AW609 | ||
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Typ: | Kipprotorflugzeug | |
Entwurfsland: | ||
Hersteller: | ||
Erstflug: | 7. März 2003 | |
Indienststellung: | Noch in der Flugerprobung | |
Produktionszeit: | Zertifizierung und Serienproduktion für 2018 geplant | |
Stückzahl: | 3 Prototypen, 4. in Bau (Stand: Juli 2016) |
Die AgustaWestland AW609, früher Bell/Agusta BA609, ist ein senkrechtstartendes Kipprotor-Wandelflugzeug (engl.: Tilt Rotor) ähnlich der Bell-Boeing V-22. Seit 2011 wurde das Projekt von AgustaWestland betrieben.[1] Seit 28. April 2016 firmiert der Entwickler des Projekts Finmeccanica unter Leonardo-Finmeccanica-Società per azioni, ab 1. Januar 2017 wird der Firmenname abgekürzt Leonardo S.p.A. lauten.[2]
Bell-Boeing stellte Ende 1996[3] das Konzept eines zivilen Kipprotor-Flugzeugs D-600 vor; der Erstflug als BB609 sollte aus damaliger Sicht im Jahr 1999 erfolgen und die Auslieferung ab 2001.[4] Im September 1998 gaben Bell und Agusta bekannt, das Projekt unter dem Namen BA609 fortzuführen und zeigten einen ersten Prototyp auf Ausstellungen.[5]
Zwei Unfälle der V-22 Osprey mit 23 Toten im April und Dezember 2000 verzögerten die eng verwandten Projekte[6], finanzielle Kürzungen ebenfalls.[7] Die ersten Bodenversuche der BA609 begannen schließlich am 6. Dezember 2002. Der Erstflug erfolgte am 7. März 2003 in Arlington (Texas/USA) durch die Piloten Roy Hopkins und Dwayne Williams. Das Flugzeug ist für ein bis zwei Besatzungsmitglieder sowie bis zu neun Passagiere ausgelegt.
Aufgrund von Problemen in der Entwicklung bei der V-22 Osprey wurde auch dieses Projekt immer wieder verzögert, da es technisch eng mit der militärischen genutzten Osprey verwandt ist. So funktioniert beispielsweise die Übertragung der Signale für die Flugsteuerung ohne mechanische Teile. 2014 fanden unter der Aufsicht der Federal Aviation Administration erfolgreiche Autorotations-Tests in Texas statt.[8]
Die Verkehrszulassung durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) sowie die US-amerikanische FAA war für das Jahr 2017 geplant. Dies wird sich nach einem Unglück im Oktober 2015 (siehe Zwischenfälle) jedoch bis mindestens 2018 verzögern.
Am 15. April 2016 wurden Tests am 1. Prototyp (A/C1) wieder aufgenommen. Am 4. Mai 2016 erfolgte erstmals ein Ground Run mit dem 3. Prototyp (A/C3) in Cascina Costa (Italien). Mit Stand Mai 2016 ist der 4. Prototyp (A/C4) in Philadelphia, PA (USA) in Bau.[9]
Die Besonderheit der AW609 ist die Fähigkeit, wie ein Hubschrauber senkrecht starten und landen zu können, während daneben eine hohe Fluggeschwindigkeit möglich ist. Dies wird durch zwei groß dimensionierte Triebwerke und die Bauweise mit Kipprotoren ermöglicht. Im Vergleich mit einem konventionellen Hubschrauber wie etwa dem HAL Dhruv, der bis zu zwölf Passagiere aufnehmen kann und eine ähnliche Nutzlast von 2500 kg aufweist, hat die AW609 ungefähr die doppelte Triebwerksleistung und das zweifache Leergewicht. Dafür ist sie jedoch mehr als doppelt so schnell und kann fast viermal so weit fliegen.
Am 30. Oktober 2015 stürzte der zweite Prototyp mit dem Luftfahrzeugkennzeichen N609AG nahe Santhià im Nordwesten Italiens bei einem Testflug ab. Beide Piloten kamen ums Leben.[10][11] Das Flugzeug zerbrach etwa 27 Minuten nach dem Start in der Luft während die Piloten einen Sturzflug bei hoher Geschwindigkeit – 293 Knoten (542 km/h) – ausführten. [12] Auf dem Unglücksflug wurden erstmals Modifikationen am Heck sowie an den flugmechanischen Steuerungsregeln getestet. Diese führten den Untersuchungsbehörden zufolge während des Sturzflugs zu einer Taumelschwingung, d.h. zu einem abwechselnden Schwingen um die Längs- und Gierachse, was letztlich zum Auseinanderbrechen des Prototyps führte. Im Juni 2016 wurde bekannt gegeben, dass der Hersteller auf Basis der Erkenntnisse zum einen seine Computermodelle zur Vorherberechnung des Flugverhaltens überprüfen und zum anderen die Flugkontrollsysteme überarbeiten muss. Seit dem Unglück wurden mit Stand Juni 2016 keine weiteren Flüge mit den verbleibenden AW609-Prototypen durchgeführt.[13]
Kenngröße | Daten[14] |
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Besatzung | 1–2 |
Passagiere | 6–9 |
Länge | 13,31 m / 14,07 m[15] (Angabe von AgustaWestland) |
Höhe | 4,5 m / 5,10 m[15] (Angabe von AgustaWestland) |
Flügelspannweite | 10 m |
Rotordurchmesser | 7,93 m |
Gesamtbreite | 18,29 m (Hauptrotoren laufend) |
Leergewicht | 4765 kg |
Nutzlast | 2500 kg |
Gesamtgewicht | 7260 kg (max.) |
Startgewicht | 7631 kg (max.) |
Triebwerke | Pratt & Whitney PT6C-67A |
Startleistung | 2 × 1447 kW |
Dauerleistung | 2 × 1249 kW |
Höchstgeschwindigkeit | 616 km/h |
Reisegeschwindigkeit | 509 km/h (max.) |
Schwebeflug ohne Bodeneffekt | 1501 m (max.) |
Flughöhe | 7625 m (max.) |
Reichweite | 1296 km (max., Standardtanks)[15] (Angabe von AgustaWestland) 1390 km (max., mit Zusatztank, ohne Reserve) |
Preis | etwa 10 Mio. US-Dollar |
Betriebskosten | etwa 875 US-Dollar pro Stunde |