräfte (zurzeit 40 Pferde und 50 Reiterinnen und Reiter) zu einer einzigen nordrheinwestfälischen Reiterstaffel, die zentral in Bochum-Harpen kaserniert werden soll, dem Standort, an dem bis 2003 die frühere Bochumer Staffel untergebracht war.[18] Der Umzug soll bis 2021 vollzogen sein.
In Österreich werden derzeit durch die Polizei keine berittenen Einheiten unterhalten. Im Jahr 1950 wurde die letzte berittene Einheit der Sicherheitswache außer Dienst gestellt, welche seit 1869 bestanden hatte. Auch im Bereich der Gendarmerie hatten berittene Einheiten bestanden. In den letzten Jahren hatte es immer wieder Forderungen nach einer Neuaufstellung einer berittenen Polizei, insbesondere in Wien, gegeben, vor allem durch Vertreter der FPÖ, aber auch der ÖVP. Während diese Vorschläge aber bisher durch Vertreter der Polizei, meist mit Hinweis auf die vermeintlich hohen Kosten, als unrealistisch abgetan wurden, führte der letzte diesbezügliche Vorstoß von Christine Marek, ÖVP-Chefin von Wien dazu, dass Innenministerin Maria Fekter dies für einen "interessanten Vorschlag" hielt und die Kosten und Machbarkeit einer berittenen Polizei prüfte.[19] Der Vorschlag wurde jedoch nicht umgesetzt.
Im Schweizer Kanton Bern besteht die berittene Polizei seit 1914 und wird unter anderem zur Überwachung von Parkplätzen bei Großereignissen eingesetzt. Die Polizisten haben vom Pferd aus einen guten Überblick über ein großes Parkareal, sind mobil und wirken auf potentielle Täter abschreckend. Die Berner Polizei mietet die Pferde vom Nationalen Pferdezentrum Bern.[20][21] Auch in St. Gallen gibt es berittene Polizei.[22] In Zürich wurde die berittene Polizei 2005 aus Kostengründen abgeschafft. Es gibt Bestrebungen sie wieder einzuführen.[23]
Auch in anderen Ländern bestanden bzw. bestehen berittene Polizeieinheiten bei zahlreichen Polizeien. Bekannt ist die Royal Canadian Mounted Police. Entgegen ihrem Namen versehen jedoch die meisten der rund 27.000 Angehörigen dieser kanadischen Bundespolizei ihren Dienst unberitten.
Auch in den USA gibt es berittene Polizei. Die New Yorker berittene Polizei besteht seit 1871 und verfügt über rund 60 Pferde. Sie trägt auch den Spitznamen "Ten Foot Cops", weil Pferd und Reiter zusammen ungefähr drei Meter hoch sind. Sie dient der Imagepflege, markiert wirkungsvoll Präsenz, wird aber auch bei Demonstrationen eingesetzt.[21]