Antonow An-124 Ruslan | ||
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Typ: | Transportflugzeug | |
Entwurfsland: | Sowjetunion | |
Hersteller: | O.K. Antonow | |
Erstflug: | 24. Dezember 1982 | |
Indienststellung: | 1986 | |
Produktionszeit: | 1984 bis 2004 | |
Stückzahl: | 56 (Stand:Anfang 2015) |
Die Antonow An-124 Ruslan (NATO-Codename: Condor) wurde Ende der 1970er-Jahre von den Antonow-Werken als großes Transportflugzeug für die Sowjetarmee der UdSSR konzipiert. Ziel der Entwicklung war ein Flugzeug mit einer sehr hohen Nutzlast. Heute wird es unter anderem für Charterfrachtflugverkehr verwendet und ist in diesem Segment auf Grund seiner Monopolstellung sehr erfolgreich.
In der Entwicklungsphase erhielt der Typ zunächst die Projektbezeichnung Isdelije (Erzeugnis) 200 und später Isdelije 400, was nach ihrem Erstflug kurzzeitig zu der Bezeichnung An-400 führte. Bei diesem, durchgeführt am 24. Dezember 1982 von der Besatzung Wladimir I. Terski, war sie mit einer maximalen Startmasse von über 400 Tonnen das größte Flugzeug der Welt und löste damit ihr westliches Gegenstück – die Lockheed C-5 Galaxy – ab. Die An-124 wurde am 28. Mai 1985 auf dem Pariser Aérosalon zum ersten Mal im Westen präsentiert. Gegenüber der vergleichbaren militärischen Lockheed C-5 hat sie einen kürzeren Rumpf, eine geringere Leermasse, aber eine höhere Nutzlast. Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der damit verbundenen Verkleinerung der Armee wurden einige An-124 an zivile Betreiber verkauft. Die meisten Maschinen werden nun für weltweite Frachttransporte im Charterverkehr eingesetzt. Die größten zivilen Betreiber sind: Volga-Dnepr Airlines (Russland), Antonov Airlines (Ukraine) und Polet (Russland). Insgesamt waren Mitte 2004 von 56 gebauten Exemplaren noch 49 der An-124 im Einsatz. Bislang sind vier Maschinen bei Abstürzen verloren gegangen.
Die Serienproduktion endete mit der Auflösung der Sowjetunion. Ab dem Jahr 2000 wurden die fünf Exemplare fertiggestellt, deren Fertigung noch zu Sowjetzeiten begonnen, aber nicht mehr vollendet worden war. Diese Maschinen wurden als An-124-100 zwischen 2001 und 2004 ausgeliefert (2001 und 2002: je ein Exemplar, 2004: drei Exemplare).
Mehrmals wurde seitdem über eine Wiederaufnahme der Produktion diskutiert. Gegenstand der Planungen ist eine neue Version mit der Bezeichnung An-124-100M-150, welche eine um 30 t höhere Nutzlast über eine größere Reichweite befördern können und eine modernere Ausstattung (Triebwerke, Avionik usw.) erhalten soll. Durch diese Modernisierungen soll auch die benötigte Besatzung von fünf auf drei Personen reduziert werden können. Einige der Modernisierungen sollen auch bei bestehenden An-124 nachgerüstet werden können. Die Produktion soll im russischen Uljanowsk erfolgen. Ursprünglich sollten bereits ab 2007 oder 2008 weitere An-124 gebaut werden, allerdings gab es Streitigkeiten zwischen Russland und der Ukraine über den Produktionsstandort. Obwohl Antonow seit der Auflösung der Sowjetunion eine ukrainische Firma ist, besteht Russland als Rechtsnachfolger der Sowjetunion darauf, dass die erneute Produktion der ursprünglich mit sowjetischen Mitteln entwickelten An-124 in Russland erfolgen müsste.
Auf der Moskauer Luftfahrtmesse MAKS 2009 gab das russische Verteidigungsministerium bekannt, eine Wiederaufnahme der Produktion des Großraumtransporters Antonow 124 Ruslan zu versuchen.[1] Besonders der größte zivile An-124-Betreiber Volga-Dnepr Airlines setzt sich für die Produktionswiederaufnahme ein und bekundete Interesse an der Lieferung 20 neuer An-124 in den Jahren 2011 bis 2020.[2] Nachdem diese Pläne aber nicht vorwärtskamen, gab Volga-Dnepr Airlines bekannt, dass man sich für eine Aufnahme der An-124-Produktion im werkseigenen Wartungsbetrieb in Leipzig interessieren würde, da die Wiederaufnahme der Produktion in Uljanowsk eher unwahrscheinlich erscheine.[3]
Die An-124 kann auf Grund ihrer Auslegung als Schulterdecker und wegen des robusten Fahrwerks auch auf unvorbereiteten Pisten und hart gefrorenem Schnee operieren. Die Beladung kann sowohl über den hochklappbaren Rumpfbug als auch über die Heckrampe im vollen Laderaumquerschnitt erfolgen. Ein besonderer Vorteil der An-124 als ziviler Frachter ist die Möglichkeit der sehr einfachen Be- und Entladung auch auf Flughäfen mit schlechter Infrastruktur am Boden. Dies ist möglich, da sich der Bug hydraulisch öffnen und durch Einziehen des Bugfahrwerks absenken lässt, wodurch sie über eine flache Rampe direkt ohne jegliche Infrastruktur vom Boden aus beladen werden kann. Um diese zusätzliche Last aufzunehmen, besitzt sie ein doppeltes Bugrad. Fahrzeuge wie PKW, LKW oder große Frachten auf Tiefladeanhängern, aber auch gepanzerte Kettenfahrzeuge können direkt vom Boden aus in den Laderaum fahren. Dies verdankt sie der ursprünglichen Auslegung auch als Militärtransporter.
Der Frachtraum ist nicht als Druckkabine ausgeführt und kann deswegen während des Fluges nicht betreten werden.
Eine von der maximalen Zuladung und Größe her vergleichbare Boeing 747-400ERF, die nur für zivile Nutzung konstruiert wurde, kann hingegen nur durch spezielle Hebebühnen be- und entladen werden, da sich deren Laderaumboden mehrere Meter oberhalb des Erdbodens befindet.
Hinter dem Cockpit befindet sich ein großer Schlaf- und Aufenthaltsraum für die Austauschbesatzung. Weiterhin ist hinter den Tragflächen im Oberdeck noch ein Bereich für die Frachtraumbesatzung oder für bis zu 88 Personen eingerichtet.
Das Flugzeug verfügt über keine Vorrichtung zur Luftbetankung.
Eine Weiterentwicklung der An-124 ist die noch größere sechsstrahlige An-225 Mrija, die bei identischem Frachtraumquerschnitt einen wesentlich längeren Frachtraum besitzt. Sie kann als Außenlast die Raumfähre Buran huckepack transportieren.
Seit dem 23. März 2006 stehen der NATO sowie der EU im Programm SALIS (Strategic Airlift Interim Solution) sechs über die Firma Ruslan SALIS GmbH geleaste An-124 zur Verfügung, um unter anderem die Lücke bis zur verspäteten Lieferung des Airbus A400M zu schließen. Mittlerweile sind alle sechs Transportflugzeuge am Flughafen Leipzig/Halle stationiert, wo sich auch der Wartungsstützpunkt von Ruslan SALIS befindet. Der größte Nutzer ist Deutschland; des Weiteren sind auch noch Kanada, Tschechien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Ungarn, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien und Schweden beteiligt. Die Bundeswehr nutzte die Antonow An-124 von Ruslan SALIS beispielsweise im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz oder um militärische Ausrüstung für die Kurden in den Irak zu bringen.[4][5]
Boeing nutzt auch nach Einführung der 747LCF teilweise An-124 der Volga-Dnepr Airlines zur Beförderung der GE90-Triebwerke für die Boeing 777.
EADS nutzt Maschinen der Polet Airlines zum Transport von Bauteilen der Raumfahrtdivision. Darüber hinaus wurden auch bereits Komponenten des Airbus A380, im Speziellen die Triebwerksvariante Engine Alliance GP7200, mit An-124 transportiert.
Bis 2012 wiesen alle An-124 eine im Vergleich zu Passagierflugzeugen relativ geringe Betriebszeit von 14.000 bis 24.000 Flugstunden auf. Es wurde beschlossen, die anfangs geplante Lebensdauer von 24.000 Flugstunden schrittweise auf 50.000 Stunden zu erhöhen.[6]
Fluggesellschaft[7] | Erstauslieferung | in Betrieb | stillgelegt | abgestürzt | bestellt |
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Antonov Airlines | 1982 | 7 | 2 | 1 | |
Russische Luftstreitkräfte | 1985 | 10 | 16 | 1 | 1 |
Polet Airlines | 1987 | 4 | |||
Libyan Arab Air Cargo | 1992 | 2[8] | |||
Maximus Air Cargo | 2003 | 1 | |||
Volga-Dnepr Airlines | 1990 | 10 | 2[9] | ||
Aeroflot | 1993 | 1 | |||
Aviastar | 1993 | 1 | |||
Gesamt | 28 | 24 | 4 | 3 |
Kenngröße | Daten |
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Hersteller | Antonow |
Konstrukteure | Oleg K. Antonow (Gesamtleitung) Petro W. Balabujew (Koordination) |
Länge | 69,10 m |
Flügelspannweite | 73,30 m |
Tragflügelfläche | 628,00 m² |
Höhe | 20,78 m |
Frachtraum (L×B×H) | 36,50 m × 6,40 m × 4,40 m |
Leergewicht | 173.000 kg |
Maximales Startgewicht | 392.000 kg (Zivilversion) 405.000 kg (Militärversion) |
Maximale Nutzlast | 120.000 kg (Zivilversion) 150.000 kg (Militärversion) |
Antrieb | vier Lotarjow-D-18T-Mantelstromtriebwerke von Iwtschenko Progress mit je 229,5 kN Schubkraft |
Höchstgeschwindigkeit | 865 km/h oder 0,77 Mach in 10.000 m Höhe |
Reisegeschwindigkeit | 800 km/h in 10.000 m Höhe 850 km/h in 12.000 m Höhe |
Landegeschwindigkeit | 230–266 km/h |
Reichweite mit Zuladung | 4.800 km mit 120.000 kg Nutzlast 12.000 km mit 40.000 kg Nutzlast 15.700 km ohne Nutzlast |
Dienstgipfelhöhe | 11.600 m |
Maximalbelastung | 2,5g |
Startrollstrecke | 3.000 m mit maximaler Zuladung auf befestigter Bahn 1.200 m mit geringer Zuladung auf unbefestigter Bahn 800 m mit geringer Zuladung auf befestigter Bahn |
Landerollstrecke | 800 m mit maximaler Zuladung auf befestigter Bahn |
Besatzung | 6 |
Die folgende Tabelle stellt große militärische Transportflugzeuge einander gegenüber.
Maschine | Ent- wurf- land |
Produktion | Flugzeugmaße | Frachtraum/Nutzlast | Leistungsdaten | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
von [A 1] |
bis |
Länge [m] |
Spannweite [m] |
Höhe [m] |
Grundfläche [m²][A 2] |
Volumen [m³][A 2] |
Max. Nutzlast [kg] |
Marschgeschwindigkeit [km/h] |
Reichweite [km] (bei Zuladung in t) |
Dienstgipfelhöhe [m] |
Startrollstrecke [m] | ||
Airbus A400M Atlas |
2010 | aktuell | 45,10 | 42,40 | 14,70 | 70,84 | 272,73 | 37.000 | 730–780 [A 3] | 4.535 (30) | 12.300 | (1.690 m bei MTOW 141 t und Start nach zivilen Regeln) | 940|
Antonow An-70 | 1994 | – | 40,73 | 44,06 | 16,38 | 76,4 | 313,24 | 47.000 | 750 | 3.500 (35) | 12.000 | 1.500 (700 m bei 20–30 t Zuladung) | |
Antonow An-124 | 1984 | 2004 | 69,10 | 73,30 | 20,78 | 233,6 | 1.027,84 | 150.000 | 800–850 [A 3] | 12.000 (40) |
4.800 (120)11.600 | 3.000 (800 m mit geringer Zuladung) | |
Boeing C-17A Globemaster III |
1991 | 2015 | 53,04 | 50,29 | 16,79 | 147,2 | 553,63 | 77.519 | 818 | 5.100 (50) | 13.716 | 1.064 (2.316 m bei MTOW) | |
Embraer KC-390 | 2015 | – | 33,43 | 33,94 | 11,34 | 41,9 | 124,5 | 19.000 | 556–850 | 2.750–6.200 | 10.973 | 1.100–1.630 | |
Iljuschin Il-76MF | 1974 2005 |
1997 aktuell |
53,19 | 50,50 | 14,3 | 107,43 | 400 | 60.000 | 800–850 | 6.200 (40) | 12.100 | 1.800 | |
Kawasaki C-2 | 2010 | – | 43,90 | 40,40 | 14,20 | 66 | 256 | 37.600 | 890–980 | 6.500 (30) | 12.200 | 900 | |
Lockheed C-5 Galaxy |
1968 1986 |
1973 1989 |
75,53 | 67,88 | 19,34 | 214,6 | 879,86 | 122.472 | 932 | 9.565 (60) | 10.900 | 2.600 | |
Lockheed C-130J-30 Super Hercules |
1956 | aktuell | 34,69 | 40,40 | 11,84 | 52,7 | 162,12 | 21.625 | 643 | 5.240 (18) | 9.315 | 1.200 | |
Transall C-160 | 1965 | 1985 | 32,40 | 40,00 | 12,36 | 42,5 | 126,72 | 16.000 | 513 [A 3] | 1.850 | 8.230 | 650 | |
Xian Y-20 | 2016 | aktuell | 47,00 | 45,00 | 15 | - | - | 66.000 | 918 [A 3] | 7.800 (40) |
4.500 (66) 13.000 | - |
Anmerkungen: